"Die Kosten könnten monatlich eine Milliarde Dollar erreichen"

Der amerikanische Generalstabschef Dempsey rechnet vor, wie teuer die USA eine direkte Militärintervention in Syrien kommen würde

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Schon weit vor dem Ausbruch des Krieges war Syriens damals friedliche Welt durch die Präsenz von Geheimdiensten und unterschwelligen Konflikten gekennzeichnet. Der Besucher des Landes hatte seinem Visum Passbilder für sieben leere Blätter beizugeben, auf denen dann unterschiedliche Beobachter der Dienste ihre Notizen machten. Die Aufteilung in eine offizielle Welt und eine Welt clandestiner Aktivitäten war jedem offensichtlich; sie dauert bis heute. Abzulesen ist das auch an den jüngsten Verlautbarungen aus den USA zu ihrer Syrien-Strategie.

Die beiden für Geheimdienste zuständigen US-Ausschüsse im Senat und im Repräsentantenhaus haben nun doch - nach anfänglichem Zaudern (USA: Offizielle Militärhilfe für syrische Rebellen verschoben) - den CIA-Waffenlieferungen an syrische Oppositionelle zugestimmt, "nach langen Überlegungen, Bedenken und Debatten".

Soweit bekannt, gilt das Placet für mehr Geld aus dem CIA-Etat für die Lieferung "leichter Waffen und Munition" an Oppositionelle. Dazu soll die militärische Ausbildung der Assad-Gegner vornehmlich in Jordanien verstärkt werden und die Lieferung besserer Waffen, wie die begehrten Flugabwehrraketen, durch andere Länder von der CIA koordiniert werden. Wie diese Koordination konkret aussieht, bleibt geheim.

Nach außen dient dies vor allem als Indiz dafür, dass die USA der Forderung nachkommen, es werde geprüft und kontrolliert, wer unter den von religiösen Wahnsinn untermininierten Oppositionellen an Waffen komme, die irgendwann auch andere Flugzeuge gefährden könnten. Man könnte es auch so sehen, dass das nun abgesegnete Geheimprogramm eine Tarnung dafür ist, dass Katar oder Saudi-Arabien mit amerikanischer Benevolenz die Waffen liefern, die den USA offiziell zu liefern politisch untersagt ist. Die offiziell abgesegneten geheimen amerikanischen Waffenlieferungen "light" werden für August erwartet.

Ganz offiziell legte gestern auch der ranghöchste amerikanische Militär, Joint Chief of Staff, General Dempsey, seine Sicht der Lage und der darausfolgenden strategischen Überlegungen in einem nicht-geheimen Brief dar. In der Essenz enthalten sie nichts Neues.

Die US-Führung rechnet damit, dass Baschar al-Assad sich noch für längere Zeit an der Staatsspitze Syriens halten wird. Daran werde sich wahrscheinlich bis Ende der Amtszeit Obamas nichts ändern. Als weiteres Axiom stellt man auf, dass es dem syrischen Präsidenten nicht mehr gelingen dürfte, alle Gebiete Syriens so unter Kontrolle zu bringen, dass seine Herrschaft der Zeit vor Ausbruch der kriegerischen Eskalationen nahekommt, auch wenn das militärische "Momentum" gegenwärtuig ganz auf seiner Seite ist.

While there are shifts in momentum on the battlefield, Bashar al-Assad, in our view, will never rule all of Syria again.

Teure Flugverbotszone, militärischer Erfolg nicht garantiert, unerwünschte Effekte wahrscheinlich

Dass dies eine Situation ist, mit der die US-Führung im Prinzip gut leben kann, ist auch daran abzulesen, mit welchem Preisschildern General Dempsey die Alternativen ausstattet, nämlich eine kriegentscheidende Intervention seitens der USA. Dass er dies in seinem Brief an den Kongress so konkret darlegt, wird in den amerikanischen Medien als die eigentliche Neuigkeit hervorgehoben. Denn die Optionen, die er darlegt, werden längst öffentlich debattiert: die Einrichtung einer No-Fly-Zone, erweitert durch Pufferzonen an der Grenze Syriens und innerhalb Syriens, unterstützende militärische Einsätze von Flugzeugen, Kriegsschiffen und U-Booten. Mit der dafür notwendigen Logistik würden Summen von bis zu einer Milliarde Dollar pro Monat erreicht. Für den Steuerzahler wird da impliziert.

Dempsey weiß, dass solche Kalkulationen in der amerikanischen Öffentlichkeit, angesichts einer Krise, wie die Pleite Detroits gerade zeigt, nicht überwunden ist, angesichts der astronomisch teuren - und wenig erfolgreichen - Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan auf wenig Begeisterung stoßen:

Training, advising and assisting opposition troops, he wrote, could require anywhere from several hundred to several thousand troops, and cost about $500 million a year. An offensive of limited long-range strikes against Syrian military targets would require hundreds of aircraft and warships and could cost billions of dollars over time. Imposing a no-fly zone would require shooting down government warplanes and destroying airfields and hangars. It would also require hundreds of aircraft. The cost could reach $1 billion a month.

Würden dazu noch tausende Soldaten der Spezialkommandos und andere Bodentruppen eingesetzt, um anzugreifen und bestimmte kritische Positionen zu sichern, würden sich die Kosten bald über weit mehr als eine Milliarde Dollar monatlich belaufen.

Dazu komme, so Dempsey, dass der Erfolg der Intervention nicht garantiert wäre. Dagegen würde ganz sicher das Risiko dafür steigen, dass es Nebeneffekte und Rückwirkungen gebe, die man sich nicht wünsche. Etwa, dass Extremisten an die Lager der chemische Kampfstoffe gelangen.

Die militärischen Interventionen in Syrien seitens der USA werden weiterhin verdeckt stattfinden.