Militärroboter von ziviler Flugkontrolle ausgebremst

Das Eurohawk-Debakel könnte die Rüstungsspirale verlangsamen

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An der Nachricht von der Einstellung des Eurohawk-Projekts (Luftnummer Euro Hawk) überrascht vor allem die Begründung: Die Einbindung des unbemannten Flugzeugs in den zivilen Luftraum könne nicht gewährleistet werden, heißt es. Als ob das ein neues, unerwartetes Problem wäre.

Eurohawk. Bild: Rekke/GNU-Lizenz

Die Standardisierung und Zertifizierung von Technologien unbemannter Flugzeuge ist seit wenigstens zehn Jahren ein viel diskutiertes Thema. Selbst Forschungsgruppen, die mit Quadrokoptern und anderen kleineren Fluggeräten arbeiten, stießen immer wieder auf Probleme, weil sie für Flughöhen über 30, manchmal auch 150 Meter oder für Flüge ohne direkten Sichtkontakt spezielle Genehmigungen einholen mussten. Der Roboterwettbewerb Elrob musste im Jahr 2011 im belgischen Leuven auf die eigentlich gewünschte Beteiligung fliegender Roboter verzichten, weil in Abwesenheit einer arbeitsfähigen Regierung die erforderlichen Lizenzen nicht erteilt werden konnten.

Große Geschäftserwartungen prägen das Gebiet des unbemannten Fliegens. Es ist aber auch allen Beteiligten klar, dass für die Integration der Technologie in den bestehenden Luftverkehr ein enormer Regulierungsbedarf besteht, der viele Jahre in Anspruch nehmen wird. Die seit Langem etablierten Verfahren der Flugsicherheit auf Roboter zu erweitern, ist keine Kleinigkeit, sondern erfordert viele internationale Konferenzen, auf denen die technischen Details erörtert werden müssen. Damit das System funktioniert, müssen sich alle Beteiligten an einen Tisch setzen. Eigentlich sollten die Ingenieure bei der Bundeswehr mit Standardisierungs- und Zertifizierungsprozessen vertraut sein und müssten daher wissen, wie komplex und zeitaufwendig diese Aufgabe ist. Wenn solche Gesichtspunkte trotzdem keine Rolle gespielt haben, muss das als ernste Kommunikationsstörung zwischen Militär und Zivilgesellschaft gewertet werden. Es darf auch ein schädlicher Einfluss von politischer Führung und Lobbyvertretern vermutet werden, denen die Aussicht auf lukrative Geschäfte den Blick mal wieder extrem verengt haben mag.

Tatsächlich gab es vom Verteidigungsministerium die Vorgabe, in der Öffentlichkeit möglichst nicht über Roboter zu reden, schon gar nicht über deren Bewaffnung, die von der Truppe indessen dringend gewünscht wurde. Wenn es sich nicht vermeiden ließ, wurde die Sache klein geredet. Dazu gehört schon die Wahl der Begriffe: Unbemanntes System oder Telemanipulator klingt harmloser und weniger verdächtig als Militärroboter. Journalisten, die sich bei der Pressestelle der Luftwaffe nach Drohnen erkundigten, mussten damit rechnen, erst einmal zurechtgewiesen zu werden: "Bei uns heißt das UAV." Und von Kampfrobotern durfte man schon gar nicht reden.

Doch natürlich geht es genau darum: um Roboter. Es geht darum, Sensorsignale zu verarbeiten, in Motorbefehle umzusetzen und die dafür erforderlichen Entscheidungen mehr und mehr vom Menschen auf künstliche Intelligenz zu verlagern. Dafür müssen Menschen und Roboter auch miteinander kommunizieren können. Fluglotsen müssen sich mit unbemannten Flugzeugen genauso verständigen können wie mit bemannten, ohne dass es zu Einschränkungen bei der Sicherheit kommt. Diese Systeme müssen hundertprozentig zuverlässig sein. Jeder kleine Fehler kann Menschenleben kosten. Und während beim Militär zwischen Freund und Feind differenziert wird, zählt bei der zivilen Fliegerei jedes Leben gleich. Das macht die Sache schwieriger. Wie schwierig, das lässt sich ahnen, wenn man bei Roboterwettbewerben und anderen öffentlichen Vorführungen sieht, wie störungsanfällig die Mensch-Maschine-Kommunikation tatsächlich noch ist.

Mag sein, dass beim Verteidigungsministerium jetzt doch noch jemand erkannt hat, wie groß das Vorhaben wirklich ist. Vielleicht markiert der Eurohawk einen Wendepunkt, an dem die Menschen zur Besinnung kommen und begreifen, dass die Erschaffung einer technischen Lebensform - um nichts weniger geht es letztlich bei der Robotik - mit Bedacht erfolgen sollte, nicht im atemlosen Wettlauf um militärische oder wirtschaftliche Vorteile. Vielleicht wird Deutschland jetzt zum Vorreiter bei Rüstungskontrollen für Militärroboter Das wäre den dreistelligen Millionenbetrag, den der Eurohawk bisher gekostet hat, allemal wert.