Pentagon soll Dokumente über Atta vernichtet haben

Pentagon und 9/11-Commission streiten weiter ab, dass die Geheimdiensteinheit "Able Danger" schon Anfang 2000 Mohammed Atta identifiziert hatte, nächste Woche findet im Senat dazu eine Anhörung statt

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Nach und nach kommt heraus, dass die Sicherheitsbehörden in den USA nicht nur vor der Entführung von Passagierflugzeugen und möglichen Anschlägen mit diesen gewarnt worden waren, sondern auch Kenntnisse über die Attentäter vom 11.9. gehabt hatten. So soll der militärische Geheimdienst im Rahmen der geheimen Operation "Able Danger" bereits im Jahr 1999 Mohammed Atta und drei weitere "Hijacker" als Terrorzelle identifiziert haben. Angeblich hat das Pentagon diesbezügliche Dokumente in großer Zahl vernichten lassen.

Oberst Tony Shaffer und weitere Geheimdienstmitarbeiter haben bestätigt, dass im Rahmen von "Able Danger", das 1999 gestartet wurde und auf globaler Ebene die Aktivitäten von al-Qaida verfolgen sollte, Mohammed Atta und drei weitere Personen, die an den Anschlägen vom 11.9. beteiligt gewesen sind, als Terroristen identifiziert worden seien. Navy-Hauptmann Scott J. Phillpott, der ebenfalls bei "Able Danger" mitgearbeitet hatte, bestätigte, dass Atta im Januar oder Februar 2000 identifiziert worden sei. Zu dieser Zeit war Atta noch nicht in den USA gewesen, mit Anfragen an Flugschulen hatte er erst ab März 2000 begonnen. In einer Email von ihm heißt es etwa: "We are a small group of young man (2-3 persons) from several different Arab countries. We would like to start a course for professional airplane-pilots." Am 8. Mai erhielt Atta das Visa und reiste am 3. Juni in die USA ein. Shaffer erklärte zudem, das Pentagon habe unterbunden, dass diese Informationen an das FBI weiter gegeben werden (Aktenzeichen 9/11 ungelöst).

Diesen Umstand machen sich Anhänger der Bush-Regierung zunutze, indem sie davon sprechen, dass unter der Clinton-Regierung eine "Mauer" zwischen den Auslandsgeheimdiensten und dem FBI aufrecht erhalten worden sei, der Schuld daran sei, dass Informationen über Atta und Co. nicht weiter geleitet wurden und damit die Anschläge nicht im Vorfeld hätten verhindert werden können. Damit wäre die Bush-Regierung entlastet und zudem wären Maßnahmen wie der Patriot Act legitimiert.

Allerdings spielte dabei das Pentagon, auf dem trotz des politischen Wechsels die Hauptschuld liegen würde, bei diesem Spiel noch nicht mit. Man habe, so heißt es dort, auch nach intensiver Suche keine Dokumente finden können, in denen Atta vorkomme. Allerdings habe man mittlerweile fünf Personen gefunden, die sich daran erinnern, den Namen Atta oder ein Bild von ihm irgendwo schon einmal im Jahr 1999 gesehen zu haben. Schützenhilfe für das Pentagon leisteten noch am Mittwoch auch die Mitglieder der ehemaligen 9/11-Commission. Auch ihnen sei nicht bekannt geworden, dass Mohammed Atta vor dem 11.9. irgendwo als Terrorverdächtiger genannt worden war. So sagte der frühere republikanische Senator Slade Gorton: "Bluntly, it just didn't happen and that's the conclusion of all 10 of us." Die Kommission hatte zwar auf zahlreiche Versäumnisse hingewiesen, aber der Bush-Regierung bestätigt, dass sie die Anschläge nicht hätte verhindern können.

Der republikanische Kongressabgeordnete Curt Weldon, der die Aufklärung über die Geheimdienstoperation "Able Danger" in Gang gebracht hatte, ist von diesen Versuche, alles abzustreiten, erzürnt. Es sei ein Skandal, wenn man in der Kommission einfach abstreite, dass es eine solche Geheimdienstoperation gegeben habe. Zudem erklärte Oberst Tony Shaffer, dass er der Kommission von "Able Danger" und den Erkenntnissen über Atta berichtet habe. Nach Weldon wurden 2000 verschiedentlich geplante Treffen zwischen Mitgliedern von "Able Danger" und dem FBI in letzter Minute abgesagt.

Weldon will nun am nächsten Mittwoch während einer Anhörung des Rechtsausschusses des Senats über "Able Danger" einen Pentagon-Mitarbeiter präsentieren, der den Auftrag gehabt haben soll, große Mengen an Dokumenten zu vernichten, in denen es u.a. auch um Atta gegangen sei. Er will auch denjenigen nennen, der ihm den Auftrag dazu gegeben hat. Insgesamt habee es sich, so Weldon, um die stattliche Menge von 2,5 Terabytes an Informationen gehandelt.