Mit einem scheinlegalen Trick durchsucht die NSA auch die Kommunikation von US-Bürgern

Nach einem Bericht der New York Times wird nicht nur die grenzüberschreitende Kommunikation abgegriffen, sondern auch die Textkommunikation von US-Bürgern nach Begriffen durchsucht

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Die NSA greift nicht nur Unmengen an Verbindungsdaten ab, sondern natürlich auch die Inhalte der Email- und Textkommunikation von Amerikanern - ohne richterliche Genehmigung. Es wäre auch naiv gewesen, den Versicherungen der Geheimdienste zu glauben.

Nach Angaben von anonym bleibenden Geheidienstmitarbeitern gegen über der New York Times wird nicht nur die Kommunikation von Amerikanern mit Ausländern in anderen Ländern abgehört und gespeichert, sondern auch von Amerikanern, die auf Informationen hinweisen, die mit Ausländern zu tun haben. So kann man das scheinlegale Netz, das Geheimdienste und US-Regierung für die Lauschprogramme gestrickt haben, noch einmal deutlich erweitern.

Offenbar macht die NSA einen "Klon" aus den zeitweise abgegriffenen Telekommunikationsdaten, um in diesen nach Informationen über eine Zielperson zu suchen, die aber nicht Adressat oder Sender der Kommunikation ist. Über das Ausmaß der automatisch kopierten und gespeicherten Daten sagte der Geheimdienstmitarbeiter nichts. Die gespeicherten Daten werden nach Begriffen durchsucht, bei Treffern wird die Kommunikation herausgefischt und gesondert abgespeichert, damit Geheimdienstmitarbeiter darauf zugreifen können. Der Rest wird gelöscht, eine Rückwärtssuche sei nicht möglich, das Kopieren, Durchsuchen und Selektieren vollziehe sich in Sekundenschnelle. Es sei mitunter zu nicht beabsichtigten überbordenden Sammlungen (inadvertent overcollection) gekommen, wenn etwa bei den Providern Umstellungen vorgenommen wurden, aber man überwache die Programme nach solchen Problemen und melde sie den Kontrolleuren - in der NSA, offenbar aber nicht etwa den Mitgliedern der Geheimdienstausschüsse.

Neu ist die Information nicht, worauf die NYT auch hinweist. Sie ging bereits aus Geheimdokumenten hervor, die Snowden dem Guardian übergeben und die Zeitung am 20 Juni veröffentlicht hatte. BIslang habe man aber die Möglichkeiten, Kommunikation von US-Bürgern auch im Inland nicht nur abzugreifen, sondern auch zu durchsuchen und zu speichern, nicht wirklich wahrgenommen, so die NYT.

Allerdings war bereits bekannt, dass Kommunikation von Amerikanern abgegriffen werden kann, wenn eine Wahrscheinlichkeit von 51 Prozent besteht, dass sie mit Ausländern geführt wird - eine Regelung, die der Willkür Tür und Tor öffnet, aber dem Geist der aufgeblähten Überwachungsindustrie in den USA entspricht, wie er spätestens nach 11/9 herrscht. Die Erbschaft von Bush war es, die dem Auslandsgeheimdienst seit 2008 ermöglicht hat, ohne richterliche Genehmigung, auch ohne die des geheim tagenden FISA-Gerichts, im Inland abgegriffene Kommunikationsdaten von US-Bürger zu durchsuchen, wenn das angebliche Ziel ein Ausländer im Ausland war. Nach Auskunft eines Geheimdienstmitarbeiter fällt unter diese Genehmigung aber nicht das Abhören von Telefongesprächen im Inland - im Ausland ist bekanntlich für die US-Geheimdienste wie für alle Geheimdienste Wilder Westen und alles erlaubt.

Die Regelungen sind so, dass die Geheimdienste sich praktisch immer dahinter verstecken können, dass alles doch ganz legal sei. So sagte auch NSA-Sprecherin Judith Emmel auf eine Anfrage, dass der Geheimdienst nur die Daten sammle, die er nach dem Gesetz auch sammeln dürfe: "Überdies werden die Aktivitäten des Geheimdienstes nur als Reaktion auf Informationsanforderungen eingesetzt, um das Land und seine Interessen zu schützen." Das soll im mittlerweile abgegriffenen Jargon Kritik mundtot machen, wobei die Interessen des Landes durchaus vielfältig sein können.