Moleküle als neue Photonenquelle

Licht für den Rechner

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Physikalische Chemiker der Ludwig-Maximilians-Universität München haben die Grundlage für einen neuen Typ eines Quantencomputers entwickelt. Hier sollen einzelne Moleküle, die sich als Dotierung in einem Polymer oder Kristall befinden, als Photonenquelle dienen. Die erzeugten Lichtquanten eignen sich als Qubits.

Seit den 50er Jahren sind Computer aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Von den riesigen Röhrenrechnern aus der Anfangszeit über die Transistortechnik, erst mit Germanium, später mit dem heute noch üblichen Silizium, war es zu den modernen Hochleistungsrechnern der heutigen Zeit ein weiter Weg. Seit den frühen 60er Jahren gilt für alle Entwickler von Halbleiterelementen das so genannte MooreŽsche Gesetz: Danach halbiert sich alle 18 Monate die Größe der hergestellten Schaltelemente. Die Folgen sind absehbar: Irgendwann erreichen die Halbleiter die Größe einzelner Atome. Es treten Quanteneffekte auf und das MooreŽsche Gesetz würde seine Grenze finden.

Emissionsspektrum eines einzelnen Moleküls. (Bild: Andreas Zumbusch)

Deshalb suchen Forscher seit Jahren nach neuen Möglichkeiten, auf dem begrenzten Raum Information möglichst effizient zu verarbeiten. Einen solchen Weg könnte der Quantencomputer weisen: Hier wird die Information nicht mehr in Form binärer Bits gespeichert, sondern als so genannte Qubits. Darunter versteht der Physiker die kleinsten Informationseinheiten des Quantencomputers.

Anders als ein Bit kann das Qubit als quantenmechanische Einheit nicht nur die Werte „Eins“ und „Null“ annehmen. Denn es ist als eine Überlagerung der zwei Werte vorstellbar. Erzeugt werden Qubits durch die „Verschränkung“ einzelner Zustände, beispielsweise in Atomen oder von Photonen. Das heißt, ein Paar von Photonen „weiß“ voneinander, weil beide zum gleichen „Elternhaus“ gehören. Auf diese Weise können in einem Qubit mehr Daten gespeichert werden als in einem normalen Bit.

Der Forscher Andreas Zumbusch in seinem Büro. (Bild: LMU München)

Zusammen mit anderen Forschern am Lehrstuhl von Christoph Bräuchle am Chemie-Department der Ludwig-Maximilians-Universität in München stellt nun der Physiker Andreas Zumbusch – derzeit am Department of Physics and Astronomy University College London – eine neue Lichtquelle für optische Quantencomputer vor: Für den Bau solcher Rechner, die mit Licht arbeiten, brauchen Forscher eine große Menge an Photonen. „Dazu benötigen wir aber völlig neuartige Lichtquellen“, erklärt Zumbusch. „Sie müssen ein Lichtquant nach dem anderen aussenden, und diese dürfen sich in keiner ihrer physikalischen Eigenschaften, etwa in der Frequenz, also Farbe, oder Polarisation, unterscheiden.“ Beschrieben wird dies in Physical Review Letters, Band 94, Seite 223602, 2005.

Bislang erreichten die Physiker ihr Ziel, indem sie einen extrem abgeschwächten Laser als Lichtquelle verwendeten. Dieser hatte den Nachteil, dass die Wissenschaftler nur mit sehr geringen Flüssen von Photonen arbeiten konnten. In einem neuen Ansatz betrachten Forscher ein einzelnes Quantensystem als Lichtquelle. Oft werden so genannte Quantenpunkte (quantum dots) aus Halbleitermaterialien verwendet. Diese können angeregt werden und unentwegt ein Photon nach dem anderen aussenden. Aber der Einsatz von Quantenpunkten ist begrenzt: Sie koppeln ans benachbarte Kristallgitter, was zu einer unerwünschten breiten Frequenzverteilung führt.

Versuchsaufbau von Andreas Zumbusch. (Bild: Andreas Zumbusch)

Daher behalf sich Zumbusch eines Tricks: Als Quelle für Photonen dienen einzelne Moleküle, die als „Verunreinigung“ in einem Kristallgitter gefangen sind. Er benutzt vorwiegend aromatische Kohlenwasserstoffe, die mit Photonen angeregt werden und dann wieder Licht, die so genannte Fluoreszenz, aussenden. Zumbuschs Gruppe konnte zeigen, dass dieses Fluoreszenzlicht eines einzelnen Moleküls alle gewünschten Eigenschaften hat. Darüber hinaus können die Münchner Forscher mit einem Molekül gar mehrere Tage arbeiten.

„Das Wichtigste ist, dass die Photonen ununterscheidbar sind“, betont Zumbusch. Dies bewies das Forscherteam mit Hilfe der Zwei-Phaseninterferenz: Zwei Photonen werden nacheinander emittiert. Damit beide zeitgleich auf dem Detektor auftreffen, legt das erste einen etwas längeren Weg zurück. Beide Lichtquanten konnten am Ende nur noch als ein Teilchen nachgewiesen werden. Dies gilt als Beweis für die Ununterscheidbarkeit der Teilchen. Wichtig ist für zukünftige Anwendungen, das mit der neuen Lichtquelle bis zu einer Milliarde ununterscheidbare Photonen pro Sekunde erzeugt werden können.

Versuchsaufbau von Andreas Zumbusch. (Bild: Andreas Zumbusch)

„Den Quantencomputer werden wir auch mit unseren Ergebnissen vorerst noch nicht bauen können“, meint der Münchner Wissenschaftler. Allerdings plant er nun, Photonen auf Knopfdruck zu erzeugen. Somit könnte der „Molekül“-Computer einen wichtigen Schritt nach vorn darstellen, neue Rechner zu entwickeln und zu realisieren.