Pentagon blockiert Anhörung über Able Danger

Eine Geheimdienstgruppe soll Atta bereits Anfang 2000 als Terroristen identifiziert haben

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Für Verschwörungstheoretiker ist es ein gefundenes Fressen, was das Pentagon anstellt, um eine weitere öffentliche Diskussion über das ehemalige Geheimprojekt "Able Danger" zu verhindern. Die Geheimdienstgruppe hatte bereits ein Jahr vor dem 11.9.2001 Mohammed Atta und drei weitere Hijacker identifiziert und als verdächtige Terroristen eingeschätzt. Wie Mitglieder der Gruppe ausgesagt haben, hatte das Pentagon die Weitergabe dieser Informationen an das FBI verhindert. Aufgebracht hatte den für die Bush-Administration peinlichen Vorfall kein Regierungsgegner, sondern der republikanische Kongressabgeordnete Curt Weldon. Der Fall wird auch intensiv in Medien, die der Regierung wie Fox News oder der Washington Times nahe stehen, verfolgt (Pentagon soll Dokumente über Atta vernichtet haben).

Heute findet eine Anhörung des Rechtsausschusses des Senats über "Able Danger" statt, an dem Oberst Tony Shaffer und weitere Geheimdienstmitarbeiter, die an "Able Danger" beteiligt waren, eigentlich hätten aussagen sollen. Fünf Personen bestätigen insgesamt nach Auskunft des Pentagon, schon bis Anfang 2000 ein Bild von Atta gesehen zu haben. Curt Weldon wollte überdies einen Pentagon-Mitarbeiter präsentieren, der den Auftrag erhalten habe, zahlreiche Dokumente zu vernichten, die mit Able Danger und Atta zu tun haben sollen.

Doch dem Pentagon scheint diese Sache zu heiß zu werden, obgleich man auch Rückendeckung von den Mitgliedern der ehemaligen 9/11-Commission erhalten hatte, die ebenfalls abstritten, dass Atta den Geheimdiensten schon vor dem 11.9. bekannt gewesen sei. So wurde schon im Vorfeld darüber gestritten, ob die Anhörung öffentlich oder geschlossen stattfinden soll. Und jetzt berichtet Mark Zaid, der Anwalt von Oberst Shaffer, sein Klient, der beim militärischen Geheimdienst DIA gearbeitet hat, habe einen Brief vom Pentagon erhalten, in dem er ohne Nennung von Gründen aufgefordert wurde, vor dem Ausschuss nicht auszusagen. Den Pentagon-Mitarbeitern sei das Verbot mündlich mitgeteilt worden, nur auf Ersuchen des Anwalts habe man eine schriftliche Erklärung erhalten. Auch Navy-Hauptmann Scott J. Phillpott, der ehemalige Leiter des Able Danger-Teams und andere Mitarbeiter sei der Auftritt vor dem Ausschuss verboten worden.

Der Ausschuss wollte unter anderem über eine Liste von 60 verdächtigen Terroristen erhalten, die im Januar oder Februar 2000 erstellt wurde und auf der sich Mohammed Atta befunden haben soll. Das Pentagon aber behauptet, man habe trotz intensiver Suche weder diese Liste noch andere Dokumente finden können, in denen Atta erwähnt wurde. Wenn aber Dokumente von Able Danger in großer Zahl vernichtet wurden, ist die vergebliche Suche eigentlich kaum erstaunlich. Das Pentagon hat die Vernichtung von Dokumenten inzwischen bestätigt. Dies sei streng nach Vorschrift aufgrund von Datenschutzrichtlinien erfolgt, da es hier auch um "US-Personen" oder um Menschen, die sich etwa mit einer Arbeitserlaubnis in der USA aufhalten, gegangen sei.

Bryan Whitman, ein Sprecher des Pentagon, erklärte, dass eine öffentliche Anhörung nicht "geeignet" sei: "Wir haben unsere Sicherheitsbedenken zum Ausdruck gebracht und glauben, dass es einfach nicht möglich ist, über Able Danger in einem öffentlichen Forum ausführlich zu sprechen." Einen Grund nannte er nicht. Der Vorsitzende des Ausschusses, der republikanische Senator Arlen Specter, versteht den Geheimhaltungswunsch nicht, da das Meiste ja schon öffentlich bekannt sei und die amerikanische Öffentlichkeit ein Recht habe, über das, was hier geschehen ist, informiert zu werden. Mit den fünf Zeugen habe man bereits gesprochen. Sie seien vertrauenswürdig, allerdings könne es sein, dass es mehr als einen Atta gebe oder dass ein Fehler gemacht worden sei. Specter will die Anhörung trotz der Pentagon-Blockade durchführen.