Das reichste 1 Prozent in den USA hängt die übrigen 99 Prozent immer weiter ab

Die Reichen kamen gut aus der Krise: Das Einkommen des reichsten 1 Prozent wuchs zwischen 2009 und 2012 um 31,4 Prozent, das der restlichen 99 Prozent lediglich um 0,4 Prozent

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Die Kluft zwischen den Armen und Reichen geht überall auseinander. Mit am Anfang stand die Entwicklung in den USA, als sich unter Präsident Reagan die neoliberale Ideologie durchzusetzen begann. Seit 30 Jahren wird die Kluft immer größer, die Steuergeschenke von Bush an die Reichen haben sie noch zusätzlich vertieft. Aber auch die Finanzkrise trug letztlich dazu bei. Mittlerweile nehmen die 10 Prozent der Haushalte mit den höchsten Einkommen einen Anteil von 50,4 Prozent aller Einkommen ein - mehr als jemals seit 1917, als das erste Mal Statistiken zum Einkommen erhoben wurden.

Bild: Ryan Nobleman/CC-BY-SA-3.0

Wie der Wirtschaftswissenschaftler Emmanuel Saez von der University of California zeigt, verlief auch die Erholung von der Finanzkrise auf höchst ungleiche Weise. Zwischen 2009 und 20122 wuchs zwar das durchschnittliche reale Einkommen pro Haushalt um 6 Prozent, am stärksten mit 4,6 Prozent im Jahr 2012. Zum Einkommen zählen Löhne, Renten, Mieten, Dividenden und Kapitalgewinne.

Schaut man aber nicht auf den Durchschnitt, sondern auch die sozialen Schichten, dann werden krasse Unterschiede deutlich: Das Einkommen des reichsten 1% wuchs zwischen 2009 und 2012 um 31,4 Prozent, das der restlichen 99 Prozent lediglich um 0,4 Prozent. Das reichste 1% strich mithin 95 Prozent der Einkommenszuwächse ein. 2012 nahm das Einkommen des reichsten 1% um stolze 19,6 Prozent zu, beim Rest der Bevölkerung betrug die Zunahme nur 1 Prozent. Das Einkommen des reichsten 1% lag 2012 bei über 394.000 US-Dollar vor Steuern. Auch innerhalb der Schicht der reichsten 10% driftet die Schere auseinander. Die Einkommen des reichsten 1 Prozent schossen in die Höhe, während die der reichsten 10-1% nur sehr mäßig anstiegen.

Mit dieser auch unter Präsident Obama fortschreitenden Entwicklung geht die Schere immer weiter auf, nach Saez wird dies erst einmal trotz kleiner Reformen so bleiben. Das reichste 1 Prozent hat zwar zunächst durch die abstürzende Börse mit 36 Prozent zwischen 2007 und 2009 am meisten Vermögen eingebüßt. Bei den restlichen 99 Prozent waren es "nur" 11,6 Prozent. Während das Einkommen der letzteren noch weit von einer Erholung entfernt ist, haben die Reichsten ihre Verluste praktisch wieder wett gemacht.

Der Anteil des Einkommen des reichsten Perzentils am Gesamteinkommen ist zwar seit den 1980er Jahren mit kurzen Abstürzen wie 2001 oder 2008 relativ konstant gestiegen, das war aber nicht immer so, schreibt Saez. Vor dem 1. Weltkrieg lag der Anteil des Einkommens des reichsten Perzentils bei ungefähr 18 Prozent und stieg bis Ende der 1920er Jahre auf 24 Prozent an. Nach dem Zweiten Weltkrieg trugen wachsende Löhne und höheren Steuern zu einer heute schon fast unvorstellbaren Gleichheit bei. In den späten 1960er Jahren betrug der Anteil der Reichsten nur noch 9 Prozent am Gesamteinkommen, um dann bis 2007 wieder auf 23,5 Prozent zu klettern. Die reichsten Menschen spielen, so Saez, "eine zentrale Rolle in der Evolution der Ungleichheit im Lauf des 20. Jahrhunderts". Bestand der Großteil des Einkommens der reichsten Amerikaner bis 1970 bestand in Kapitaleinkünften, seitdem verdankt sich der Anstieg des Reichtums ganz oben auch der "Explosion der Topgehälter"

Nach der World Top Income Database betrug in den USA der Anteil des reichsten Perzentils am Gesamteinkommen 22,46 Prozent. In Deutschland ist die Kluft noch nicht so stark gewachsen und liegt der Anteil der reichsten bei 12,71 Prozent, die ein jährliches Einkommen von mehr als 376.000 Euro haben. In Schweden liegt der Anteil bei 8,01 Prozent, in Italien bei 9,38, in Großbritannien bei 13,88, in der Schweiz bei 10,54 oder in Australien bei 9,17 Prozent..