Israel setzt Taser-Einsatz aus

Nach einem Skandalvideo soll eine Kommission die Anwendung der Elektroschockwaffe untersuchen

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Der israelische Polizeichef Yohanan Danino machte am Sonntag öffentlich bekannt, dass er die Anweisung gab, vorerst auf den Einsatz der Elektroschockwaffe Taser zu verzichten. Anlass dazu war die Festnahme des Siedleraktivisten Boaz A., den die Behörden als Unruhestifter einstuften und gegen den sie deshalb ein sechsmonatiges Betretungsverbot der Westbank verhängt hatten. An dieses Betretungsverbot wollte sich der religiöse Fundamentalist, dessen Familie weiterhin in der Siedlung Yitzhar lebt, nicht halten.

Deshalb kam letzten Donnerstag die für die Bezirke Judäa und Samaria zuständige Grenzpolizei Yasam nach Yitzhar und wollte ihn festnehmen. Obwohl er keinen sichtbaren aktiven Widerstand leistete, setzten die Beamten mehrfach Taser-Stromstöße ein, bevor sie ihn an Händen und Füßen in ein Auto zerrten. Anschließend wurde er in ein Krankenhaus gefahren, wo man ihm die Taserhaken aus der Haut schnitt. Nachdem eine Videoaufnahme dieser Festnahme auf YouTube in israelischen Medien große Empörung erregte, soll nun eine Kommission nicht nur diesen Vorfall, sondern auch den Polizeieinsatz von Tasern generell untersuchen. Bis zum Abschluss dieser Untersuchung gilt das am Sonntag verkündete Moratorium.

A.s Festnahme mit Taser

Ein Taser ist eine Elektroschockwaffe, die zwei kleine und mit dünnen Drähten verbundene Pfeile ausstößt. Diese verhaken sich im Körper des Beschossenen und verabreichen ihm Stromstöße. Obwohl der Taser als nichttödliche Wache konstruiert wurde, gibt es immer wieder Berichte, nach denen Menschen unmittelbar oder bald nach Taserattacken verstarben.

Den bis Sonntag geltenden Vorschriften nach konnten israelische Polizisten Taserwaffen legal einsetzen, wenn Beamten oder Zivilisten Gefahr drohte. In den letzten Jahren gab es aber immer wieder Berichte über Einsätze, in denen offensichtlich keine solche Gefahr in Sicht war. Einem Gericht wurde in solch einem Fall ein Dokument vorgelegt, das zeigte, dass ein einziger Taser in nur zwei Monaten etwa 300 dreihundert Mal zum Einsatz kam.

Die grundlegende Untersuchung der Tasereinsätze erfolgt auch deshalb, weil nach Bekanntwerden der Videoaufnahmen Politiker aus dem gesamten parlamentarischen Spektrum massive Kritik äußerten: Die Likud-Abgeordnete Miri Regev sprach von einem "unvernünftigen", "entwürdigenden" und "schockierenden" Vorgehen und die Meretz-Vorsitzende Zehava Gal-On meinte, es gebe keinerlei Rechtfertigung für den Einsatz dieser grausamen Waffe an einem Mann, dem die Polizisten ohne Weiteres mit ihren bloßen Händen Herr geworden wären.

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