Griechenland: Geburtenrate bricht ein, Zahl der Totgeburten steigt

Nach einer Studie ist weltweit die Zahl der Selbstmorde mit der Wirtschaftskrise gestiegen, in Griechenland wirken sich Arbeitslosigkeit und Sparmaßnahmen im Gesundheitssystem auf die Geburtenrate aus

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Nach einer im British Medical Journal veröffentlichten Studie hat die globale Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008 die Zahl der Selbstmorde in die Höhe getrieben – vor allem bei Männern. 2009 habe es in den untersuchten Ländern einen Anstieg bei Männern um 3,3 Prozent gegeben, was geschätzten zusätzlichen 5000 Selbstmordfällen entspricht, am stärksten in den neuen EU-Ländern, gefolgt von den USA und Kanada.

Die Forscher sehen einen Zusammenhang mit der gestiegenen Arbeitslosigkeit, besonders in Ländern, wo es vor der Krise eine geringe Arbeitslosenrate gegeben hat. Auf jeden Selbstmord kommen zudem 40 Selbstmordversuche, die nicht gelingen. In den europäischen Ländern stieg die Selbstmordrate vor allem bei den jüngeren Männern an, in Nordamerika bei den 45-64-Jährigen.

Die Entwicklung in Griechenland liegt in dieser Studie durchaus im Rahmen anderer Länder wie Deutschland oder Frankreich. Allerdings ist in Griechenland die Krise erst später und durch die massiven Sparmaßnahmen tiefer geworden, so dass davon auszugehen ist, sollte die Verbindung zwischen steigender Arbeitslosigkeit und Selbstmordrate zutreffen, worauf auch andere Studie verweisen (Rezession treibt mehr Menschen in den Selbstmord), die Zahl der Selbstmorde seitdem gestiegen ist.

In Griechenland ist jedoch nach Angaben von Christina Papanikolaou vom griechischen Gesundheitsministerium die Geburtsrate in den letzten vier Jahren um 10 Prozent zurückgegangen, weitaus mehr als in anderen europäischen Ländern. Für Papanikolaou ist dies "eine natürliche Folge der harten Sparmaßnahmen und der Rekordarbeitslosigkeit", sagte sie dem britischen Guardian. Es sei das Spiegelbild für den Einbruch des BIP um 25 Prozent. Nach den Zahlen staatlichen Instituts für Kindermedizin ist die Geburtenrate von 118.302 im Jahr 2008 auf 100.980 im Jahr 2012 gesunken.

Zwar ist die Geburtenrate in Griechenland wie in anderen Ländern schon länger zurückgegangen, aber durch die Wirtschaftskrise ist sie auch nach Ansicht des Gesundheitsministers Adonis Georgiadis eingebrochen, während die Zahl der Totgeburten um fast 22 Prozent angestiegen sei. Die von der Troika auferlegten Sparmaßnahmen und die "marktorientierte Reformierung" des Gesundheitssystems haben auch zur Verschlechterung der medizinischen Versorgung geführt, worauf auch mit drastischen Worten eine Studie hingewiesen hatte ("Austeritätspolitik ist unwissenschaftlich und gefährlich"). Die Ausgaben wurden um 40 Prozent gekürzt. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit kommt hinzu, dass die Arbeitslosen aus der Gesundheitsversicherung herausfallen und nicht mehr kostenlos versorgt werden (Griechenland: "Arbeitslosigkeit bedeutet den Tod"). Schwangere Frauen, so Papanikolaou, würden nicht mehr unterstützt und untersucht werden, wenn sie es nicht selbst aus eigener Tasche bezahlen können.