Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz ist mit der NSA unter einer Decke

Nach einem geleakten geheimen Papier des Innenministeriums gibt der deutsche Inlandsgeheimdienst Daten an US-Geheimdienste weiter

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Dass die deutschen Geheimdienste eng verbunden mit den amerikanischen, allen voran mit der NSA, sind, haben die von Snowden an die Medien weiter gegebenen Geheimdokumente offenbart. Die deutsche Regierung streitet dies ebenso ab wie etwa der Bundesnachrichtendienst, der auch das Lauschprogramm XKeyscore zu nutzen scheint. Angeblich würden vom BND keine personenbezogenen Daten von Deutschen weitergeleitet. Kanzleramtschef hatte ja auch schon einen Schlussstrich gezogen und befunden, dass alles nach Recht und Ordnung geschieht. Und schließlich wird man mit den transatlantischen Freunden ja auch ein "No-Spy-Abkommen" abschließen.

Jetzt berichten die Süddeutsche Zeitung und der NDR aufgrund eines von der Bundesregierung als geheim eingestuften Papiers, dass auch der das Bundesamt für Verfassungsschutz, also der deutsche Inlandsgeheimdienst, gerne Daten an den US-Auslandsgeheimdienst NSA weitergibt. Damit wird es jetzt schon ernster für die Bundesregierung, die möglichst Unkenntnis vorgeschoben hat, wenn es um die genaueren Details der Zusammenarbeit deutschen und amerikanischen Geheimdienste ging Man arbeitet beim Verfassungsschutz auch mit einem militärischen US-Geheimdienst zusammen. Ob die Quelle des Dokuments wieder Snowden war, teilen SZ und NDR nicht mit. Es könnte also durchaus ein deutscher Whistleblower sein, der vor der Wahl die Regierung noch einmal bloßstellen will.

Wie üblich handelt es sich um Tauschgeschäfte. Wenn du mir was gibst, kriegst du auch was. Und weil die Geheimdienstbranche in den USA mit Zehntausenden von Mitarbeitern und einem Budget von Dutzenden Milliarden US-Dollar einfach mehr kann, handelt es sich wohl im asymmetrische Beziehungen und deutschen Abhängigkeiten. Jedenfalls soll der Verfassungsschutz von amerikanischen Geheimdiensten in den letzten vier Jahren 4.700 Verbindungsdaten erhalten haben, die der BND vermutlich vom NSA bekommen und an das BfV weiter geleitet hat. Dabei soll es sich weitgehend um "verdächtig erscheinende Kommunikationsdaten" von abgehörten Telefonen handeln (was auch die Frage entstehen lässt, ob denn die Regierung auch mal zur Aufklärung der NSU-Morde bei der NSA nachgefragt hat).

Im Gegenzug hat der deutsche Inlandsgeheimdienst nach dem geleakten Dokument 2012 864 Datensätze an die US-Geheimdienste und 657 an die britischen Geheimdienste weitergereicht. Zu vermuten ist, so SZ und NDR wohl zurecht, dass es sich dabei auch um Daten von Deutschen handelt. Vertreter der NSA und des BfV treffen sich auch wöchentlich in der "BfV-Liegenschaft Treptow", um angeblich Islamismus-relevante Informationen auszutauschen, was dem Parlamengarischen Kontrollgremium bekannt sei. Ein Treffen fand auch im Dagger-Complex, der NSA Abhörzentrale in Deutschland, statt, BfV-Mitarbeiter reisen auch in die USA, um sich mit NSA-Mitarbeitern zu treffen.

Interessant ist, dass auch der Inlandsgeheimdienst seit Juli 2013 das Lauschprogramm XKeyscore "testet". Sollte man die Software übernehmen, habe sich das BfV verpflichtet, "alle Erkenntnisse mit der NSA zu teilen". Das hat Hans-Georg Maßen der NSA zugesichert. Er lässt sich auch auf der Website seines Amtes mit dem Spruch zitieren: "Wir sind ein Dienstleister für Demokratie."

Das sieht dann ganz so aus, dass der BfV von dem Lauschprogramm profitieren will, dafür aber auch für die NSA innerhalb Deutschlands Daten sammelt und weiter leitet. Beim BND versicherte Pofalla, dass die Daten von Deutschen durch "mehrstufige Verfahren herausgefiltert" würden. Und beim BfV, der ja keineswegs nur in Deutschland lebende Ausländer beobachtet? Wird da dann auch mehrstufig herausgefiltert? Es scheint so, als würde es jetzt die Bundesregierung oder zumindest das Innenministerium kalt erwischen. Allerdings scheint das wilde staatliche Lauschen und Datensammeln die Bürger kaum zu berühren.