US-Pleitestaat Kalifornien wider Erwarten im Plus

Nach Schätzungen werden mehrere Milliarden mehr als erwartet an Steuereinnahmen fließen, die Austeritätspolitik steht damit unter Beschuss

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In Kalifornien, lange geplagt von Staatsschulden und schon nahe am Staatsbankrott, sprudeln auf einmal die Steuereinnahmen wieder. Allerdings wurden die Ausgaben während der Schuldenkrise stark gesenkt, es traf vor allem auch soziale Programme und Bildungsausgaben, zudem Personalkosten. Jetzt wird nicht mehr darüber gestritten, wo noch gespart werden muss, sondern was man mit den Mehreinnahmen machen soll. Das wird nicht nur in Kalifornien so sein, auch in anderen Bundesstaaten wie Connecticut, Utah, Indiana oder Wisconsin verheißen Steuerschätzungen eine positive Wende und nach der Finanazkrise neue Auseinandersetzungen um soziale Umverteilung.

In Kalifornien gibt es nicht nur eine First Lady, sondern auch einen gut ernährten First Dog mit dem Namen Sutter Brown. Er hat eine eigene Facebook-Seite und er scheint die Sparprogramme spurlos überstanden zu haben.

Noch vor wenigen Jahren stand Kalifornien, wo mit am stärksten die Staatsausgaben gesenkt und zeitlich befristete Steuererhöhungen durchgesetzt wurden (Steuererhöhungen oder Kürzungen im Sozial- und Bildungsbereich?, Seismograph der Nation?), vor einem Defizit von 60 Milliarden US-Dollar. Jetzt stehen die Staatsschulden bei etwa 28 Milliarden. Für alle unerwartet sieht es für dieses Jahr aber besser aus. Die Schätzungen gehen allerdings weit auseinander. Während man im Büro des demokratischen Gouverneurs Jerry Brown von einem Plus von 1,1 Milliarden ausgeht, schätzt der unabhängige, vom Parlament beauftragte Finanzexperte den Mehrbetrag auf 4,4 Milliarden, was sich vor allem besseren Aktienkursen verdanken soll. 2,7 Milliarden sind alleine am 17. April eingegangen

Für die Demokraten, die nach dem Abgang von Schwarzenegger und der Wahl von Brown als Gouverneur (Jerry Brown wird erneut Gouverneur von Kalifornien) mittlerweile auch die große Mehrheit in beiden Kammern innehaben, brauchen nun nicht mehr mit den nur auf Sparen und kleinen Staat setzenden Republikanern kämpfen und Kürzungen gegen ihre politische Orientierung vornehmen, sondern sind natürlich versucht, nun die Ausgaben für die Sozialprogramme und die Bildung wieder hochzufahren und von Austerität zum Investieren umzuschalten. Im Senat haben die Demokraten, auch mit Unterstützung mancher Republikaner, schon mal beschlossen, die Zahnkostenzuschüsse für Arme wieder einzuführen, mehr Geld für die Behandlung psychischer Krankheiten auszugeben und die Ausbildung in der Highschool zu verbessern. Zudem sollen auch andere Schulen wieder mehr Geld erhalten und mehr für die Kinderfürsorge ausgegeben werden.

Der Gouverneur und manche Abgeordnete warnen allerdings zur Vorsicht, weil man nicht absehen könne, ob der positive Trend anhält. Wichtig wäre vorzusorgen und das Geld in einem Fonds für schlechte Zeiten zu sparen, zudem müssten Schulden abgezahlt werden. Andere setzen, die Republikaner auch, wie zu erwarten, dennoch auf Steuersenkungen. Gut möglich, dass der Gouverneur deswegen die Steuermehreinnahmen deutlich geringer einschätzt, um Erwartungen zu dämpfen. Vermutlich verdankt sich ein Teil der Mehreinnahmen auch dem Versuch, den in Washington geplanten Steuererhöhungen zu entgehen und Investments noch schnell zu verkaufen. Umstritten ist der schon vor der Steuerschätzung vorgelegte Plan des Gouverneurs, Schulen in Gegenden mit einer ärmeren Bevölkerung stärker zu fördern, um die Kluft zwischen Armen und Reichen, die sich auch hier verstärkt, geringer zu machen. Andere Abgeordnete wollen die Gelder gleichmäßiger verteilen. Allerdings hat der Gouverneur einen schweren Stand. Obwohl Demokrat könnten er von der Zweidrittelmehrheit der Demokraten im Parlament blockiert werden.