Sprints mit 40 cm/sek

Bei der RoboCup-WM in Osaka vom 13. bis 17. Juli treten deutsche Teams als Titelverteidiger an

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Bis zu 450.000 Zuschauer würden kommende Woche in Osaka erwartet, erzählen sich deutsche RoboCup-Teilnehmer. Aber Yukiko Matsuoka, Sprecherin derInternational RoboCup Federation winkt ab: Sie rechnet bei der neunten Weltmeisterschaft im Roboterfußball mit etwa 200.000 Besuchern. Auch das wäre gegenüber den 120.000 bei der WM 2002 in Fukuoka noch ein bemerkenswerter Anstieg.

Brainstormers (Osnabrück) vs. NimbRo (Freiburg) in der Humanoid League auf der German Open 2005. Bild: K. Häger)

Ein Höhepunkt dürften die erstmals bei diesem Turnier veranstalteten Teamspiele humanoider Roboter werden. Bislang haben sich deren Wettkämpfe auf Basistechniken wie Laufen, Kicken und Strafstöße beschränkt. Jetzt sollen erstmals jeweils zwei Spieler gegeneinander antreten, über zwei achtminütige Halbzeiten.

Bei den RoboCup German Open im April hatten zwei deutsche Teams von den Universitäten Freiburg und Osnabrück auch bereits solche Spiele durchgeführt. Die verwendete Hardware, der Spielzeugroboter Robo Sapien, setzte den spielerischen Möglichkeiten jedoch enge Grenzen. Bei der Weltmeisterschaft wird der Einsatz eines kommerziell erhältlichen Roboters zwar mit einem Performance-Faktor von 1,2 belohnt. Doch das dürfte wenig helfen gegen zweibeinige Kickmaschinen wie Vision aus Osaka, die schon bei der letzten Weltmeisterschaft großen Eindruck machten.

Erstmals in der Humanoid League dabei ist ein Team aus Thailand, das mit dem 33 Zentimeter großen „Jaidee“ bei den Basiswettbewerben punkten will. Dominiert wird diese Spielklasse aber eindeutig von den Japanern.

VisON von Team Osaka

Auch in der Middle Size League und bei den Rettungsrobotern müsse man auf die japanischen Teams achten, sagt Paul G. Plöger vom Fraunhofer-Institut für Autonome Intelligente Systeme. Plöger organisiert den Wettbewerb in der Middle Size League, nimmt aber selbst mit seinem Team nicht teil, weil die Reise nach Japan zu teuer geworden wäre. Das gilt leider auch für die Brainstormer‘s Tribots aus Osnabrück, die bei den German Open den Titelpokal geholt haben und bei der Weltmeisterschaft sehr gute Chancen gehabt hätten.

In der Liga der vierbeinigen Roboter tritt das von vier Universitäten gebildete German Team als Titelverteidiger an. Teamchef Thomas Röfer von der Universität Bremen dämpft die Erwartungen: „Wir haben uns vorgenommen, die Vorrunde zu überstehen.“ Alles weitere lässt sich nicht vorhersehen, zumal der Softwarecode, mit dem das German Team die letzte Weltmeisterschaft gewonnen hat, frei zugänglich ist. Immerhin konnte die an der Universität Dortmund entwickelte neue Lauftechnik verfeinert werden. „Wir erreichen jetzt über 40 Zentimeter pro Sekunde“, sagt Röfer. Normalerweise läuft ein Aibo-Roboter, wie er in dieser Spielklasse verwendet wird, maximal 15 Zentimeter pro Sekunde. „Wir sind damit hart am technischen Limit“, so Röfer, „und haben entsprechend häufig Reparaturen.“

Davon kann auch Raúl Rojas ein Lied singen, der mit den FU Fighters in der Middle Size und in der Small Size League antritt, in letzterer ebenfalls als Titelverteidiger. „Uns brennen ständig die Motoren durch, weil wir sie mit mehr als der zulässigen Spannung betreiben“, sagt der Informatik-Professor von der Freien Universität Berlin. Immerhin, im vergangenen Jahr hat es, nach vielen zweiten Plätzen, den Weltmeistertitel gebracht.

Rojas wird in Osaka zum letzten Mal an einem RoboCup-Wettbewerb teilnehmen. Die Anregungen und Inspirationen, die er daraus für Forschung und Lehre ziehen konnte, haben sich nach sieben WM-Turnieren für ihn erst einmal erschöpft. Der Robotik bleibt er aber vorerst ebenso treu wie dem Fußball: Bis zur Fußball-WM im kommenden Jahr will er in Zusammenarbeit mit mehreren Forschungsinstituten einen geländegängigen Roboter entwickeln, der in einem normalen Fußballstadion seine Kickfähigkeiten demonstrieren soll.

Vom Autor ist zum Thema in der Telepolis-Reihe das Buch erschienen:

Hans-Dieter Burkhard/Hans-Arthur Marsiske: Endspiel 2050. Wie Roboter Fußball spielen lernen.