Nur 3,2 Prozent aller Menschen sind aus ihrem Geburtsland ausgewandert

Durchschnittliche Veränderungsrate der internationalen Migration in Prozent.

Nach UN-Schätzungen wandern nicht mehr Menschen aus dem globalen Süden in den reichen Norden als in ein anderes Entwicklungsland, 90 Prozent der Flüchtlinge leben in Entwicklungsländern

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Globalisierung, so könnte man meinen, ist nicht nur die globale Bewegung von Gütern, Vermögen und Informationen, sondern auch der Menschen, die zu Migranten werden. Interessant ist, dass sich zwar viele Menschen zeitweise als Touristen oder beruflich über Grenzen hinweg reisen, aber dass die Migration weiterhin ein ziemlich kleines Phänomen ist.

Gerade einmal 3,2 Prozent der Menschheit, das sind 232 Millionen Menschen, leben in Ländern, in denen sie nicht geboren wurden, so der UN-Bericht International Migration 2013. Das ist überraschend wenig, wenn auch 33 Prozent mehr als 2000, zumal die reichen Länder sich in Festungen, in gated nations, verwandeln, um die fantasierten Migrationsströme abzuwehren, die in Krisen wie jetzt beispielsweise im syrischen Bürgerkrieg in die nicht sonderlich reichen Nachbarländer Jordanien, Libanon oder den Irak, aber natürlich auch in die Türkei gelangen. Flüchtlinge machen 2013 mit 15,7 Millionen oder 7 Prozent nur einen kleinen Teil der Migranten aus. Fast 90 Prozent davon leben in Entwicklungsländern!

60 Prozent der internationalen Migranten, zwei Drittel im arbeitsfähigen Alter zwischen 20 und 64 Jahren, weit mehr als die 58 Prozent im weltweiten Durchschnitt, leben in den reichen Ländern des Nordens. 2013 am meisten in den USA, gefolgt von Russland, Deutschland – das wirklich als Einwanderungsland gelten muss -, Saudi-Arabien, die Vereinten Arabischen Emirate, Großbritannien, Frankreich, Kanada, Australien und Spanien. Hingegen sind in Europa Portugal, Polen, Finnland oder Norwegen nicht so interessant.

Schaut man auf den prozentualen Anteil internationaler Migranten an der Gesamtbevölkerung, dann ist deren Anteil etwa in den USA, Kanada, in der Ukraine, in Saudi-Arabien, Libyen, Australien, Deutschland. Österreich, Schweiz, Frankreich, Belgien oder Norwegen höher als 10 Prozent. In Steueroasen wie Andorra, San Marino oder Monaco ist der Ausländeranteil natürlich wesentlich höher, im Vatikan steigt er sogar auf 100 Prozent. Global leben allerdings zwei Drittel der internationalen Migranten ziemlich gleich verteilt in Europa und in Asien. In China, Indien und einigen afrikanischen Ländern, aber auch in Mexiko oder erstaunlicherweise Brasilien haben Migranten nur einen Anteil von weniger als einem Prozent. Allerdings ist der Eindruck nach den UN-Schätzungen falsch, dass die überwiegende Mehrzahl Migranten aus armen Entwicklungsländern in die reichen Länder auswandert, was man auch Süd-Nord-Migration nennt. Auch wenn in den Industrieländern die Migranten einen durchschnittlichen Anteil von 11 Prozent der Gesamtbevölkerung stellen und in den Entwicklungsländern nur 2 Prozent, aber die Unterschiede sind hier groß, so täuscht der Eindruck.

Nach neuen Schätzungen, die Geburtsland und Zielland der Migranten einbeziehen, war die Süd-Süd-Migration 1990 am stärksten ausgeprägt. Danach wusch der Anteil der Süd-Nord-Migration stärker, ab 2000 lag die Süd-Nord-Migration in etwa gleich mit der Süd-Süd-Migration, wobei allerdings die Migration vom Süden in den Süden wieder etwas stärker wuchs als die vom Süden in den Norden. 2013 sollen nach den Schätzungen 82,3 Millionen, die in Entwicklungsländern geboren wurden, in anderen Ländern des globalen Süden leben, während mit 81,9 Millionen fast genau so viel aus dem Süden in den Norden abgewandert sind. Die meisten dieser Migranten stammen aus Asien, gefolgt von Menschen aus Lateinamerika. Aus dem Norden in den globalen Süden wandern hingegen nur 13,7 Millionen aus, von Norden nach Norden sind es 53,7 Millionen.

Die "Süd-Süd-Migration" könnte man dadurch erklären, dass Auswanderer und Flüchtlinge nicht die notwendigen Mittel haben, um in die reichen Länder zu gelangen, und/oder den einfacheren, schnelleren und billigeren Weg in die Nachbarländer bevorzugen, wo sie auch leichter in Kontakt mit ihren Familien bleiben können. Möglicherweise wird diese Migration durch wirtschaftliche Fortschritte in den Entwicklungsländern begünstigt, dazu tragen aber auch regionale Konflikte vorbei.

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