Snowden: NSA hackt seit 2009 Internet-Backbones in China und Hongkong

Der NSA-Whistleblower ist in Hongkong untergetaucht und macht den USA weiter das Leben schwer

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Der 29-jährige Whistleblower Edward Snowden, der zuletzt für eine Firma bei der NSA gearbeitet und Geheimdokumente über das Lauschprogramm Prism an die Presse weitergegeben hat, war nach Hongkong geflohen und ist seit ein paar Tagen untergetaucht. Er erklärte nun, dass die USA schon seit Jahren Netzwerke in China und Hongkong hacken würden. Das kommt der chinesischen Regierung zupass, schließlich werfen die USA ansonsten China immer vor, amerikanische Server zu hacken. Nun kann sich China selbst als Opfer US-amerikanischer Angriffe darstellen.

Für die Sicherheitsbehörden der USA dürfte es beschämend sein, wenn der größte Geheimdienst der Welt nicht einmal für die eigene Sicherheit sorgen kann - und dann den Aufenthaltsort von Snowden nicht aufzuspüren vermag. Die Amerikaner selbst scheinen zumindest nach Umfragen weniger entsetzt über die Lauschaktivitäten der Sicherheitsbehörden zu sein, kritisiert wird aber der Versuch, diese klammheimlich möglichst hinter dem Rücken der Bürger durchzuführen.

NSA-Chef Keith Alexander verteidigte gestern die Sammlung von Telefon- und Internetdaten von US-Bürgern, dass damit bereits einige Anschlagspläne hätten abgewehrt werden können. Man habe das Richtige gemacht, um die Nation zu schützen. Dass Ausländer beliebig belauscht und deren Daten gespeichert und analysiert werden, spielt in den USA bislang keine Rolle, während es im Ausland, wo Konzerne wie Google, Microsoft oder Facebook auch Daten von Nicht-US-Bürgern an die US-Geheimdienste weitergeben, wieder einmal für Unbehagen sorgt, auch wenn zumindest seit Echelon klar ist, dass Geheimdienste aller Länder die Kommunikation abhören, soweit sie dies können. Vermutlich ist Snowden in Hongkong untergetaucht. Er erklärte jedenfalls, dass er sich dem Gesetz nicht entziehen, aber mit allen rechtlichen Mitteln seine Auslieferung an die USA verhindern wolle. Seine Behauptungen, dass die USA seit 2009 - also seit der Präsidentschaft von Obama! - massiv Netzwerke in China und Hongkong hacken und Druck auf Hongkong ausüben würden, ihn auszuliefern, damit dies nicht ans Tageslicht kommt, könnte seine Position natürlich stärken.

Chinesische Medien wie China Daily haben dies gerne aufgenommen, nachdem Snowden der South China Morning Post ein langes Interview gegeben hat. Nach Angaben der Zeitung wurde das Gespräch an einem geheimen Ort in Hongkong geführt, Details werden verständlicherweise nicht mitgeteilt.

Snowden zeigte den Reportern der Zeitung Dokumente, die belegen sollen, dass die NSA seit 2009 in Hongkong Computer u.a. der Chinesischen Universität, von Behörden, Unternehmen und Studenten gehackt hat. Auch in China seien Computer gehackt worden, die Dokumente, so versichert die Zeitung, würden aber keine Informationen über militärische Systeme enthalten. Weltweit habe es mehr als 60.000 Hackangriffe gegeben, in China und Hongkong seien Hunderte ausgeführt worden: "Wir hacken Netzwerk-Backbones, was uns den Zugang zu der Kommunikation von hunderttausenden Computer gibt, ohne alle einzeln hacken zu müssen."

Die Enthüllungen könnten die Beziehungen zwischen den USA und China schwieriger machen, zumindest würde die Position der USA weniger glaubhaft, die seit Jahren immer wieder auf die wachsenden Cyberangriffe aus China hinweist, um Druck auszuüben und Sicherheitsapparate aufzublähen. Wenn der US-Bürger Snowden Asyl in Hongkong erhalten würde, wäre dies zudem eine große Schlappe gegenüber China, dem man stets staatliche Überwachung der Bürger, Verhinderung der Meinungsfreiheit und Unterdrückung der Menschenrechte vorwirft. Allerdings könnten sich die USA auch anders darstellen, wenn sie Whistleblower nicht wie Staatsfeinde verfolgen würden. Schließlich kommen die Whistleblower aus den westlichen Staaten, deren politische Kultur dies begünstigt. Auf den Whistleblower aus China, der chinesischen Medien Staatsgeheimnisse weiter gibt und diese darüber berichten, muss man noch warten.