"Wir hacken jeden überall"

NSA-Zentrale in Fort Meade, Maryland. Bild: NSA

Der NSA-Whistleblower hat sich zu erkennen gegeben, er wolle nicht, dass die USA mit einer riesigen Überwachungsmaschine die Privatsphäre und die Internetfreiheit zerstören

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Die NSA hat die Washington Post und den Guardian nicht nur gerügt, mit der Aufdeckung des geheimen Abhörsystems Prism(Die Rückkehr von Echelon oder dem Projekt Total Information Awareness) die Terrorabwehr zu gefährden und falsche Informationen zu verbreiten. Der Geheimdienst hat auch eine Untersuchung eingeleitet, um den Whistleblower zu finden und bestrafen (Heat Map der globalen Lauschangriffe der NSA). Das Schicksal von Brad Manning und die Lage von WikiLeaks-Gründer Julian Assange dürften jedem als Abschreckung gedient haben. Es war also schon todesmutig, Geheimdokumente aus dem geheimsten der US-Geheimdienste, den man auch "No Such Agency" nennt, den Medien zu übergeben.

2008 hatte Barack Obama noch die Arbeit von Whistleblowern als wichtig zur Aufklärung bezeichnet. Das ist lange vorbei. Man wird nun sehen, wie es nun dem 29-jährigen Edward Snowden, einem ehemaligen CIA-Angestellten, ergehen wird, der auch vier Jahre lang bei der NSA für verschiedene Arbeitgeber wie den Rüstungskonzern Booz Allen oder Dell gearbeitet hat. Er soll die Dokumente an den Guardian und die Washington Post weitergeleitet haben.

Der Guardian erklärt, man habe nun seinen Namen nach mehreren Gesprächen auf sein Verlangen hin veröffentlicht. Er habe nach seiner Entscheidung, Geheimdokumente an die Öffentlichkeit zu bringen, nie daran gedacht, anonym bleiben zu wollen, "weil ich weiß, dass ich nichts Falsches gemacht habe".

Seit 2007, als er in Genf für die CIA arbeitete, sei ihm klar geworden, dass die Geheimdienste mehr Schaden anrichten, als Gutes tun. Und er war nun ein Teil dieser Maschinerie. Die Wahl von Obama habe ihm neue Hoffnung gegeben. Als er 2009 bei der NSA arbeitete, habe er bemerkt, dass Obama das weiterführe, was er eigentlich abbauen wollte. Bei der NSA habe man mit der Absicht gearbeitet, jedes Gespräch und jedes Verhalten zu kennen. Er wolle aber in keiner Welt leben, in der es keine Privatsphäre und damit auch "keinen Raum für intellektuelle Erkundung und Kreativität" mehr gibt. Er sei schließlich zur Einsicht gekommen, selbst zu handeln und nicht darauf zu warten, dass damit andere beginnen.

We hack everyone everywhere. We like to make a distinction between us and the others. But we are in almost every country in the world. We are not at war with these countries.

Snowden auf die Frage nach den chinesischen Hackerangriffen auf die USA

Er hatte in einem Brief erklärt, er wisse, dass er für seine Handlungen leiden werde, aber sei befriedigt, wenn "Geheimgesetze, ungerechte Begnadigungen und unwiderstehliche exekutive Macht, die die Welt beherrschen, die ich liebe, aufgedeckt werden, selbst wenn dies nur für einen Augenblick geschieht". Er wolle auch selbst keine Aufmerksamkeit für sich, sondern nur darauf, "was die US-Regierung macht". Bislang habe er ein "sehr angenehmes Leben" gehabt, gut verdient, eine Freundin, eine stabile Karriere, eine Familie, die er liebe. Das wollte er opfern, weil er nicht guten Gewissens der US-Regierung gestatten kann, "die Privatsphäre, die Internetfreiheit und fundamentale Rechte für die Menschen auf der Welt mit dieser riesigen Überwachungsmaschine zu zerstören, die sie im Geheimen aufbauen". Snowden sieht sich in der guten Gesellschaft von Ellsberg und Manning, aber im Unterschied zu diesen habe er jedes Dokument geprüft, bevor er es weitergegeben hat. Viele habe er zurückgehalten, obgleich sie vielleicht noch mehr Aufmerksamkeit erregt hätten.

Snowden, der sich vor drei Wochen nach Hongkong abgesetzt hat, weil dort die Meinungsfreiheit hoch gehalten werde, weiß, dass die NSA herausfinden würde, wer das Leck war und wie man ihn findet. Unter Verdacht stand er offenbar schon, da Geheimdienstmitarbeiter bereits bei seinen Eltern waren und auch seine Freundin kontaktiert wurde. Er könne jederzeit von der CIA verschleppt werden, er könne auch ausgewiesen werden oder man setze kriminelle Banden auf ihn an. Unter diesen Gefahren müsse er auf Dauer leben, wenn er sich nicht zu erkennen gibt.

Ähnlich wie Assange will Snowden nun Staaten um Asyl bitten, sagte er der Washington Post. Schnell zur Hand war die Piratenpartei Österreich: "Die Piratenpartei Österreichs fordert, dass Österreich ihm umgehend politisches Asyl gewährt, um ihn vor strafrechtlicher Verfolgung zu bewahren. In den USA droht ihm ein Gerichtsprozess wegen Hochverrats und eine lange Freiheitsstrafe. Sollte er, wie auch der derzeit vor Gericht stehende Bradley Manning, wegen 'Verrats an den Feind' (Aiding the Enemy) angeklagt werden, so droht ihm sogar die Todesstrafe."