Geheimdienste: Worüber die Bundesregierung nicht sprechen will

Geheimnisvolle Abhöranlage der Bundeswehr in Gablingen, bis 1998 wurde die Anlage von der US-Armee betrieben. Eigentlich soll aber der BND jetzt hier arbeiten. Bild: Chaddy/CC-BY-SA-3.0

Über die Zusammenarbeit mit ausländischen Geheimdiensten und deren Aktivitäten weiß die Bundesregierung angeblich nichts oder stellt die Antwort auf eine Kleine Anfrage unter Geheimhaltung

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Ulla Jelpke, die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, und die Linksfraktion haben in einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung Aufklärung über die deutsch-amerikanischen "Beziehungen im Bereich der elektronischen Kriegsführung" gebeten. Kriegsführung ist wahrscheinlich ein wenig überspitzt formuliert, die linken Abgeordneten wollten wissen, inwieweit die Bundesregierung mit amerikanischen Geheimdiensten zusammenarbeitet und Daten übermittelt.

In ihrer Antwort zeigt sich die Bundesregierung bzw. das Bundesinnenministerium nicht sonderlich auskunftsfreudig und hält nach dem Vorbild der USA geheim, was die Geheimdienste machen. Man windet sich aus der Beantwortung von Fragen sophistisch heraus oder will lieber erst gar nichts wissen. Alles natürlich nur zum Schutz der "Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland" und deren Interessen. Vor allem der "Schutz der technischen Aufklärungsfähigkeiten der Nachrichtendienste im Bereich der Fernmeldeaufklärung" scheint nach der Argumentation direkt mit dem Staatswohl verbunden zu sein. Die Antworten auf drei Fragen wurden daher zur "Verschlusssache mit dem Geheimhaltungsgrad VS-GEHEIM" erklärt.

Unbefugte, zu denen dann eben auch die deutschen Bürger zählen, dürfen etwa nichts über die Einrichtungen in- und ausländischer Nachrichtendienste auf deutschem Territorium wissen. Gefragt wurde auch nach gemeinsam genutzten Einrichtungen und nach den rechtlichen Grundlagen dafür. Die Antwort hätte uns alle sehr interessiert, sie wurde aber eben nur zum Staatswohl bei der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestags hinterlegt. Das 2002 unter der rot-grünen Regierung abgeschlossene Abkommen über die Zusammenarbeit von BND und NSA geht die Öffentlichkeit ebenfalls nichts an. Wir wissen nicht einmal, ob diese Information der Sicherheit des Staates oder dessen Interessen gefährdet. Auf wessen Anregung es zustande kam, wie lange es gelten sollte und was sein Inhalt ist, bleibt geheim.

Auf die Frage, welche "Abkommen, die es ausländischen Nachrichtendiensten die Nutzung von Infrastruktur in Deutschland gestatten", es seit Gründung der BRD gibt, heißt es von der Regierung, dass keine solchen "völkerrechtlich verbindlichen Abkommen" geschlossen wurden. Das ist allerdings nur eine Teilantwort, schließlich müssten solche Abkommen zwischen Geheimdiensten keineswegs völkerrechtlich verbindlich sein. Das zeigt auch die Antwort auf Frage 5, in der die Datenweitergabe des BND an ausländische Nachrichtendienste auch nicht durch völkerrechtsverbindliche Abkommen, sondern auf "einschlägige Übermittlungsvorschriften" von Gesetzen wie des Bundesverfassungsschutzgesetzes oder Artikel-10-Gesetzes beruhen. Es gebe kein Abkommen, um zu unterbinden, dass übermittelte Mobilfunkdaten zur Lokalisierung und zur "gezielten Tötung" eines Menschen verwendet werden.

In der Antwort auf eine frühere Kleine Anfrage hieß es wenig glaubhaft: "Die Sicherheitsbehörden des Bundes geben grundsätzlich keine Informationen weiter, die unmittelbar für eine zielgenaue Lokalisierung benutzt werden können." Immerhin werden, wie die Bundesregierung einräumte, GSM-Mobilfunknummern weiter gegeben. Jetzt fügt man noch hinzu, dass Übermittlungen an US-Nacchrichtendienste "mit einer negativen Zweckbindung in diesem Sinne versehen ("Disclaimer")" werden. Das klingt danach, dass man ja gesagt hat, diese Daten nicht zu gezielten Tötungen zu verwenden, aber wenn kein Abkommen besteht, können die Empfänger damit machen, was sie wollen.

Gleichwohl wird auf die Fragen, ob es Abkommen gibt, die deutschen Nachrichtendiensten die Nutzung ausländischer Infrastruktur im Inland oder im Ausland erlauben, wieder geantwortet, dass es hier keine völkerrechtlich verbindlichen Abkommen gibt, was wiederum keineswegs heißt, dass dies nicht praktiziert wird.

Und wir erfahren auch, dass die Bundesrepublik kein Mitglied der UKASA-Vereinbarung war und ist, also des unter den Fittichen der NSA stehenden Lauschverbunds (USA, Großbritannien, Kanada, Australien, Neuseeland), der unter Namen Echelon Ende der 90er Jahre bekannt wurde, da auch hier - vor 11/9 - bereits weltweit abgehört und Industriespionage betrieben wurde. "Die Bundesrepublik", so die lapidare Antwort, "ist nicht Teil einer solchen Vereinbarung." Sie weiß auch nichts darüber, welchen Lauschaktivitäten die in Stuttgart befindlichen US-Regionalkommandos EUCOM und AFRICOM nachgehen oder ob sie sich mit elektronischer Kriegsführung befassen.

Wenig beruhigend ist auch wieder die zur Verschlusssache gemachte Antwort auf die Frage, wie der BND sicherstellt, dass die im Ausland abgegriffenen Daten keine personenbezogenen Daten von Deutschen enthalten, und ob er dies ausschließen kann.