Steuersenkungen unter Rot-Grün großenteils für öffentliche Defizite verantwortlich

Durch die Steuersenkungen der vergangenen 15 Jahre entgehen Bund, Ländern und Gemeinden jedes Jahr zweistellige Milliardenbeträge. Bild: Hans-Böcköler-Stiftung

Nach einer Studie der Böckler-Stiftung könnten Steuererhöhungen - und vor allem die Wiedereinführung der Vermögenssteuer - das strukturelle Defizit ausgleichen

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Das Desaster der öffentlichen Haushalte in Deutschland, beruht auf den aufgrund der neoliberalen Ideologie der 1990er Jahre vor allem von Rot-Grün durchgeführten Steuersenkungen. Sie wurden unter dem Druck der "Experten" in vielen Ländern praktiziert, gerne verbunden mit der Drohung, dass ansonsten Firmen und Reiche den Standort wechseln würden. Die haben es zwar auch trotz der großzügigen Steuerkürzungen geschafft, ihr Geld schwarz oder auch ganz legal aufgrund von Steuerschlupflöchern und der Konkurrenz der Standorte zu schonen und die Haushalte damit auszutrocknen.

Die gewerkschaftsnahe Böckler-Stiftung hat nun in einer Studie belegt, dass die Senkung der Steuern seit 1998 zu Einnahmeausfällen von 45 Milliarden Euro bis 2013 geführt haben. Den Großteil der Ausfälle, nämlich zwei Drittel, mussten Gemeinden und Länder schultern. Die Ausgaben seien trotz der Ausfälle nur gering angestiegen, zwischen 1992 und 2002 um durchschnittlich 2 Prozent im Jahr, in etwa parallel zum Anstieg des BIP

Konkret hat IMK-Steuerexpertin Katja Rietzler die Situation in Rheinland-Pfalz untersucht. Auch dort beruht die steigende Verschuldung der öffentlichen Haushalte vor allem auf den gesunkenen Steuereinnahmen, dazu liegt aber auch das BIP in dem ländlich geprägten Bundesland unter dem Durchschnitt. Allerdings haben die Steuereinnahmen selbst mit dem Wachstum des regionalen BIPs nicht mithalten können: "Würden die Steuergesetze von 1998 noch gelten, würde das Land Rheinland-Pfalz allein in diesem Jahr 862 Millionen Euro mehr einnehmen. Das entspricht ungefähr dem strukturellen Defizit von rund 819 Millionen Euro im Landeshaushalt 2012. Die Kommunen müssen aufgrund der Steuerrechtsänderungen auf weitere 518 Millionen Euro verzichten. Insgesamt nimmt die öffentliche Hand in Rheinland-Pfalz 2013 also knapp 1,4 Milliarden Euro weniger ein."

Durch die Steuersenkungen der vergangenen 15 Jahre entgehen Bund, Ländern und Gemeinden jedes Jahr zweistellige Milliardenbeträge. Bild: Hans-Böcköler-Stiftung

Die Gefahr besteht, so Rietzler, dass das Land die Schuldenbremse nicht einhalten kann und weiter gespart werden muss: "Das kann auf Kosten der Investitionen gehen - obwohl dort erheblicher Nachholbedarf besteht und Defizite bei Infrastruktur oder Bildungseinrichtungen die Wirtschaft nachhaltig schädigen." Rietzler plädiert daher für Steuererhöhungen für Wohlhabende und Vermögen, um das Defizit und auch die soziale Ungleichheit zu reduzieren. Nach ihren Berechnungen der Vorschläge von SPD, Grünen, Linken und des DIW würde eine wieder eingeführte Vermögenssteuer für Vermögen von mehr als 2 Millionen Euro mit einem Steuersatz von einem Prozent am meisten bringen. Der Anhebung des Spitzensteuersatzes spült nicht so viel in die öffentlichen Kassen. Wenn das Bruttoeinkommen erst ab 77.600 Euro höher besteuert würde, wie es die Linke fordert, entstünden nach Rietzler sogar Mindereinnahmen. Wenn Vermögenssteuer, Verdopplung der Einnahmen der Erbschaftssteuer und Erhöhung des Spitzensteuersatzes kombiniert würden, könnte Rheinland-Pfalz - theoretisch - 893 Millionen Euro mehr einnehmen und damit das strukturelle Defizit schließen. Die Steuerbelastung bleibe dabei aber noch unter der vor 1998.

Je höher das Einkommen, desto stärker haben sich die Steuerkürzungen ausgewirkt.

In einer anderen Beitrag, die ebenfalls im aktuellen Böckler impuls erschienen ist, wird gezeigt, dass auch die Reichen kaum mehr als ein Drittel ihres Einkommens an Steuern zahlen müssen, weil die Steuerprogression ganz oben verschwindet. 2005 lag der Spitzensteuersatz bei 42 Prozent. Die bis 2005 eingeführten rotgrünen Steuerkürzungen haben dazu geführt, dass das reichste Hundertstel, Haushalte ab etwa 150.000 Euro Jahreseinkommen, inklusive Solidaritätszuschlag, 30,5 Prozent Einkommensteuer zahlten, das reichste Hunderttausendstel, mindestens 11 Millionen Euro im Jahr, zahlte 31 und die Superreichen, mehr als 58 Millionen an Einkommen im Jahr, mussten nur 28,7 Prozent entrichten.

Je höher das Einkommen, desto stärker haben sich die Steuerkürzungen ausgewirkt. Beim reichsten Hundertstel sanken die Steuern von 34,8 Prozent im Jahr 1992 auf 30,5 Prozent im Jahr 2005, beim reichsten Hunderttausendstel von 42,3 auf 31 Prozent und beim reichsten Millionstel von 42,6 Prozent gar auf 28,7 Prozent.