Drohnendesaster für den Verteidigungsminister

Gegenüber dem Bundesrechnungshof könnte das Verteidigungsministerium Probleme mit dem Euro Hawk vertuscht haben, Probleme könnte es auch mit der 480 Millionen teuren deutschen Beteiligung am Drohnenprogramm der Nato geben

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Die Bundeswehr wollte aufrüsten und auch über die Wunderwaffen verfügen, die von den USA so erfolgreich in Afghanistan, im Irak, im Jemen oder Libyen getestet wurden. Man wollte zudem gerne bewaffnete Drohnen, wofür sich auch Verteidigungsminister Thomas de Maizière einsetzte. Der in der Bundesregierung neben Merkel und Schäuble bislang populäre Minister, der nach Guttenbergs Abgang als scheinbar makelloser Held 2011 in die Bresche sprang, kommt nun in Bredouille, weil er viel zu spät das Euro-Hawk-Projekt gestoppt und den Kauf von vier weiteren Aufklärungsdrohnen unterband. Mehr als eine halbe Milliarde Euro Steuergelder wurden mit der Drohne versenkt (Luftnummer Euro Hawk).

Eurohawk. Bild: Rekke/GNU-Lizenz

Wie die FAS berichtete, waren die Probleme mit dem Eurohawk, einer auf die deutschen Aufklärungsbedürfnisse angepassten US-Global-Hawk-Drohne, seit 2004 bekannt. Der Kaufvertrag wurde 2007 unterzeichnet, die erste Testdrohne wurde schließlich mit großem Tamtam 2011 aus den USA nach Deutschland überführt, obgleich man wusste, dass für die Passagierflugzeug große Drohne ein Kollisionsschutzsystem fehlte, das aber unabdingbar und aus guten Gründen (Abstürzende Drohnen) für eine Zulassung für den zivilen Luftraum notwendig ist (Drohnen: Fünf Prozent stürzen ab). Darauf hatte nicht nur die Luftfahrtbehörde, sondern auch die Zulassungsstelle der Bundeswehr hingewiesen. In Deutschland und der EU werden erst Gesetze vorbereitet, um die Zulassung auch großer Drohnen zu regeln (EU will zivilen Luftraum für schwere Drohnen öffnen). Das Verteidigungsministerium hatte dagegen behauptet, von dem Problem erst Ende 2011 erfahren zu haben. Die Aufrüstung mit einem Kollisionsschutzsystem würde noch einmal 500-600 Millionen Euro kosten. Dazu wurde nun bekannt, dass es bei der Überführung auch technische Probleme gegeben habe. Der an die Bundeswehr gelieferte Euro Hawk bekam nicht einmal in den USA eine Überfluggenehmigung, bei der Überführung war zweimal der Satellitenkontakt mit der Drohne abgebrochen. Interessant ist in diesem Zusammen, was Stefan Paris, der Sprecher des Verteidigungsministeriums, auf der Bundeskonferenz am letzten Mittwoch mitteilte. Nach ihm sind eigentlich sowieso nur die 250 Millionen Euro für den Kauf des Flugzeugs "ziemlich vergebens": "Das andere Geld ist ausgegeben, aber es ist nicht verloren, weil wir dadurch einen hohen Wert erzielt haben." Das bezeichnete er als Juwel: "Dieses 'Juwel', das da drin ist, mit dem man sehr schön gucken und schauen kann, behalten wir."

Bekannt war jedenfalls, dass es Probleme mit der Steuerungseinheit der Drohne gab, in die der Bundeswehr keine Einsicht vom Hersteller gewährt wurde, wobei unklar ist, ob man das übersehen oder einfach ignoriert hatte. Möglicherweise ist dies auch der Grund für die geschwärzten Dokumente, die man dem Bundesrechnungshof übergab:

Als dann dieser "Full Scale Demonstrator", also der "Euro Hawk", wie Sie ihn jetzt im Fernsehen sehen können, 2011 geliefert worden ist, stellte man in den Erprobungen fest, dass es durchaus Probleme im Bereich der Steuerungseinheit gibt. Wir haben festgestellt, dass wir so einen intensiven Zugriff auf technische Details des Fluggeräts, wie es wünschenswert gewesen wäre, nicht bekommen haben. Es war auch so, dass mit den Amerikanern diese Testflüge sehr intensiv abgestimmt werden mussten, weil sozusagen die Steuerungseinheit auch unter amerikanischer Aufsicht verbleibt.

Nach alldem und weil quasi die Amerikaner uns nicht wirklich viel Einblick in das Innenleben dieses Flugzeugs haben geben können und insbesondere daraus resultierend keine Papierlage erzeugt wurde, wo man bei der hiesigen Zulassung den berühmten deutschen Stempel bekommt, der besagt "Ich traue nicht nur Ihren blauen Augen, was Sie mir erzählen, sondern ich brauche das, was da wirklich drin ist" das sind diese Dinge, die zum Beispiel den Zusammenprall mit anderen Flugzeugen verhindern können , konnte das nicht wirklich so dokumentiert werden, wie es für die hiesigen Zulassungsfragen wünschenswert gewesen wäre.

De Maizière will am 4. Juni vor dem Verteidigungsausschuss Rede und Antwort über das Pannenprojekt geben. Auch wenn nur schlecht oder falsch informiert war, lässt dies bei einem so großen Projekt ein schlechtes Licht auf den ansonsten so schneidig und scheinbar korrekten Minister fallen. Wer auch immer so versessen auf den Euro Hawk war, um möglicherweise Deutschland mit an der Spitze des militärtechnischen Fortschritts zu halten, hat offenbar versucht, die Probleme zu verbergen. Das macht auch deutlich, dass dem Bundesrechnungshof auch jetzt noch nicht alle angeforderten Dokumente vorgelegt wurden, Berichte wurden teils geschwärzt. Obgleich der Bundesrechnungshof sich über die Praktiken schon vor einem Jahr bei Abgeordneten des Haushaltsausschusses im Bundestag beschwert hatte, scheint de Maizière keine Notwendigkeit gesehen zu haben, dagegen einzuschreiten.

Nach der Tagesschau würden interne Dokumente nun belegen, dass das Verteidigungsministerium Probleme vor dem Bundesrechnungshof "vertuschen" wollte. Das Verteidigungsministerium war der Meinung, so der Bundesrechnungshof, "dass es eigene Erwägungen zur Qualität und Relevanz der angeforderten Unterlagen" anstellen könne und sie dem Bundesrechnungshof "ganz oder teilweise zu verweigern". Die Opposition wittert nun einen Skandal, der sich im Wahlkampfjahr ausbeuten lässt. So forderte Grünenchef Jürgen Trittin, dass benannt werden müsse, wer "persönlich die Entscheidung getroffen" habe. Selbst der FDP wird es ungemütlich oder sie sieht Profilierungsmöglichkeiten. Jürgen Koppeling stellte klar, dass der Verteidigungsminister dem Bundesrechnungshof alle Auskünfte geben muss.

Global Hawk der US-Luftwaffe. Bild: USAF

Es könnte sein, dass es noch schlimmer kommt. Seit 2009 beteiligt sich die Bundeswehr, woran die Tagesschau erinnerte, an dem europäischen Natoprojekt Global Hawk, das bislang 480 Millionen Euro gekostet hat. 13 Natostaaten wollten für 1,5 Milliarden Euro 5 Global Hawk kaufen. Wegen der hohen Kosten sind zuvor schon einige Staaten wieder ausgestiegen. Pikant ist, dass der Haushaltsausschuss 2009 die Beteiligung ablehnte, de Maizière aber dennoch dem Projekt zustimmte.

Die Frage ist, ob hier nicht dasselbe Problem wie mit dem Euro Hawk auftritt. Mit dem von der Europäischen Verteidigungsagentur geförderten DeSIRE-Programm will man beispielsweise untersuchen, ob Satellitennavigation die Grundlage für einen Kollisionsschutzsystem bilden kann, um für große Drohnen eine Zulassung zu erhalten (Du wurdest gerade geloscht!) Aber auch hier ist noch nicht absehbar, wie Drohnen für den zivilen Luftraum sicher gemacht werden können - und vor allem nicht wann.