SPD und NSA: Was ist Wahlkampf - und was politischer Wille?

Sozialdemokraten wollen die Bundesanwaltschaft gegen die NSA ermitteln lassen und stellen gleichzeitig "gewaltigen Nachholbedarf" bei der Internetüberwachung fest

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Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel bezeichnete die vom NSA-Whistleblower Edward Snowden enthüllte Internetüberwachung US-amerikanischer und britischer Geheimdienste gestern als "Angriff auf Grundrechte" und regte an, dass die Bundesanwaltschaft prüft, ob und welche NSA- und GCHQ-Mitarbeiter sich eventuell nach deutschem Recht strafbar gemacht haben.

Dazu, so Gabriel in Anlehnung an einen Vorschlag des parteilosen Bundestagsabgeordneten Wolfgang Nešković, sollten Vertreter der Bundesanwaltschaft Snowden in Moskau "als Zeugen zu vernehmen" und ihm dann eventuell anbieten, dass er ein deutsches Zeugenschutzprogramm aufgenommen wird.

Mit dem von Gabriel angelegten Maßstab könnte die Bundesanwaltschaft allerdings auch auf die Idee kommen, bei den Sozialdemokraten zu ermitteln, deren Ex-Kanzler Gerhard Schröder und dessen damaliger Geheimdienstkoordinator Frank-Walter Steinmeier während ihrer Amtszeiten die NSA-Enthüllungen aus der Echelon-Affäre merkwürdig tatenlos vorbeiziehen ließen.

In anderen Bereichen legte die SPD damals deutlich mehr Eifer an den Tag: Einer Analyse von Daten-Speicherung.de zufolge liegt die Beteiligungsquote der Sozialdemokraten an verfassungswidrigen Überwachungsgesetzen bei stolzen 78 Prozent. Auf Platz zwei folgen mit 67 Prozent CDU und CSU und auf Platz drei mit 44 Prozent die Grünen.

Auch jetzt, wo die SPD in der Opposition ist, stehen viele Sozialdemokraten offen zu mehr Überwachung. Innenexperte Dieter Wiefelspütz zum Beispiel zeigt sich der Meinung, dass Snowden die "rechtlichen Konsequenzen" tragen müsse, wenn er Geheimnisverrat begangen hat. Auch wenn er das "möglicherweise aus Gewissensgründen" machte, sei er kein "politisch Verfolgter" und könne in Deutschland kein Asyl bekommen.

Sieht "gewaltigen Nachholbedarf im Bereich der Internet-Überwachung". SPD-Innenpolitiksprecher Michael Hartmann. Foto: Heide Kohler. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Michael Hartmann, der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion attestierte Deutschland nach den ersten #Prism-Enthüllungen im Juni sogar einen "gewaltigen Nachholbedarf im Bereich der Internet-Überwachung". Deshalb, so der Präsident des Deutschen Baseball- und Softballverbandes, sei es "wichtig, Geld in die Hand zu nehmen" und den Bundesnachrichtendienst "auf die Höhe der Zeit" zu bringen.

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