Ageismus in der Aufschrei-Diskussion

SPD-Politikerin bezeichnet Rainer Brüderle als "alten Sack"

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die promovierte Kinderliteratur-Expertin Susanne Gaschke ist seit November letzten Jahres SPD-Oberbürgermeisterin der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt Kiel. In der Vergangenheit erregte sie unter anderem mit dem von der Wochenzeitung die Zeit auf der Titelseite verbreiteten Vorschlag Aufsehen, dass die von Ursula von der Leyen geplanten Kinderpornografie-Stoppschilder auch zur Durchsetzung von Immaterialgüterrechtsansprüchen eingesetzt werden müssten, weil "die Umsonst-Mentalität des Netzes die Produktionsbedingungen von Kultur, Wissenschaft und Journalismus bedrohe".

Am 15. Juni nahm Gaschke zusammen mit Annet Meiritz von Spiegel Online, der RTL-Dienstchefin Ursula Kosser und der Gender-Soziologin Anna-Katharina Meßmer an einer von Susanne Stichler vom Norddeutschen Rundfunk moderierten Veranstaltung mit dem Titel "#aufschrei: Sexismus in Politik und Medien" teil. Im Rahmen dieser Diskussion titulierten Meßmer und Gaschke den FDP-Spitzenkandidaten Rainer Brüderle mehreren Teilnehmerberichten nach im Zusammenhang mit dessen Dirndl-Affäre als "alten Sack".

Susanne Gaschke. Foto: Torrausch. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Gegenüber Telepolis räumte die SPD-Politikerin die Äußerung ein und entschuldigt sich damit, dass ihre Vorrednerin die "Begrifflichkeit" aufgebracht habe, die von ihr lediglich "als Zitat" aufgegriffen worden sei. Mit ihrer Wortmeldung habe sie Brüderle "eher in Schutz nehmen" wollen. Darüber hinaus habe auch dieser schon Oppositionspolitiker als "Fuzzies" und "fehlprogrammierte Typen" bezeichnet, weshalb er ihrer Ansicht nach "verbal an Schlimmeres gewöhnt" sein und ihr die Äußerung "nicht übel nehmen" sollte. Der Blogger Hadmut Danisch schildert den Gebrauch des Begriffs dagegen als "nicht etwa humoristisch, sondern mit einem […] hasserfüllten, herablassenden, verachtendem Tonfall" sowie "beleidigend, herabwürdigend und entwertend".

Auf die Bitte nach einer Einschätzung, was Ihrer Ansicht nach passiert wäre, "wenn Brüderle eine der Journalistinnen auf dem Podium als 'alte Schabracke' bezeichnet hätte", ging Gaschke in ihrer Stellungnahme gegenüber Telepolis ebenso wenig ein wie auf andere von Hadmut Danisch erhobene Vorwürfe. Der Blogger hatte auf der Veranstaltung unter anderem die Frage aufgeworfen, ob den Diskutandinnen "Brüderles Sprüche angenehmer oder erwünschter gewesen wären, wenn sie von einem 'jungen Sack' gekommen wären" und ob sie sich mit solch einer Bezeichnung nicht den von ihnen sonst beklagten Mechanismen bedienten, um den FDP-Politiker und andere Personen wegen ihres Alters auszugrenzen.

Darauf hin verbot die Moderatorin übereinstimmenden Berichten nach den weiteren Gebrauch der Bezeichnung als "ageistisch". Daran hielten sich allerdings nicht alle Zuhörerinnen und eine unter ihnen versuchte "alter Sack" damit rechtfertigten, dass bestimmte von ihr negativ bewertete Verhaltensweisen und Haltungen statistisch mit Alterskohorten korrelieren würden.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.