US-Spionagegericht entscheidet erstmals nicht für die Regierung

Zum ersten Mal ist ein Gerichtsakt des US-Spionagegerichts FISC, zuständig auch für das NSA-Lauschprogramm, öffentlich

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Der Gerichtsakt trägt die Aktenzahl "Misc. 13-01", ist also der erste "sonstige" Akt aus 2013. In diesem Verfahren hat der vor rund 35 Jahren eingesetzte Foreign Intelligence Surveillance Court auch zum offenbar ersten Mal für jemand anderen entschieden als die US-Regierung. Die antragstellende Bürgerrechtsorganisation EFF freut sich über ihren am Mittwoch errungenen Erfolg, der allerdings nur ein Etappensieg ist. Die EFF strebt die (teilweise) Veröffentlichung einer einzelnen FISC-Entscheidung durch das Justizministerium an.

Das Spionagegericht

Der FISC wurde 1978 eingerichtet und genehmigt auf Antrag von Regierungsbehörden elektronische Überwachungen und körperliche Durchsuchungen von Nicht-US-Bürgern in den USA. Die Verfahren sind in der Regel außerstreitig, weil das Ziel der Überwachung oder Durchsuchung weder vom Verfahren selbst noch von der Entscheidung informiert wird. Nur der Telefon- oder Internet-Provider der Zielperson kann eine Anordnung bekämpfen, muss darüber aber ebenfalls Stillschweigen bewahren. Außerdem kann der FISC die Herausgabe aller körperliche Dinge befehlen, wozu auch Daten gezählt werden.

Die Regierung muss nur darlegen, eine ausländische Instanz ausspionieren zu wollen. Auch deren Gehilfen dürfen das Ziel sein, womit auch alle Netzbetreiber umfasst sind. Einen Anlass für den Eingriff in die Rechte der Zielperson oder gar rechtswidriges Verhalten der Zielperson muss die Regierung nicht behaupten. Entsprechend gering sind die Aussichten für Provider, eine Spionagegenehmigung des FISC abzuwehren.

Gerichtsentscheidungen sind geheim

FISC-Entscheidungen sind praktisch immer Geheimsache. In den rund 35 Jahren seines Bestehens hat der FISC nur eine einstellige Menge zur teilweisen Veröffentlichung freigegeben. Selbst die Zahl der geführten Verfahren ist nicht bekannt. Laut Wikipedia wurden alleine in den Jahren 2003 und 2004 jeweils mehr als 1.700 Regierungsanträge genehmigt. Von diesen knapp 3.500 Genehmigungen entsprachen demnach nur 183 nicht exakt dem Antrag der Regierung, sondern wurden vom Gericht in veränderter Form genehmigt.

Bereits vor fast einem Jahr hatte sich die EFF mit einem Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz an das US-Justizministerium (DOJ) gewandt. Begehrt wurde damit die Freigabe aller schriftlichen FISC-Entscheidungen im Besitz des Ministeriums, in denen eine Rechtsverletzung einer Regierungsbehörde festgestellt wurde; konkret entweder eine Verletzung des vierten Zusatzartikels der US-Verfassung oder eine "Umgehung des Geistes" des Gesetzes über die Auslandsaufklärung innerhalb der USA (FISA). Da das Ministerium nichts übermittelte, klagte die EFF Ende August vor einem Bundesbezirksgericht. Daraufhin gestand das Justizministerium Anfang Januar 2013 ein, zwei Kopien einer einzelnen solchen Entscheidung zu besitzen. Diese Dokumente würden jedoch unter Ausnahmetatbestände des Informationsfreiheitsgesetzes fallen - darüber hätte das Bezirksgericht anders befinden können. Zusätzlich führte das Ministerium aber ins Treffen, dass die Regeln des FISC sowieso jegliche Veröffentlichung untersagen würden. Und in Fragen der FISC-Regeln habe das Bezirksgericht keine Zuständigkeit.

Daraufhin wandte sich die EFF direkt an den FISC, um klären zu lassen, wie dessen Regeln auszulegen seien. In diesem Verfahren argumentierte das Justizministerium, dass auch der FISC selbst unzuständig sei. Damit wäre gar kein Gericht zuständig gewesen und niemand hätte überprüft, ob die Geheimhaltung rechtskonform ist.

Die Regierung warnte zudem vor einer teilweisen Veröffentlichung der FISC-Entscheidung aus dem Oktober 2011. Das würde "sehr wahrscheinlich die Öffentlichkeit darüber in die Irre leiten, welche Rolle das Gericht spielt und welche Angelegenheiten in der Entscheidung erörtert werden".