Esoterik an Hochschulen auf dem Vormarsch

Nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin gilt als besonders eifrige Förderin

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Im oberbayerischen Traunstein plant ein Verband namens European Union of Homeopathy (EUH) die 109. private Hochschule in Deutschland. Das Besondere an ihr ist, dass sie neben einer Heilpraktikerprüfungsbescheinigung staatlich anerkannte Bachelor- und Master-Abschlüsse in Homöopathie vergeben möchte.

Der Freistaat Bayern, der dem Projekt eine halbe Million Euro Unterstützung in Aussicht gestellt hat, ist im Falle einer Verwirklichung dieser Pläne allerdings nicht das einzige Bundesland, in dem Placebomedizin Zugang zu Hochschulen gewährt wird: Im brandenburgischen Frankfurt an der Oder kann man an der Europa-Universität Viadrina bereits seit 2008 einen Master in Komplementärer Medizin machen und sich dabei während des Studiums intensiv mit Homöopathie beschäftigen. An dieser Universität lehrt auch der besonders umstrittene ehemalige Cusanuswerk-Stipendiat Harald Walach.

Barbara Steffens. Foto: Bündnis 90/Die Grünen Nordrhein-Westfalen. Lizenz: CC BY-SA 2.0.

Als besonders eifrig in Sachen Förderung von Esoterik gilt die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Barbara Steffens. Carsten Dahlmann der Vorsitzende der Liberalen Hochschulgruppen NRW wirft seiner Landesregierung vor, mit der Ernennung der auch für "Emanzipation, Pflege und Alter" zuständigen Politikerin eine "Richtungsentscheidung" zugunsten von Alternativmedizin und Esoterik getroffen zu haben, durch die Hochschulen zunehmend zu "Orten der Quacksalberei" würden.

Dahlmanns Vorwürfe gründen sich unter anderem darauf, dass Steffens 2011 nicht nur den Deutschen Homöopathiekongress eröffnete, sondern auch zugab, dass sie "von Homöopathie persönlich überzeugt" sei. Deshalb, so die Gesundheitsministerin, glaube sie, dass Homöopathie im deutschen Gesundheitssystem "einen festen Platz brauchen muss" [sic]. Sie wolle in diesem Zusammenhang "die Kostenträger überzeugen", dass homöopathische Maßnahmen "in vielen vielen Fällen […] der richtige Weg" seien.

Schon damals meinte die mehrfache Studienabbrecherin, sie wolle "Ausbildungsberufe weiterentwickeln" und man brauche "natürlich auch Studiengänge". In Nordrhein-Westfalen wolle sie nicht nur in der Weiterbildung, sondern auch beim Bachelor und beim Master "andere Wege gehen". Dahlmann sieht seit dieser Zeit einen "schleichenden Vormarsch von Pseudowissenschaften in die Hörsäle" und konstatiert eine "oftmals fehlende kritische Auseinandersetzung mit alternativmedizinischen und esoterischen Lehrplaninhalten", die "insbesondere medizinische Studiengänge" betrifft.

Dies liegt einem Beschluss der Liberalen Hochschulgruppen vom 14. April zufolge unter anderem daran, dass Steffens die "Maßstäbe wissenschaftlicher Lauterkeit" unterminiert und dass sie angesichts des Fehlens "evidenzbasierter Nachweise der Wirksamkeit homöopathischer Mittel" einen anderen Maßstab der Beurteilung propagiert.

Dazu zitiert der Studentenverband die Ministerin mit den Worten: "Wir brauchen für die Homöopathie ein anderes akzeptiertes Verfahren zum Wirksamkeitsnachweis, um die Frage der Kostenerstattung zu öffnen." Im nordrhein-westfälischen Gesundheitsministerium meint man auf Anfrage von Telepolis, man könne keine Stellungnahme zu den Vorwürfen des FDP-nahen Zusammenschlusses abgeben, weil die Ministerin "erkrankt" sei. Ob sie sich mit homöopathischen Mitteln zu kurieren versucht, ist nicht bekannt.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.