"Vielleicht sollten wir uns neu orientieren"

Union tastet sich an die Medien heran: Die "CDU MediaNight"

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Wenn es im Herbst eine neue Regierung unter Führung der CDU/CSU geben sollte, dürfte sich auch für die Medien, einen der letzten Wachstumszweige in Deutschland, einiges ändern. Aber was genau? Wie sieht die Medienpolitik aus, die eine Bundeskanzlerin Angela Merkel betreiben würde? Was will die CDU für den deutschen Film tun, wird sich die Fernsehlandschaft verändern, wie gestaltet sich überhaupt das Verhältnis zwischen wirtschaftlichen und kulturellen Zielen?

Die erste Gelegenheit, ein medienpolitisches Zeichen zu setzen, hat Angela Merkel am Dienstag verpasst. Die "CDU MediaNight", die wichtigste jährliche Medienveranstaltung der Union, war noch nie so begehrt wie in diesem Jahr. Kein Wunder, denn man weiß ja nie: "Vielleicht sollten wir uns neu orientieren..." war der schönste der vielen hübschen Gesprächsfetzen auf dieser ersten vorgezogenen Wahlparty der Union.

Heiner Lauterbach mit seiner Frau Viktoria, ProSiebenSat.1-Chef Guillaume de Posch und die CDU-Vorsitzende Angela Merkel. Bild: CDU

Die Kanzlerkandidatin freilich blieb bei ihrer "MediaNight"-Rede, ihrer ersten medienpolitischen Äußerung seit Ankündigung der vorgezogenen Bundestagswahl, äußert vage. "Wir bekennen uns zum deutschen Rundfunksystem" - das war fast schon die substantiellste Äußerung, die sich Merkel entlockte, verbunden mit leisem Spott über die soeben bekannt gewordene Klage der ARD-Anstalten gegen das Verfahren zur Festlegung der Rundfunkgebühr: "Wenn man nicht weiter weiß, dann geht man vor Gericht und guckt, was rauskommt." Sie hoffe nur, dass die öffentlich-rechtlichen Sender "in der Sehnsucht nach tollen Quoten" nicht alles vergessen, "was Minderheiten auch noch interessiert".

Auch andere Bemerkungen in der Rede Merkels taugten eher fürs Poesiealbum als für die politische Praxis. Im hellrosa Jäckchen erschien Merkel im randvollen Foyer der Berliner CDU-Zentrale, verhaltener Beifall, knappes Begrüßungsgeratter von Generalsekretär Kauder, dann hebt Merkel an und spricht über das, "was ein Volk zusammenhält, nämlich Kultur, was Spaß und Freude macht". Gesteht, dass Popmusik zu den Bereichen ihres Lebens gehöre, "wo ich nicht mal die richtigen Fragen stellen kann".

Dann doch eine Frage: Ob Deutschland eigentlich risikofreudig genug ist, "auch mal einen Flop zu wagen", sich "ein Stück weit ins Ungewisse" zu trauen, "mit langem Atem" zu produzieren. Sympathisierendes Stirnrunzeln unter den Gästen aus der Medienbranche. Schließlich: Deutschland habe keinen Grund, "sich wegdrücken zu lassen, vor China und Japan und Indien in die Knie zu gehen": "Wir haben Ansprüche zu stellen." Am Ende dann noch der unvermeidliche Satz von den "politischen Rahmenbedingungen", die man ändern müsse. Stimmt, ja. Fast hätten wir's vergessen. Aber welche? Und wie? Beifall, "Das Buffet ist eröffnet", sagt Kauder.

Zuvor war es zumindest etwas konkreter zugegangen. Das lag vor allem an Bernd Neumann, der für die Union im Bundestag für Kultur und Medien zuständig ist. "Was wollt ihr eigentlich von uns?", fragte Neumann in die Runde des von ihm moderierten Panels über den deutschen Film. Und klagte im Anschluss darüber, dass die Branche überhaupt "keine einheitliche Meinung" habe. Wer danach den geladenen Produzenten zuhörte, konnte dieser Diagnose nur zustimmen. Eberhard Junkersdorf wetterte gegen den Medienerlass der Bundesregierung - "Damit wird eine ganze Filmwirtschaft kaputt gemacht." -, klagte über das Urheberrecht und forderte eine Übergangsregelung bei der Abschaffung der Filmfonds.

Dieter Wedel schimpfte nicht auf die Politiker, sondern auf "das Bildungsbürgertum". Massenhaftigkeit ist noch immer etwas Anrüchiges, "Das Anrüchige am Untergang ist, dass er so viele Zuschauer hat." Nur Thilo Kleine wusste immerhin: "Erfolg im kulturellen Bereich adelt nicht sofort". Überhaupt war der zuletzt durch den Schleichwerbungsskandal arg angeschlagene Bavaria-Boss im Gegensatz zu seinen Kollegen immerhin konkret und ein wenig selbstkritisch. Natürlich spottet es sich für ihn noch relativ leicht über "die 150 deutschen Produzenten, die sich in vier Produzentenverbänden aufspalten, und dann sicherheitshalber gleich in drei oder vier Mitglied sind."

Immerhin eine politische Änderung unter CDU-Ägide deutete sich in der Panel-Diskussion an: Die in Deutschland vergleichsweise unsichere Rechtsstellung des Produzenten dürfte verstärkt werden. Zu erwarten ist, dass das Urheberrecht nach dem Vorbild anderer Länder verwertungsfreundlicher gestaltet werden dürfte - das heißt zum Beispiel, dass TV-Rechte früher an die Produzenten zurückfallen und dort, wo TV-Anstalten als Koproduzenten auftreten ,aber leichter und länger möglich sind - gegen entsprechende Tantiemen.