Blitz und Donner aus dem All

Energiereiche Ionen der kosmischen Strahlung tragen anscheinend zur Auslösung von Gewitterblitzen bei

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Auf der Erde gibt es im Mittel 100 Blitze pro Sekunde. Die Ursache eines Gewitters ist die Ladungstrennung innerhalb einer Wolke. Bisher war unklar, wie sich auf diese Weise die elektrische Durchbruchfeldstärke für Luft von 2,5 MV/m erreichen lässt.

Die kosmische Strahlung scheint des Rätsels Lösung zu sein, sie würde erklären, warum bereits bei einer elektrischen Feldstärke von 0,3 MV/m – das ist nur rund ein Zehntel der elektrischen Durchbruchfeldstärke der Luft und liegt im Bereich vorliegender Messwerte – atmosphärische Elektronenlawinen und somit Blitze entstehen können. Ein klärendes Experiment fehlt jedoch noch.

Eine feuchte Luftschicht in Bodennähe und ein großer vertikaler Temperaturgradient in der Atmosphäre sind Faktoren, die das Entstehen eines Gewitters begünstigen. Das Aufsteigen der feucht-warmen Luft kann ein Gewitter auslösen. Wegen der Aufwinde in den Wolken und der ungleichmäßigen Verteilung von Eis und Wasser in großen Höhen trennen sich die elektrischen Ladungen – das nennt sich Kontakt- oder Reibungselektrizität. Ist das so aufgebaute Feld stark genug für einen elektrischen Durchbruch, also einen Funkenüberschlag, so entlädt sich ein Blitz – soweit die bisherige Vorstellung.

Die gesamte freigesetzte Energie eines Blitzes beträgt rund 250 kWh. Nur ein Teil davon ließe sich als Elektrizität nutzen, der größere Teil wird abgestrahlt. (Bild: Wikipedia)

Leider hat sie einen entscheidenden Makel. Für einen elektrischen Durchbruch der Luft ist eine Feldstärke von rund 2,5 MV/m nötig; ein thermisch freigesetztes Elektron muss auf der mittleren freien Weglänge, die zur Moleküldichte umgekehrt proportional ist, eine kinetische Energie aufnehmen, die zur Ionisierung eines Stickstoff- oder Sauerstoffmoleküls ausreicht. Soweit bekannt, hat kein Forscher jemals eine so große elektrische Feldstärke in einer Gewitterwolke nachgewiesen, die gemessenen Werte liegen zwischen 0,1 und 0,4 MV/m. Lässt sich mittels Ladungstrennung in einer Wolke die für eine Entladung erforderliche elektrische Durchbruchfeldstärke von 2,5 MV/m erreichen?

Die Zeitschrift New Scientist berichtete am 7. Mai 2005 auf Seite 30 von einem anderen Ansatz; demnach rühren Gewitterblitze von energiereichen Ionen der kosmischen Strahlung her, auch Höhenstrahlung genannt. "Kein Mensch hat bislang kapiert, was hier los ist", meint Joe Dwyer, der an der Technischen Hochschule Floridas in Melbourne forscht. Er hofft, der Lösung des Problems nahe zu sein. Von Blitzen abgestrahlte hochenergetische Röntgenstrahlung (Bevor der Blitz zuschlägt) deutet auf die kosmische Strahlung als Ursache von Blitzen.

Ist das elektrische Feld stärker als die Durchbruchfeldstärke von 2,5 MV/m, so ionisiert das Feld die Luft spontan; die hierfür nötigen freien Elektronen entstehen thermisch. Hochenergetische Ionen der kosmischen Strahlung könnten bei elektrischen Feldstärken unter 2,5 MV/m Entladungen auslösen. Trifft ein solches Ion auf ein Luftmolekül, so kann es dieses ionisieren und wiederum extrem energiereiche Elektronen freisetzen. Das elektrische Feld der Gewitterwolke beschleunigt die Elektronen weiter, bis sie wiederum auf ein Luftmolekül treffen und dieses ionisieren. Das Ergebnis ist ein Lawinendurchbruch.

Der Vorteil dieser Erklärung: Sie setzt nur eine elektrische Feldstärke von 0,3 MV/m voraus – ein Wert, der mit den bekannten Messungen noch verträglich wäre. Energiereiche Elektronen können beim Auftreffen auf Materie Bremsstrahlung abstrahlen; Bremsstrahlung mit Photonenenergien von über 10 Megaelektronenvolt beobachteten bereits andere Wissenschaftler per Satellit (Hausgemachte Gammastrahlung in der Erdatmosphäre), was den neuen Ansatz stützt.