Weniger Stürme durch Schmutzpartikel in der Atmosphäre?

Klima-Studie stellt einen erstaunlichen Zusammenhang zwischen Emissionen und der Entstehung von Wirbelstürmen her

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Mit einer erstaunlichen These lässt der britische Klimaforscher Nick Dunstone aufhorchen. Seine Studie weist auf die Möglichkeit hin, dass äußere Faktoren, besonders von Menschen verursachte Schwefel- und Feinstaubemissionen ("anthropogene Aerosole"), bei der Entwicklung von tropischen Stürmen eine "dominante Rolle" spielen - und dies in einer Logik, die das Umweltschutzgebot - "saubere Luft ist in jedem Fall besser" - auf den Kopf stellt: Je mehr solcher Schwebeteilchen in der Luft sind, desto geringer die Wahrscheinlichkeit für Wirbelstürme.

Die Entstehung von Wirbelstürmen ist komplex; man weiß aus den Forschungsberichten zum Klimawandel, dass einfache Kausalitäten nicht herzustellen sind, weil viele Faktoren, die miteinander in Wechselwirkung stehen, eine Rolle spielen. Nick Dunstone und seine Kollegen haben nun mithilfe mehrerer Klimamodelle am Computer herausgefunden, dass den Schwebstoffen aber eine besondere Relevanz zukommt. Denn sie zeigten sich als bestimmender Einflussfaktor, als die Wissenschaftler die Klimaentwicklung im Zeitraum von 1860 bis 2050 durchrechneten und andere Faktoren ausschalteten. Als Referenz die Aufzeichnungen dienten bisher beobachtete größeren Hurrikans und Stürme.

Dass über dem Nordatlantik in den 1970er und 1980er Jahren kaum großen Stürme entstanden und sich dies aber mit den 1990er Jahren deutlich änderte, sei keine zufällige Schwankung, so die Wissenschaftler, sondern hänge mit der Luftverschmutzung zusammen. Nach ihrer Erklärung verstärken Schmutzpartikel den Sonnenlicht reflektierenden Effekt von Wolken, die sich über dem Meer bilden, so dass das Meer sich nicht so sehr erwärmen kann, was letztlich mit der Entstehung von Stürmen in Zusammenhang gebracht wird.

So ändere Schwefeldioxid, das über Diesel-und Kohleverbrennung in die Luft emittiert wird, die Zusammensetzung der Wolken, so dass sie aus feineren Tröpfchen gebildet würden, die das Licht besser reflektieren. Ist der Atlantik kälter gebe es weniger gesammelte Energie für die Entstehung von Wirbelstürmen und stattdessen eine größere Wahrscheinlichkeit dafür, dass mehrere weniger starke Luftwirbel entstehen, die das Aufkommen gebündelter Wirbelströme verhindern.

Dunstone, der ausgebildeter Astrophysiker ist, aber als Klimaforscher in Diensten des britischen Met Office avancierte Simulationsprogramme etwa zur Vorhersagbarkeit der Atlantischen Meridionalen Umwälzbewegung erprobt, warnt gegenüber dem New Scientist, dass eine unbedachte Verschärfung der bestehenden Regulierungen zur Luftverschmutzung "die Aerosole so schnell reduzieren könnte, dass wir eine Rekordzahl an tropischen Stürmen in den nächsten beiden Jahrzehnten erleben könnten".

Die New York Times berichtet, dass fünf Fachkollegen Dunstones dessen Erkenntnisse für glaubwürdig halten; mit "völlig plausibel" wird der Kommentar eines Klimaforschers des MITs wiedergegeben. Allerdings sprachen sich die Experten dafür aus, den Einfluss der Luftverschmutzung auf die Entstehung der Stürme als nicht so dramatisch hoch einzustufen.