Gute Musik braucht keine Radioquote

Und schlechter Musik hilft sie auch nicht weiter

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Die Radioquote soll deutschem Liedgut auf die Sprünge helfen. Was schon in 40 Jahren DDR nicht funktioniert hat, soll für den bundesdeutschen Musikmarkt plötzlich die Rettung sein? Tim Renner glaubte ebenso wenig daran wie an Kopierschutzschikanen. Er hat Recht behalten.

Im Sommer 2004 kam in Deutschland wieder einmal die Diskussion über die Einführung einer Musikquote für deutsche Künstler auf öffentlich-rechtlichen und privaten Radioprogrammen auf. Musiker und Plattenindustrie beklagen schon seit Jahren, dass Radiostationen hierzulande die einheimischen Künstler nicht genügend unterstützen, dadurch ihren kommerziellen Erfolg behindern und somit auch Newcomern keine Chance lassen.

Die europaweit durchgeführte Studie „Musikquoten im europäischen Radiomarkt“ der Berliner Medienberatung Goldmedia hat den Nutzen einer solchen Radioquote für einheimische Musiktitel auf den Absatz von Tonträgern der nationalen Künstler nun widerlegt.

Im Zentrum der Untersuchung, die vom Schweizer Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) unterstützt wurde, stand die Frage, ob Musikquoten im Radio den kommerziellen Erfolg des inländischen Repertoires nachweisbar positiv beeinflussen können und welche anderen Faktoren für den Erfolg einheimischer Interpreten und Musikgruppen von Bedeutung sind.

Hilft die „Radioquote“ inländischen Künstlern?

Um das einheimische Repertoire resp. die Kultur in der eigenen Sprache zu fördern, haben sich europaweit ganz verschiedene Ausprägungen von Musikquoten und/oder Selbstverpflichtungen etabliert. Regulierungen der unterschiedlichsten Art gibt es bereits in rund 20 Ländern Europas. Wie die Studie zeigt, sind die Musikquoten für einheimische Produktionen jeweils nur als landesspezifische Regelungen zu bewerten und wenig geeignet, Beispielfunktionen für andere Länder zu erfüllen.

Radio ist noch immer ein wichtiges Medium, Musiktitel bekannt zu machen. Ob junge einheimische Bands kommerziell erfolgreich sein können, hängt jedoch von einer Vielzahl weiterer Faktoren und Rahmenbedingungen ab. Dies zeigen Länder wie Finnland, Griechenland oder Italien. Aber auch Deutschland und Großbritannien sind mittlerweile ein Beweis dafür, dass inländische Rock- und Pop-Musik ohne Musikquoten erfolgreich sein kann.

Musik in Landessprachen ist nur aufgrund einer entsprechend gewachsenen Kultur ein Erfolg

In einigen Ländern generieren inländische Künstler teilweise auch ohne Quote oder Selbstverpflichtung über 50 Prozent des gesamten Tonträgerumsatzes. Diese Länder zeichnen sich durch eine starke Bindung der Bevölkerung zur eigenen Sprache und Kultur aus und sie verfügen zumeist über individuelle, landestypische Musikstile. Dafür stehen neben Frankreich mehrere Länder Skandinaviens und Osteuropas sowie auch Griechenland.

Studienautor und Goldmedia-Berater Dr. André Wiegand fasst die Ergebnisse zusammen:

Dass sich in Deutschland durch die Einführung einer wie auch immer gearteten Quote ein positiver Effekt für die heimische Tonträgerbranche erzielen lässt, kann durch eine Adaption von Quotenregelungen aus anderen Ländern nicht logisch begründet oder abgeleitet werden.

Eigentlich hätte man sich das auch so denken können. Aber nun ist es wenigstens belegt.

Die Studie Musikquoten im europäischen Radiomarkt wird Anfang Oktober im Verlag Reinhard Fischer, München unter der ISBN-Nummer 3-88927-387-4 veröffentlicht.