Portugal: Raus aus dem Euro!

Das Buch von João Ferreira ist das meistverkaufte Buch im Land und hat die Debatte um den Euro- Ausstieg eröffnet

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"Warum wir aus dem Euro aussteigen sollten" (Porque Devemos Sair do Euro) ist das meistverkaufte Buch in Portugal. Deutlicher konnte nicht gemacht werden, wie die Stimmung in dem krisengeschüttelten Land ist. Im April erschienen, hat das Buch des portugiesischen Ökonomen João Ferreira do Amaral im Land sogar den Erotikroman "Shades of Grey" überholt, der europaweit ein Bestseller ist. Das Buch hat dazu geführt, dass nun breit auch im Fernsehen und in den Kommunikationsmedien über die Frage debattiert wird, die vor gut drei Jahren schon einmal aufkam (Portugal debattiert über "Ausschluss aus dem Euro").

"Zum Glück ist das Thema kein Tabu mehr", sagte der Autor in einem der vielen Interviews, die er derzeit gibt. Er freut sich, dass im Land und international eine breite Debatte ausgelöst wurde. Dass das Wall Street Journal (WSJ) gerade darüber berichtet hat, zeigt, dass die Debatte nicht nur die Grenzen des kleinen Landes am westlichen Rand Europas, sondern sogar den Atlantik schon überquert hat. "Portugal hat keine Möglichkeiten im Euro stark zu wachsen", begründete der Mann, der einst im Finanzministerium gearbeitet hat, warum das Land einer starken Einheitswährung den Rücken kehren sollte. "Der Ausstieg aus dem Euro liegt näher als wir denken", meint deshalb auch die WSJ . Ein entsprechender Artikel zur Begründung ist heute in deutscher Übersetzung in der "Welt" erschienen.

Nur über die Rückkehr zum Escudo und seine Abwertung könnten portugiesische Waren billiger und wieder wettbewerbsfähig werden - und das gilt auch für den Tourismus, meint Ferreira do Amaral. Und es ist kein Zufall, dass auch in Berlin und Paris entsprechende Pläne geschmiedet werden. (Spaltung Europas rückt auf die Tagesordnung). Es sei klar geworden, dass die Austeritätspolitik trotz aller Anstrengungen nicht wirke, erklärt der portugiesische Ökonom angesichts der Tatsache, dass das Haushaltsdefizit im vergangenen Jahr gegenüber dem Vorjahr stark gestiegen ist, statt wie geplant zu sinken.

Portugal ist kein Einzelfall, sondern das Scheitern der Austeritätpolitik gilt auch für Spanien und Griechenland - Länder, die immer tiefer in die Rezession gespart werden. Damit explodiert die Arbeitslosigkeit auf immer neue Rekordwerte und Einnahmen für die Sozialkassen und aus Steuern brechen ein. "Der nächste Schritt ist, uns klarzumachen, dass der Euro für uns schlicht nicht zukunftsfähig ist", meint der Buch-Autor. Die Warnungen, dass bei einem Austritt die Löhne einbrechen und Portugal isoliert wäre, verfangen angesichts der Tatsache immer weniger, dass das Lohnniveau in den vergangenen Jahren sowieso stark gesunken ist, ohne dass die versprochenen positiven Effekte zu sehen wären.

Im Land wird seine Ansicht auch vom Generalsekretär der Kommunisten (PCP) geteilt. Jerónimo de Sousa wird sich ebenfalls an den Massenprotesten gegen die konservative Regierung beteiligen, zu denen am Donnerstag der Gewerkschaftsverband CGTP im ganzen Land aufgerufen hat. Der Generalstreik wurde auf den Juni verschoben, um den kleineren UGT-Gewerkschaftsverband einzubinden. Doch am Wochenende werden auch die Empörten im ganzen Land im Rahmen der internationalen Proteste gegen die Troika-Politik erneut in allen Städten auf die Straßen gehen.

Portugal, das schon die Empörten-Bewegung hervorgebracht hat, ist immer für Überraschungen gut. Linke Militärs hatten hier friedlich 1974 die Diktatur gestürztt, um dem Land die Demokratie zu bringen. Eine soziale Explosion ist angesichts der massiven Verarmung immer weniger auszuschließen. Es ist gut möglich, dass alsbald den Portugiesen zivilisiert der Kragen platzt und sie die Troika zum Teufel jagen (Kolossaler Protest in Portugal). Daran wird seit langem gearbeitet. Die eher bescheidenen Portugiesen könnten sich dann auf den isländischen Erfolgsweg außerhalb des Euro machen.

Dass die Sozialdemokraten in Island gerade abgewählt wurden, ist keine Rolle rückwärts (Rolle rückwärts?). Sie hatten 2009 einen EU-Mitgliedschaftsantrag gestellt und wollten die Beitrittsverhandlungen im Falle der Wiederwahl fortsetzen. Die Wähler erteilten insbesondere dem geplanten EU-Beitritt, dem Euro und dem Verlust von Souveränität eine Absage, die Länder wie Portugal schon fast vollständig an die Troika abgegeben haben.