Eine Geschichte von Unterschlagung und Betrug

Iran-USA: Ausweitung der Kampfzone

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Iran ist immer für Überraschungen und Spekulationen gut. Einiges, so der Kolumnist der US-kritischen Asia Times, Spengler, spreche dafür, dass "Washington keine Ahnung habe, mit welcher Art von Gegner es zu tun habe".

Während einerseits die USA in Hinterzimmerkonferenzen Diplomaten mit einer Power-Point-Vorführung, die an ähnliche "Slide-Shows" vor dem Irak-Krieg erinnert, davon überzeugen will, dass Iran an einer Atombombe bastelt, liefert Teheran andrerseits schon seit einiger Zeit Stoff für Spekulationen darüber, dass es die Dominanz der "satanischen Supermacht" mit ganz anderen Mitteln schwächen will - auf wirtschaftlichem Terrain, mit der Einführung des Euro als zentrale Währung für eine iranische Öl-Börse (IOB).

Schon im letzten Jahr wurden Pläne Teherans laut, mit einer eigenen Börse für den Ölhandel den entsprechenden großen Börsen in London und New York Konkurrenz zu machen. Beide Börsen, die International Petroleum Exchange (IPE) und die New York Mercantile Exchange (NYMEX) gehören amerikanischen Firmen.

Zunächst hieß es, dass die iranische Öl-Börse noch in diesem Jahr eröffnet werden sollte, doch das Unterfangen steckt noch immer in der Planungsphase.

Für einige Unruhe und Spekulationen sorgt in diesem Zusammenhang die Ankündigung der neuen iranischen Regierung, dass der Euro dort als zentrale Währung für den Handel mit Rohöl, Gas und petrochemische Produkte eingeführt werden soll. Bislang gilt der Dollar - "Petrodollar" - als internationale Standardwährung für den Ölhandel. Sollte der Euro dem Dollar diese Rolle streitig machen, könnte das für die Europäer zu einigen Vorteilen führen, könnte aber die USA schwer treffen, so die Spekulationen:

Die Mehrheit der Öl importierenden Länder müssen ihr Öl mit Dollars bezahlen, was sie dazu zwingt, den Großteil ihrer Devisen in Dollar anzulegen. Die großen Schulden der USA führen dazu, dass die fragile Wirtschaft stark von dieser hohen Nachfrage an Dollars abhängt, um sich über Wasser zu halten...Die IOB würde dem Euro einen Stand im internationalen Ölhandel verschaffen und dessen Status als alternative Handelswährung verstärken. Dies könnte zu einer größeren Flucht vom Dollar zum Euro führen und damit zu einer Katastrophe für die USA.

Die Etablierung des Euro als Handelswährung für Öl würde einen bereits existierenden Trend, der den Euro gegenüber dem Dollar als Devisenreserve favorisiert, verstärken, den Dollar schwächen und somit die Importe für Amerikaner teurer machen: Die US-Märkte hatten schwer darunter zu leiden, fürchten Wirtschaftsexperten. Für andere ist dies Teil einer größeren Strategie Irans, das sich momentan als sehr selbstbewußte Regionalmacht zeigt und dies auch gegenüber den USA nicht verhehlt:

Das (der IOB-Plan, Anm. d.V.) ist Teil einer sehr intelligenten und kreativen iranischen Strategie, nämlich auf jede mögliche Art in die Offensive zu gehen und andere Akteure gegen die USA zu mobilisieren.

George Perkovich, Carnegie Endowment for International Peace

Einer Meldung des Nachrichten-Portals "IranMania" zufolge, könnte die Strategie Irans noch kreativer sein, als es Perkovich annimmt, indem sie nämlich mit Gerüchten operiert. Nach Informationen von IranMania hat der zuständige Rat (Stock Exchange Council) des Landes keine Entscheidung getroffen, wonach der Euro die offizielle Währung für Ölgeschäfte an der neuen Börse sein soll. Der Vorsitzende des Rates, Heydar Mostakhdemin-Hosseini, habe gegenüber der iranischen Nachrichtenagentur ISNA vor einer Woche betont, dass Details des Projektes erst noch besprochen werden müssten und die "Euro-Meldungen" dementiert.

Wie so oft ist die Wahrheit schwer zu ermitteln

Wie so oft im kalten Krieg zwischen den USA und Iran ist die Wahrheit auch in diesem Fall gegenwärtig nur schwer zu ermitteln; sicher ist allerdings, dass sich die Regierungen in Teheran und Washington von der Gegenseite bedroht fühlen und entsprechend nach Verbündeten suchen. Die amerikanische Regierung sucht derzeit Verbündete, um Irans Nuklearpolitik vor den UN-Sicherheitsrat zu bringen und Sanktionen gegen Teheran durchzusetzen (was nach derzeitigem Stand der Dinge allein am Veto Russlands, Chinas und Indiens scheitern dürfte). Zu diesem Zweck hat man Diplomaten aus zwölf Ländern zu einer Power Point Präsentation eingeladen und ihnen dort Satellitenaufnahmen vorgeführt, welche die wahren Absichten des iranischen Atomprogramms enthüllen sollten.

Nachdem ihnen in der Slide-Show mit dem Titel "Eine Geschichte von Unterschlagung und Betrug ("A History of Concealment and Deception") Aufnahmen von iranischen Anlagen, denen Fotos von ähnlich aussehenden Anlagen in Pakistan und Nordkorea beigestellt waren, vorgeführt wurden, beklagten sich manche Teilnehmer über die Unzulässigkeit einer solchen Beweisführung, die sie an Colin Powells berüchtigten Auftritt im UN Sicherheitsrat im Februar 2003 erinnerte.

Der ehemalige US-Außenminister Powell hatte erst vor einer Woche in einem Interview eingeräumt, dass seine damaligen Behauptungen falsch waren und der Auftritt vor dem Sicherheitsrat ein "schmerzhafter schwarzer Fleck" in seiner Laufbahn bedeute.

Eine Pointe am Rande: Auch Saddam Hussein wollte im Jahr 2000 den Euro als Währung für Ölkäufe einführen und manche Experten erkannten darin ein Motiv für den amerikanischen Feldzug gegen den Irak (vgl. Der Euro als Wunderwaffe).