Petitionsausschuss ohrfeigt von der Leyen (symbolisch)

Massenbittschrift gegen pauschale Altersvorsorgepflicht für Selbständige überraschend erfolgreich

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Im Mai 2012 wurde bekannt, dass Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen plant, Selbständigen eine Versicherungspflicht aufzuerlegen, die sie vor Altersarmut schützen soll. Weil viele schlechter verdienenden Freiberufler fürchteten, durch hohe einkommensunabhängige Mindestbeiträge nicht erst im Rentenalter unter das Existenzminimum fallen, sondern schon zum Inkrafttreten des Gesetzes, hatte der IT-Unternehmer Tim Wessels eine ePetition gegen das Vorhaben initiiert, der sich in kurzer Zeit über 80.000 Mitzeichner anschlossen, die befürchten, dass sie durch das geplante "Geschenk an die Versicherungsindustrie" ihren Beruf aufgeben und Hartz IV beantragen müssen.

Ursula von der Leyen empfahl den von der geplanten Versicherungspflicht existenzbedrohten Selbständigen im Juni 2012, sich auf offene Stellen zu bewerben. Der Petitionsausschuss, der nach einer öffentlichen Anhörung im Oktober 2012 erst in dieser Woche seinen Beschlussentwurf vorgelegt, nahm das Anliegen etwas ernster - möglicherweise nicht zuletzt deshalb, weil jetzt die nächste Bundestagswahl kurz bevorsteht.

In seiner Überweisung der Petition an das Bundesarbeitsministerium lässt der Ausschuss, der in den meisten Fällen lediglich beschließt "das Verfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte" überraschend deutlich erkennen, dass er das Vorhaben der Bundesarbeitsministerin für schlecht durchdacht und potenziell schädlich hält. Das Handelsblatt sieht dahinter auch einen Machtkampf zwischen von der Leyen und ihrer Partei.

Weil es im Petitionsausschussbeschlussentwurf heißt, die Einführung einer Versicherungspflicht dürfe nicht dazu führen, dass Existenzgründungen verhindert werden, hofft Tim Wessels, dass mit dieser Forderung pauschale Mindestbeiträge indirekt vom Tisch sind. Solche Mindestbeiträge waren eine der Kernforderungen von der Leyens. Auch die "meisten anderen wichtigen Punkte" seiner Petition sieht Wessels vom Petitionsausschuss aufgenommen - darunter die "Einschränkungen bei den Vorsorgemöglichkeiten".

Der Petent hatte den Spekulationen von der Leyens Zahlen entgegengesetzt und dargelegt, dass mit dem gegenwärtigen Vorsorgemodell mit jeweils etwa vier Prozent ähnlich viele Selbständige im Alter auf staatliche Unterstützung angewiesen sind wie pflichtversicherte Arbeitnehmer. Das zeigt seiner Ansicht nach, dass eine Mehrheit der Selbständigen "sich schon bisher vorbildlich um ihre Altersvorsorge gekümmert hat". Mit den vom Sozialministerium vorgesehenen bürokratischen Hindernissen für die Anrechnung bestehende Vorsorgemodelle bestraft man dem IT-Unternehmer zufolge diese Mehrheit und gefährdet zudem die Funktionsfähigkeit der eigenverantwortlichen Altersvorsorge, wenn beispielsweise eine Immobilie verkauft werden muss, weil deren Tilgung wegen hoher Rentenpauschalbeiträge nicht mehr bedient werden kann.

Nicht vom Tisch ist allerdings die Rentenversicherungspflicht für Selbständige an sich. Andreas Lutz vom Verband der Gründer und Selbständigen (VGSD), der im letzten Jahr gemeinsam mit Wessels mit der Sozialministerin verhandelt hatte, hofft jedoch, dass sich die Diskussion um diese Versicherungspflicht nun auf einkommensabhängige Modelle verlagern wird. Sein Verband will diese Frage jetzt mit einer Debatte um die "extrem hohen Mindestbeiträge zur Krankenversicherung" verknüpfen, die seiner Ansicht nach maßgeblich mit dafür verantwortlich sind, dass viele Selbständige "keinen ausreichenden finanziellen Spielraum" haben.

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