EU-Petition gegen Wasserprivatisierung nimmt letzte Hürde

Mindestzahl an Unterschriften in acht Mitgliedsländern erreicht

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Am Freitag gab die Europäische Bürgerinitiative (EBI) Right 2 Water bekannt, dass sie die für eine offizielle Anerkennung notwendige Mindestzahl an Unterschriften in acht Ländern erreichte. Die für eine Behandlung ihres Anliegens durch die EU-Kommission zusätzlich notwendige Gesamtmindestzahl von einer Million Unterschriften hatte die EBI bereits im Februar überschritten.

Insgesamt haben mittlerweile fast eineinhalb Millionen Europäer unterzeichnet. Der weitaus größte Teil dieser Unterschriften kommt aus Deutschland und Österreich. Die restlichen sechs Länder in denen die jeweils unterschiedlich hohe Mindestzahl an Unterschriften erreicht wurde, sind Belgien, Slowenien, die Slowakei, Luxemburg, Litauen und Finnland. Besonders wenig Unterschriften gibt es bislang anteilsmäßig in Griechenland, Großbritannien und überraschenderweise auch in Frankreich, wo große Probleme mit privatisierten Wasserwerken auftraten. Bei den deutschen Initiatoren führt man dieses Missverhältnis unter anderem auf französische Gewerkschaften zurück, die auch Interessen des Veolia-Konzerns verteidigen.

In Deutschland und Österreich erhielt die EBI großen Zulauf, als bekannt wurde, dass eine neue EU-Richtlinie, eine europaweite Ausschreibung der Wasserversorgung vorschreiben und Kommunen, die Eigentümer bleiben wollen, zahlreiche und tückische bürokratische Hindernisse in den Weg legen soll. Nachdem der Binnenmarktausschuss die Richtlinie am 24. Januar mit lediglich kosmetischen Korrekturen durchwinkte, wird erwartet, dass sie im Mai durch eine große Koalition aus Sozialdemokraten und Konservativen im Plenum des Europaparlaments verabschiedet wird, obwohl sich auf Landesebene sowohl SPD als auch CSU dagegen aussprechen.

Die Initiatoren der EBI wollen der Kommission ihre Unterschriften trotz dieses anstehenden Termins aber nicht sofort vorlegen, sondern erst am 31. Oktober. Dies erklären sie damit, dass ihr Vorhaben mehr umfasse als die Richtlinie, die unerwartet "dazwischenkam". Zudem hat die EU-Kommission nach einer Abgabe der Unterschriften drei Monate Zeit, sich mit einem Anliegen zu "befassen". Und es bleibt ihrem Gutdünken überlassen, ob sie die Initiative ablehnt und wie ausführlich sie eine Ablehnung begründet. Die Kommission darf aus einer EBI sogar Vorschläge basteln, die den Zielen der Initiatoren diametral entgegengesetzt sind. Rechtlich gesehen ist die Europäische Bürgerinitiative deshalb eine Petition mit besonderen Formvorschriften.

Der Grüne Europaabgeordnete Sven Giegold sieht die EU-Kommission angesichts des Überschreitens der Hürden jedoch auch ohne formelle Abgabe der EBI gut beraten, die Wasserversorgung aus den Ausschreibungsverpflichtungen der Konzessionsrichtlinie herausnehmen. Die von Binnenmarktkommissar Barnier angekündigten "Korrekturen im Kleingedruckten" hält er für "halbherzig" und nicht ausreichend, um eine Privatisierung der Wasserversorgung durch die Hintertür zu verhindern.

Der Attac-Mitgründer kritisiert in diesem Zusammenhang auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre Minister, die im Europäischen Rat "bisher nichts unternommen [hätten], um das lokale Selbstbestimmungsrecht im Wasserbereich zu schützen". Die bayerischen Grünen kritisierten bereits im Januar, dass die CSU-Minister im Bundeskabinett am 11. Dezember 2012 Gelegenheit hatten, die Richtlinie im EU-Ministerrat zu stoppen, diese jedoch nicht wahrnahmen.

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