NSA und GCHQ haben Politiker vor und während G20-Treffen belauscht

Passend zum G8-Treffen in Nordirland veröffentlicht der Guardian NSA-Dokumente des Whistleblowers Snowden

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die britische Regierung wollte zum Treffen der G8-Staaten nordirischen Lough Erne Resort einen guten Eindruck vermitteln. Um die Folgen der Rezession zu verbergen, knüpfte man an die Tradition der Potemkinschen Dörfer an. Leere Läden wurden im umgebenden Fermanagh District mit Fotoplakaten so dekoriert, als wären sie noch auf, oder es wurden Scheingeschäfte drapiert, berichtete der Telegraph. Um die 100 solcher Potemkinschen Häuser und Geschäfte soll es geben.

GCHQ-Zentrale in Cheltenham. Bild: Ministry of Defence/Lizenz

Den schönen Schein hat aber auf jeden Fall der Guardian zerstört, der passend am Sonntag vor Beginn des Treffens wieder Dokumente des NSA-Whistleblowers veröffentlichte. Nach diesen haben die NSA und der britische Auslandsgeheimdienst GCHQ einmal wieder kooperiert und Politiker während zweier G20-Treffens 2009 in London abgehört. Die übrigen G8-Regierungsdelegationen dürfen also auch jetzt wieder damit rechnen, dass die Ohren groß sind - allerdings dürfte es auch keine Neuheit sein, dass Politiker und Regierungsmitarbeiter bei solchen Treffen von den jeweiligen Geheimdiensten abgehört werden, um Vorteile beim Verhandeln zu erlangen.

Bekannt wurde etwa im Vorfeld zur UN-Sicherheitsratssitzung 2003, in der die US-Regierung die Resolution zur Intervention durchsetzen wollte, dass die NSA den Auftrag hatte, die Sicherheitsratsmitglieder abzuhören (US-Geheimdienst überwacht Delegierte des UN-Sicherheitsrats). Nach dem damals geleakten Memo wollte man "den US-Entscheidungsträgern einen Vorteil verschaffen, um für die US-Ziele günstige Ergebnisse zu erreichen und Überraschungen zu vermeiden". Der Los Angeles Times berichtete ein Mitglied der US-Regierung, dass man dies schon immer so gemacht habe: "Das ist Routine." James Bamford, Autor von Büchern über die NSA, meint gar, die USA hätten sich deswegen darum bemüht, den UN-Hauptsitz nach New York zu holen, um besser lauschen zu können (Lauschangriff auf die Delegierten des UN-Sicherheitsrats). Belauscht wurde neben den Irak-Waffeninspektoren Hans Blix und Richard Butler auch UN-Generalsekretär Kofi Annan (Total verwanzt).

Nach den jetzt dem Guardian von Snowden zugespielten Dokumenten wurde versucht, Computer und Telefone der Teilnehmer zu hacken, in extra eingerichteten Internetcafes für die Delegationen wurden die Emails und alle Eingaben mit der Tasatatur mit Key-Logging-Programmen abgehört. Damit gelangen auch Passwörter in die Hände der Geheidienste, die auch später noch von Nutzen sisnd.Offenbar wurden die BlackBerrys der Teilnehmer gehackt, um die Gespräche und Emails abzuhören. Und es ist die Rede von einer viel verwendeten Methode, über gehackte Email-Accounts diese lesen zu können, bevor oder während die Empfänger dies machen. Allein 50 Geheimdienstmitarbeiter waren rund um die Uhr im Einsatz, um zu registrieren, wer mit wem telefoniert. Vor allem dem türkischen Finanzminister und seiner Delegation und der südafrikanischen Delegation scheint das Interesse gegolten zu habe, die NSA hat aber auch versucht, die Gespräche des damaligen russischen Präsidenten Medwedew und seiner Delegation, die verschlüsselt über eine Satellitenverbindung gingen, zu belauschen. Die Lauschaktivitäten wurden vom damaligen britischen Regierungschef Brown genehmigt, die abgehörten Informationen flossen den britischen Ministern zu. Mindesten sechs Monate vor Beginn der Treffen wurden die Lauschaktivitäten aufgenommen. Das erste Mal, so heißt es in einem Dokument zum Finanzministertreffend der G20-Staaten im September 2009, haben "Analysten ein kontant und automatisch aktualisiertes Live-Bild, wer mit wem spricht". Das Echtzeit-Lauschen sei wichtig, um die Verhandlungen besser beeinflussen und steuern zu können.