Wie sind die Anschläge ohne Selbstmordplan erklärbar?

Nordansicht des Südturms kurz nahc dem Einschlag von United Airlines Flug 175. Bild: TheMachineStops. Lizenz: CC-BY-SA-2.0

9/11 - eine andere Perspektive - Teil 2

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Nachdem Teil 1 des Artikels darlegte, dass erstens eine Verantwortung Bin Ladens bis heute unbelegt ist, zweitens die Passagierlisten der entführten Maschinen unmittelbar nach dem 11. September 2001 geändert wurden und drittens den Anschlägen, einer ganzen Reihe von Indizien zufolge, womöglich gar kein Selbstmordplan zugrunde lag, wird nun, darauf aufbauend, ein möglicher alternativer Ablauf im Detail vorgestellt.

Teil 1: Neue Indizien legen nahe, dass den Anschlägen vom 11. September 2001 kein Selbstmordplan zugrunde lag

Kapitel 4: Geheimdienste

Die hier vertretene alternative 9/11-These geht nun davon aus, dass Personen außerhalb von Al Qaida, möglicherweise Teile der US-Geheimdienste, von diesem Entführungsplan Wind bekamen.

Tatsächlich hatte die CIA mehrere der zukünftigen Entführer vor 9/11 aufgespürt. Ziad Jarrah, mutmaßlicher Pilot von Flug 93, war auf Geheiß der CIA wegen "seiner vermuteten Teilnahme an terroristischen Aktivitäten" im Januar 2000 in den Vereinigten Arabischen Emiraten von den dortigen Behörden gestoppt und befragt worden, wie Quellen in den Emiraten 2002 enthüllten.1 CNN berichtete:

Geheimdienstquellen in den Emiraten und Europa erklärten gegenüber CNN, dass die Befragung Jarrahs in das Muster einer 1999 begonnenen CIA-Operation passt, bei der verdächtige Al Qaida-Leute verfolgt wurden, die durch die Vereinigten Arabischen Emirate reisten. Die Quellen teilten CNN mit, dass die Behörden der Emirate häufig im voraus von amerikanischen Stellen informiert wurden, welche Personen durch das Land reisen würden und wer befragt werden sollte.

Bereits im Jahr 1999 kannte die CIA auch die sogenannte "Hamburger Zelle" der 9/11-Entführer Mohammed Atta, Marwan al Shehhi und ihres Anwerbers Mohammed Zammar.

Weiterhin kannte die CIA zwei entscheidende 9/11-Entführer - Nawaf al Hazmi und Khalid al Midhar. Beide waren später angeblich an Bord des Flugzeuges, das ins Pentagon stürzte. Die CIA wurde 1999 durch einen Hinweis des saudischen Geheimdienstes auf diese Männer aufmerksam und ließ sie in der Folge bei einem Al Qaida-Strategietreffen in Malaysia im Januar 2000 überwachen. Die dortige Versammlung fand dabei nur wenige Tage nach der oben erwähnten erfolgreichen Entführung von Indian Airlines Flug 814 statt. Danach reisten die Männer in die USA ein. Das Antiterrorzentrum der CIA wusste, dass die beiden Al Qaida-Kämpfer in den Vereinigten Staaten waren. Trotzdem verbarg die CIA dieses Wissen für mehr als ein Jahr vor den amerikanischen Strafverfolgungsbehörden.2

Befragt nach dem Grund für diese seltsame Vertuschung, antwortete der langjährige Nationale Antiterror-Koordinator der US-Regierung Richard Clarke in einem Interview, das im Jahr 2011 veröffentlicht wurde:

Als Cofer Black [im Jahr 1999] zum Chef des Antiterrorzentrums der CIA wurde, da hatte der Geheimdienst keine Quellen innerhalb von Al Qaida. Er sagte mir: "Ich werde versuchen, Informanten innerhalb von Al Qaida zu bekommen." Ich kann verstehen, wenn sie möglicherweise sagten: "Wir müssen Quellen innerhalb von Al Qaida aufbauen, aber wenn wir das tun, dann können wir niemandem davon erzählen." Und ich kann verstehen, wie sie vielleicht diese zwei Leute in den USA auftauchen sehen und denken: "Aha, das ist unsere Chance, sie umzudrehen - das ist die Gelegenheit, Leute bei Al Qaida einzuschleusen. Und um das zu erreichen, dürfen wir niemanden außerhalb der CIA einweihen, so lange, bis wir sie haben und bis sie uns wirklich Informationen liefern." [...] Wir nehmen daher an, dass es eine Weisung auf höchster Ebene der CIA gab, diese Information nicht auszutauschen. [...] Sie haben uns alles gesagt. Außer dieser Sache.

Wenn Clarke also recht hat, bleiben zwei mögliche Schlussfolgerungen:

  1. Der CIA gelang es, Hazmi und Midhar umzudrehen und sie als Agenten anzuwerben. Auf diese Weise erfuhr der Geheimdienst im Voraus vom Entführungsplan. Diese Tatsache wäre derart kompromittierend, dass sie mit allen Mitteln verborgen werden müsste.
  2. Die CIA versuchte die Männer anzuwerben, scheiterte aber. Diese Variante wäre kaum weniger kompromittierend für den Geheimdienst und würde zu einem Sturm der Entrüstung führen, sollte sie je enthüllt werden.

Abseits und unabhängig von der CIA gab es "Able Danger", ein geheimes militärisches Programm, das Al Qaida analysieren, infiltrieren und manipulieren sollte. Diese Gemeinschaftsoperation des Militärgeheimdienstes DIA und des US-Spezialkräftekommandos startete 1999. Im Jahr 2000 hatte das Programm bereits vier der zukünftigen 9/11-Entführer aufgespürt und als Teil einer Al Qaida-Zelle in den USA identifiziert - Mohamed Atta, Marwan al Shehhi, Nawaf al Hazmi und Khalid al Midhar. Das US-Militär hatte also ebenfalls Hazmi und Midhar als Al Qaida-Kämpfer erkannt - ohne die CIA und unabhängig von ihr, während diese offenbar gleichzeitig versuchte, die beiden als Agenten anzuwerben.

Oberst Anthony Shaffer, einer der Offiziere des "Able Danger"-Programms, beobachtete, wie die CIA im Verborgenen um exklusiven Zugang kämpfte. Er war überzeugt, dass der Geheimdienst sich verzweifelt bemühte, Al Qaida zu unterwandern. "Im Grunde stahlen sie unsere Quellen", sagte Shaffer später. "Sie schauten gewissermaßen von außen hinein. Ich denke, wir hatten bessere Zugänge als sie, und deshalb wollten sie unsere Hauptquelle abschalten und deren Unteragenten für sich selbst nutzen."

In einem 2013 veröffentlichten Bericht der Journalisten Paul Church und Ray Nowosielski, der auf den Aussagen Shaffers beruht, heißt es:

Nachdem die CIA erfolgreich genügend Quellen vom Hauptagenten der DIA abgeworben hatte, wollte sie die DIA komplett loswerden. Im September oder Oktober 2000 musste sich Shaffers Boss, Armeegeneral Bob Hardy Jr., in einer vertraulichen Sitzung des parlamentarischen Geheimdienstausschusses mit dem CIA-Direktor messen. Shaffer bezeichnete dies als "einen entscheidenden Schlagabtausch."

In Folge dessen wurde Anfang des Jahres 2001, nur wenige Monate vor 9/11, das "Able Danger"-Programm, das Al Qaida infiltrieren und manipulieren sollte, abgeschaltet.

Kapitel 5: Politik

Die Terroristen hatten also womöglich eine konventionelle Flugzeugentführung geplant, und Personen außerhalb von Al Qaida hatten davon im Laufe des Jahres 2000 erfahren. Dies war auch das Jahr einer Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten. Im September des Jahres, zwei Monate vor der Wahl, veröffentlichte die einflussreiche Lobbygruppe "Projekt für das neue amerikanische Jahrhundert" ein detailliertes Strategiepapier, das der kommenden Administration politische Vorschläge machte. Die Studie mit dem Titel Amerikas Verteidigung wieder aufbauen wandte sich vor allem an einen Kreis hochrangiger Entscheidungsträger. Sie spiegelte einen breiten Konsens amerikanischer Geschäftsinteressen und konservativer Politik.

Grundsätzlich forderte das Papier eine massive Erhöhung der Rüstungsausgaben, sowie eine Umwandlung der Streitkräfte in einen dominanten und mobilen, rasch verlegbaren Machtfaktor. Ziel war eine nachhaltige militärische Vorherrschaft, die der Studie zufolge dringend auf neue Waffensysteme wie die Raketenabwehr angewiesen war. Das Papier machte aber auch klar, dass der Prozess dieser Umwandlung langwierig wäre und Widerstand hervorrufen würde, "falls nicht" - Zitat - "ein katastrophales und beschleunigendes Ereignis - wie ein neues Pearl Harbor" einträte.

In diesem politischen Kontext könnte der Plan entstanden sein, den Al Qaida-Entführungsplot auszunutzen und zu manipulieren, um ein solches beschleunigendes Ereignis herbei zu führen.

Hinzu kommen womöglich weitere Aspekte, wie etwa die im Sommer 2001 gescheiterten Pipeline-Verhandlungen mit den Taliban oder die ebenfalls im Sommer 2001 konkret drohende politische Abspaltung Saudi-Arabiens von den USA, die erst durch 9/11 verhindert wurde. Bis heute weitgehend unbekannt ist zudem, dass über das Wochenende vom 8. zum 9. September in diesem Zusammenhang hinter den Kulissen intensive diplomatische Anstrengungen unternommen wurden, um den Friedensprozess im Nahen Osten neu zu beleben. Die Bush-Regierung plante - auf Druck Saudi-Arabiens -, in der Woche nach dem 10. September eine eigene politische Initiative vorzustellen und damit erstmals ihren Kurs öffentlich festzulegen, hin zu einem fairen Ausgleich zwischen Palästinensern und Israel - was ebenfalls durch 9/11 verhindert wurde.

Schaut man mit dem heutigen Wissen zurück, dann bewirkten die Anschläge noch weit mehr. Nicht nur, dass die unsicheren Partner in Saudi-Arabien oder auch in Pakistan mit einem Ruck wieder fest an die Seite der USA gezwungen wurden, dass die volkswirtschaftlich so wichtigen Rüstungsausgaben wieder auf das Niveau des Kalten Krieges schossen, oder dass die öffentliche Bereitschaft dafür geschaffen wurde, große Kriege im Ausland zu führen. In einem tieferen Sinn verzögerte der Wirtschaftsboom, der auf dem Kriegsgeschäft und der Kreditexpansion nach 9/11 basierte, auch effektiv den Ausbruch der globalen Finanzkrise, die bereits um die Jahrtausendwende gedroht hatte. Damit wurde das schuldenbasierte "Spiel" der globalen Wirtschaft um einige profitable Jahre verlängert.

All dies sind Motive mit weitestreichenden finanziellen und machtpolitischen Folgerungen.