Kandidaten von Kleinparteien gegen Krieg

In 249 von 299 deutschen Wahlkreisen können die Bürger am 22. September Erststimmenbewerber wählen, die explizit versprochen haben, gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr zu stimmen

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Die Debatte um Syrien zeigt, dass Militärschläge mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch in der nächsten Legislaturperiode ein Thema im Bundestag sein werden: Wer als Wähler dagegen ist, steht vor dem Problem, dass er sich auf die Position von Parteien nur sehr bedingt verlassen kann, wie beispielsweise das Abstimmungsverhalten der Mehrheit der Bundestagsabgeordneten beim Kosovokrieg 1999 und danach zeigte. Der Leipziger Andi Rietschel hat deshalb eine Petition formuliert, zu der sich einzelne Bundestagskandidaten bekennen sollen, um Wählern zu versichern, dass sie stets gegen Auslandseinsätze stimmen werden.

Sein Ziel ist, dass jeder Bürger in den insgesamt 299 deutschen Wahlkreisen mindestens einen Erststimmenbewerber zur Auswahl hat, von dem er relativ sicher sein kann, dass er gegen militärische Einsätze der Bundeswehr im Ausland stimmt. Bislang gibt es solche Anbieter in 249 Wahlkreisen. In neun davon haben sich SPD-Kandidaten dazu verpflichtet, den friedenspolitischen Grundsätzen aus der Petition zu folgen, darunter der Komiker Florian Simbeck, der im bayerischen Wahlkreis Pfaffenhofen-Freising antritt. Von den 200 Direktkandidaten der Linkspartei, die die Petition unterzeichneten, haben vor allem diejenigen in Ostdeutschland realistische Chancen auf ein Mandat. Für die Piraten, von denen 75 Erststimmenbewerber unterzeichneten, gilt dies weniger.

Dass bislang nur 30 Erststimmenbewerber der Grünen unterzeichneten, obwohl in praktisch jedem Wahlkreis welche antreten, deutet darauf hin, dass sich das Personal von heute von Positionen aus der Gründungszeit entfernt hat. Dafür gibt es neue Parteien, die Krieg teilweise aus einer ganz anderen Haltung heraus ablehnen als die Ökopaxe der 1980er: Bei der libertären Partei der Vernunft beispielsweise, wo man sich ärgert, wie viel unfreiwillig abgegebenes Steuergeld für solche Einsätze verpulvert wird. Aus dieser Partei haben bis jetzt zwei ihrer insgesamt fünf Direktkandidaten die Position unterzeichnet: Der stellvertretende Bundesvorsitzende Jörg Brechlin, der im Wahlkreis Gera-Jena-Saale antritt, und der Mainzer Patrick Wybranietz.

Auch in anderen Kleinparteien, die häufig nur in wenigen Wahlkreisen kandidieren, fanden sich Direktkandidaten: Relativ leicht dürfte die Unterschrift Marius Augustin von der Nein-Idee gefallen sein, der im Wahlkreis Erding-Ebersberg als einziger Direktkandidat der Gruppierung antritt: Sie verspricht ihren Wählern, dass im Parlament bei allen Abstimmungen mit "Nein" gestimmt wird, außer es geht um die Erweiterung direkter Demokratie. Ähnliche Ziele vertritt die Gruppierung Volksabstimmung Jetzt deren einziger Kandidat Dr. Helmut Fleck im Rhein-Sieg-Kreis I auf den Wahlzetteln steht.

Andere Bewerber von Kleinparteien, die die Petition unterzeichneten, treten für die Esoterikpartei Die Violetten, die Tierschutzpartei, die situationistische Bergpartei, die ÖDP, die Bürgerrechtsbewegung Solidarität und zwei kommunistische Gruppen an. Unter den zwölf (von insgesamt 81) unabhängigen Direktkandidaten, die den Aufruf unterzeichnet haben, hat der ehemalige Bundesrichter Wolfgang Nešković die mit Abstand besten Chancen: Er sitzt bereits als direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Cottbus/Spree-Neiße im Bundestag und will es diesmal ohne die Unterstützung der Linkspartei schaffen, die ihn dort nun mit einer eigenen Kandidatin bekämpft.

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