Whisky statt Allah?

Luai Sakra, Al-Qaidas angebliche "Nr 5", wurde in der Türkei gefasst und offenbart sich als Mehrfach-Agent und Alkoholfreund

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

„Al-Qaeda, a Secret Service Operation?“, betitelt die türkische Netzzeitung Zaman einen Bericht über einen vermeintlichen Top-Terroristen, der letzte Woche in der Türkei verhaftet wurde. Der Syrer Luai Sakra, der von den USA als „Nr. 5“ in der Al-Qaida-Hierarchie eingestuft wird, soll für die Bombenanschläge in Istanbul im vergangenen November verantwortlich sein, bei denen 60 Menschen getötet wurden.

Sakra, the fifth most senior man in Osama bin Ladin’s al-Qaeda that has challenged the whole world from a base in the Afghan mountains, is in the hands of Turkish Justice. Sakra has been sought by the secret services since 2000. The US Central Intelligence Agency (CIA) interrogated him twice before. Following the interrogation CIA offered him employment. He also received a large sum of money by CIA. However the CIA eventually lost contact with him. Following this development, in 2000 the CIA passed intelligence about Sakra through a classified notice to Turkey, calling for the Turkish National Security Organization (MIT) to capture him.

Nicht nur der US-Geheimdienst hatte Sakra ein Jobangebot gemacht, auch der syrische „Al-Mukhabarat“ hatte ihn verhaftet, verhört und einen offenbar erfolgreichen Anwerbungsversuch unternommen: „Sakra wurde zu einem Triple Agent für die Geheimdienste.“ Doch dies ist nur eine der erstaunlichen Erkenntnisse, die aus den viertägigen Verhören Sakras an die Öffentlichkeit drangen und nicht nur den Staatsanwalt überraschten. Als ihm erlaubt wurde, während der Verhöre seinen Gebeten nachzukommen, soll er geantwortet haben:

I do not pray. I do not like praying. I do drink alcohol and I prefer like whisky and wine.

Weiter behauptet Sakra, der laut Spiegel-Online als Schläfer im Schwarzwald 2000 einen Asylantrag in Baden-Württemberg gestellt hat, in die Vorbereitungen der 9/11-Attacken involviert gewesen zu sein. Er habe Geldfluss und Papiere für die „Hijacker“ organisiert und unter anderem auch jenen magischen Reisepass geliefert, der den WTC-Crash unbeschadet überlebt haben soll. Des weiteren soll Sakra bestritten haben, dass er mit den Anschlägen im ägyptischen Sharm Al Sheik und den Bomben in London am 7.7. etwas zu tun gehabt hätte, von letzteren hätte er nur gewusst – „nicht mehr“.

Die Bekenntnisse dieses trinkfreudigen „Islamisten“, der auch mit dem vermeintlichen 9/11-Anführer Mohamed Atta in Kontakt gestanden haben soll und seit Jahren offenbar als Doppel-oder Dreifach-Agent aktiv ist, korrespondieren auf merkwürdige Weise mit den letzte Woche von der New York Times berichteten neuen Erkenntnisse über die Hintergründe des 11.9. Mohamed Atta und drei weitere der „Hijacker“ sollen schon ein Jahr vor der Tat von einer Spezialeinheit des militärischen Geheimdienstes als Terrorzelle identifiziert und dem Pentagon gemeldet worden sein:

The intelligence unit, a small, highly classified team called Able Danger, prepared a chart in the summer of 2000 that included visa photographs of the four men, including the ringleader, Mohammed Atta. The unit recommended to the military's Special Operations Command that the information be shared with the FBI, according to the former official and the Republican member of Congress, Curt Weldon of Pennsylvania. The recommendation was rejected, and the information was not shared, they said, apparently at least in part because Atta and the others were in the United States on valid entry visas. Under U.S. law, intelligence agencies may not collect intelligence on individual citizens and permanent residents. That protection does not extend to visa holders, but Weldon and the former official said it might have reinforced a sense of discomfort common before Sept. 11 about sharing intelligence information with a law enforcement agency.

Für Leser der „WTC-Conspiracy“-Kolumne mag die Tatsache, dass sich bei Atta & Co. in der Hamburger Marienstraße und anderswo diverse Geheimdienste die Klinke in die Hand gaben, keine besondere Neuigkeit darstellen – in den USA indessen hat diese „Enthüllung“ für große Aufregung gesorgt, sogar dem rechtslastigen TV-Kanal Fox-News schwant: 'Able Danger' Could Rewrite History.

Steht also ein Revisionismus der 9/11-Legende jetzt bevor - oder ist dies nur eine weiteres Häppchen für die Theorie von Pleiten, Pech und Pannen, nach der eine unglückselige Serie von bürokratischer Inkompetenz und „Geheimdienstfehlern“ dazu führte, dass sich die 19 „Hijacker“ über Jahre völlig ungehindert bewegen konnten, obwohl sie auf diversen Terror-Watchlists standen? Die 9/11-Untersuchungskommission jedenfalls, in deren Abschlussbericht die „Able Danger“-Erkenntnisse nicht auftauchen – obwohl sie ihr vorlagen -, scheint für ihren Bestseller tatsächlich den Fiction-Titel zu verdienen, den wir in der ersten Rezension (Harry Plotter und die Teppichmesser des Schreckens) hier vorschlugen.

Die Kommission hat unterdessen erklärt, dass Name und Foto Mohammed Attas nicht auf dem Dokument gestanden hätten, auch das Pentagon spielt den Fall herunter - und so scheint alles auf den bekannten Chorus hinauszulaufen, dass zwar Informationen und Warnungen vorgelegen hätten, die allerdings alle zu „unspezifisch“ waren, um die Terroristen zu stoppen.

Dass Zweifel an dieser Version angebracht sind, darauf deuten nicht nur die türkischen Berichte über den Top-Al Qaida-Mann und Whiskyfreund Sakra, sondern auch die Dutzenden von Zeugen, die den ebenfalls sehr unislamischen Lebenswandel Mohammed Attas in Florida belegen. Der Reporter Daniel Hopsicker, der diese Zeugen interviewt hat und so viele sehr spezifische Fakten zu Tage förderte, dass die 9/11-Untersuchungskommission nichts davon zur Kenntnis nahm, weist im Zusammenhang mit der „Able Danger“-Operation darauf hin, dass bis heute nicht einmal eine korrekte Timeline der Aufenthalte und Aktivitäten des vermeintlichen Haupttäters Atta existiert.

Für diese Lücken in der grundlegenden Basis jeder kriminalistischen Untersuchung scheint dasselbe zu zutreffen, was die konservative Washington Times über die Auslassungen der „Able Danger“-Erkenntnisse im 9/11-Bericht schrieb: Dies ist wie ein Bericht über Pearl Harbor ohne die Erwähnung von Japanern. Mit dem jüngsten Fang der türkischen Polizei ist, was die Aufklärung der Verbrechen des 11.9. betrifft, ein weiterer Beleg hinzugekommen, dass Berichte über "Al-Qaida" ohne die Erwähnung der CIA wenig Sinn machen.