Wer schon früh viel veröffentlicht, erhöht seine Karrierechancen in der Wissenschaft

Nach einer Untersuchung ist die Zahl der Publikationen bis zur Promotion ein Indikator für den späteren Erfolg

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In der Wissenschaft zählt mehr denn je die Zahl der Publikationen, die veröffentlicht werden. "Publish oder perish" heißt der entsprechende Slogan für diejenigen Wissenschaftler, die Karriere an guten Universitäten machen und Forschungsgelder einfahren wollen. Der Erfolg wird nicht durch die Zahl der Veröffentlichungen, sondern auch dadurch quantifiziert, wie oft ein Autor von anderen zitiert wird. Zudem sollten die Veröffentlichungen in den richtigen Zeitschriften erfolgen. Je größer der mutmaßliche Einfluss (impact) einer Zeitschrift ist, also desto mehr Artikel aus einer Zeitschrift zitiert werden, desto mehr ist eine Veröffentlichung auch eine akademische Trophäe.

Wegen ihres Impact Factor angesehene Zeitschriften werden daher von Einreichungen überschwemmt und lehnen oft mehr als die Hälfte ab. Allerdings misst dieser rein quantitativ, über die Qualität einer Zeitschrift und der in dieser veröffentlichten Artikel sagt dies nichts aus. Und weil die Karriere von der Liste der Publikationen abhängt, wird auf den Teufel heraus publiziert und gibt es dementsprechend immer mehr Zeitschriften oder Online-Fachjournale, wobei natürlich auch die wachsende Zahl der Wissenschaftler eine entscheidende Rolle spielt.

Wie aber wird man zu einem erfolgreichen Wissenschaftler, der viele Publikationen vorweisen kann? Australische Wissenschaftler unter der Leitung von William Laurance von der James Cook University haben dies in der Biologie untersucht, wie sie in der Zeitschrift BioScience (Impact Factor: 4.621) schreiben, indem sie fragten, ob sich vorhersagen lässt, welche jungen Wissenschaftler im Verlauf ihrer Karriere viel produzieren werden. Sie wählten dafür weltweit 1447 Biologen und Umeltwissenschaftler von 35 Universitäten in Nord- und Südamerika, in Europa und Australien aus und untersuchten 182 im Detail, weil von diese vor 2000 promoviert hatten und es im Internet eine ausführliche Bibliographie gab. Repräsentativ ist die Auswahl keineswegs, zumal der Frauenanteil vergrößert wurde, da er bei den biologischen Instituten durchschnittlich nur bei 32 Prozent lag. Es wurden Biologinnen angeschrieben und weitere 21 Frauen in die Probe aufgenommen, die freilich ziemlich klein bleibt und deren Aussagekraft daher ziemlich beschränkt sein dürfte. Ausgewertet wurde die Publikationsgeschichte nach fünf Kriterien: Geschlecht, Englisch als Muttersprache (fast alle Zeitschriften publizieren nur englische Texte), Ansehen der Universität, Datum der ersten Veröffentlichung im Hinblick auf die Verleihung der Doktorwürde und Gesamtzahl der Veröffentlichung vor dem Erhalt der Promotion.

Die Wissenschaftler unterschieden sich bis zum Neunzigfachen in der Zahl der von ihnen publizierten wissenschaftlichen Artikeln nach der Promotion (0-87), das Ranking der Universitäten wies noch stärkere Unterschiede auf. Das Ergebnis ist ziemlich klar: Wer schon früh in seiner Karriere publiziert – und überdies männlich ist und Englisch als Muttersprache hat - , wird mit höherer Wahrscheinlichkeit auch langfristig erfolgreicher sein. Dabei spielt es kaum eine Rolle, an welcher Universität, ob in Harvard oder einer Provinzuniversität, man arbeitet, man muss nur als Student vor der Promotion schon damit begonnen haben. Die höchste Vorhersagekraft hat die Zahl der Veröffentlichungen vor bis 3 Jahre nach der Promotion.

Ob die weiter herrschende Dominanz der Männer in der wissenschaftlichen Hierarchie vor allem von der geringeren Zahl der wissenschaftlichen Veröffentlichungen von Frauen abhängt, ist fraglich. Je nach Fach und Land liegt der Anteil der Frauen an den Promovierten zwischen 40 und 77 Prozent, aber nur 10 Prozent bei den Professoren. Die Autoren räumen ein, dass es zahlreiche weitere Faktoren gibt, die zur wissenschaftlichen Karriere beitragen, aber zu den wichtigsten Fähigkeiten gehört für sie die Planung, die Durchführung und die Veröffentlichung von hoch angesiedelten Forschungsprojekten. Daher sollte bei Studenten schon früh im Studium das Bedürfnis geweckt werden, "effizient zu veröffentlichen". Das sei eine der besten Mittel, jungen Wissenschaftlern bei ihrer Karriere zu helfen.

Ungeklärt bleibt freilich, ob es wirklich nur die größere Zahl der Veröffentlichungen die Aussicht auf eine langfristige Karriere erhöht oder ob es nicht auch auf die Qualität der Veröffentlichungen und das Ansehen der Zeitschrift ankommt. Ob es der Wissenschaft langfristig gut tut, wenn der Druck noch weiter verstärkt wird, möglichst viel und schon möglichst früh zu veröffentlichen, ist eine andere Frage.