Monsanto: Abschied von Europa mit Hintertür?

Der Gentechnik-Konzern will Anbauanträge für genveränderte Pflanzen in der EU zurückziehen, was man wohl als taktische Maßnahme verstehen muss

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Ende Mai machte schon mal die Nachricht der taz die Runde, dass Monsanto sich aus dem Geschäft mit genveränderten Pflanzen in der EU zurückziehen wolle. Schnell kam erst einmal ein Dementi, man war wohl noch am Überlegen. Jetzt verkündete Manuel Madero, der für Europa zuständige Vertreter des Konzerns, erneut und offenbar offiziell gegenüber Reuters, dass Monsanto "alle laufenden Zulassungsanträge für den Anbau gentechnisch verbesserter Nutzpflanzen in der Europäischen Union zurücknehmen will", wie es auch auf der Website des Konzerns heißt.

Sukzessive werde man die laufenden Zulassungsanträge zurücknehmen, aber daran festhalten, die bereits 1998 für zehn Jahre zugelassene Maissorte MON 810 neu genehmigen zu lassen. Zur Verhandlung steht eine Neuzulassung, angebaut werden kann die Maissorte bis dahin trotzdem. Einige Länder wie Deutschland haben den Anbau jedoch verboten. Als Grund für die Entscheidung nennt Monsanto schlechte wirtschaftliche Aussichten und die langsamen Zulassungsprozeduren.

Aus dem europäischen Markt will man sich natürlich nicht zurückziehen. Gute Geschäfte mache man in den Bereichen Saatgut und Pflanzenschutz. Mit letzterem sind Herbizide wie die Roundup-Breitbandherbizide mit dem umstrittenen Gift Glyphosat. Zudem sollen 300 Millionen US-Dollar "in die Züchtung und Produktion von konventionellem Saatgut in Europa" investiert werden.

Zurückgezogen werden Anbauanträge für sieben genveränderte Sorten, die gegen Roundup resistent sind und/oder Insektengifte enthalten: ein Antrag für Soja, einer für Zuckerrüben und fünf Anträge für Mais. Insoweit können sich die Gentechnikgegner freuen, einen Sieg über Monsanto errungen zu haben, allerdings könnte das Thema der Zulassung über das geplante Freihandelsabkommen wieder ganz anders aussehen. Noch gibt sich die Bundesregierung stark, Kanzlerin Merkel hat erst einmal versprochen, dass die Gentechnik-Bestimmungen in Europa nicht denen in den USA angepasst würden. Vielleicht weiß Monsanto aber schon mehr und wartet erst einmal ab.

Heike Moldenhauer, BUND-Gentechnikexpertin, vermutet jedenfalls eine damit verbundene Strategie :

Wir halten den von Monsanto angekündigten Rückzug aus der EU für Theaterdonner. Monsanto will vor allem aus der öffentlichen Negativwahrnehmung verschwinden, um dann hinter den Kulissen bei den Verhandlungen um das Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU umso effektiver lobbyieren zu können. Ziel von Monsanto ist es natürlich nach wie vor, den EU-Markt mit seinen Produkten zu erobern.

Monsanto hält nicht nur an einer Anbaugenehmigung für MON 810 fest, der Konzern will auch weiter genveränderte Pflanzen als Futter- und Lebensmittel einführen. Geschäfte kann man ja trotzdem machen, auch wenn die Pflanzen in anderen Ländern angebaut und dann nach Europa exportiert werden. Vor der Entscheidung:.http://www.testbiotech.org/ steht etwa der Importantrag für den Smartstax-Reis, eine multigenveränderte Sorte, die gegen zwei Herbizide resistent ist und sechs Insektengifte produziert (Genveränderte Maissorte mit 6 Bt-Toxinen und Resistenz gegen 2 Herbizide).

Die EU-Kommission scheint gewillt zu sein, die Reissorte zuzulassen und weist Einwände zurück. Zudem gibt es nicht nur Monsanto, sondern auch noch andere Konzerne wie Pioneer, Dow AgroSciences und Syngenta, die auch Anbauanträge für genveränderten Mais gestellt haben.