"Sound-Laser"

Neue Lärmwaffen werden im Irak eingesetzt, aber auch in Katastrophenregionen wie in New Orleans, um über weite Entfernung Botschaften zu übermitteln oder durch schmerzhaft laute Geräusche Menschenmengen aufzulösen

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Der Irak wird von den Aufständischen und Terroristen nicht nur genutzt, um neue Rekruten zu finden, sondern auch um neue Angriffsmethoden gegen einen übermächtigen Feind zu entwickeln oder die Effizienz von Anschlägen zu steigern. Auch für das US-Militär dient der Irak von Beginn an als Testfeld für neue militärische Taktiken und Waffen (Kampfroboter für den Irak). Unter anderem werden hier auch neue nicht oder weniger tödliche Waffen erprobt (Testfeld für neue nichttödliche Abstandswaffen), darunter auch akustische Waffen wie das Long Range Acoustic Device (LRAD), das aber auch im Sinne des dual use zur besseren Kommunikation in Katastrophenfällen eingesetzt werden kann.

Militärpolizist mit einem LRAD beim Superdome, New Orleans. Foto: American Technologies via xeni

Nachdem der Orkan Katrina zugeschlagen hat, wurden Anfang September einige dieser neuartigen akustischen Geräte auch in das Katastrophengebiet um New Orleans geliefert. Da die Kommunikationsinfrastruktur in großen Gebieten zusammen gebrochen war, könnten Geräte, die akustische Wellen gebündelt wie Licht über weite Strecken relativ gezielt projizieren können, dazu dienen, Anweisungen und Befehle zu übermitteln – und zur Not eben auch das Geräte zur Lärmwaffe umzufunktionieren, um Gruppen von Plünderern, Gewalttätigen, Angreifern oder Blockierern aufzulösen. Falls es mit dem Orkan Rita zu einer erneuten Katastrophe kommen sollte, wäre auch hier ein erneuter Einsatz oder Test möglich.

Weder die Menschen, die ein LRAD bedienen, noch diejenigen, die sich in der unmittelbaren Umgebung befinden, können den mitunter unerträglichen Lärm hören, der sich bis auf eine Entfernung von 300 Metern ausrichten lässt. Wenn Menschen den Befehlen, die über die angeblich unter allen Wetterbedingungen funktionierenden LRADs bis zu 500 Metern klar und deutlich verständlich gesendet werden können, nicht gehorchen, so können diese einen schrillen, bis zu 150 dB lauten Ton abgeben, der sehr schmerzhaft ist. 120 dB gelten als Schmerzschwelle, an der bereits nach kurzer Zeit Hörschäden entstehen können.

Magnetic Acoustic Devices von HPV Technologies während einer Demonstration am 1. September auf der Edwards Air Force Base in Palmdale. Foto: American Technologies via xeni

Die Firma American Technologies, die auf Fahrzeuge montierte LRADs und tragbare MRADs (Medium Range Acoustic Device) für Sicherheitsbehörden und das Militär herstellt, umreißt die Einsatzmöglichkeiten so: Sie ermöglichen eine Kommunikation "mit Autorität", beeinflussen das Verhalten und machen mit Nachdruck die Absicht klar. Im Irak haben US-Soldaten beispielsweise in Falludscha den Einwohnern so nicht nur Mitteilungen und Befehle gesendet, sondern diese auch lange Zeit mit der Absicht der Zermürbung mit Musik beschallt. In das Katastrophengebiet in Louisana wurden aber auch von HPV Technologies ein so genanntes Magnetic Acoustic Device (MAD) gebracht. Die Soundtechnik, bei der mehrere Lautsprecher in verschiedenen Anordnungen gruppiert werden, wird etwa auch bei Popkonzerten verwendet. Mit Magneten werden elektrische Impulse in Tonwellen mit 50 Hz bis 20.000 Hz umgewandelt, die zielgenau bis über 1.000 Meter projiziert werden können.

Angeblich ist die Polizei in Los Angeles, Boston und anderen Städten interessiert, solche Lärmwaffen einzusetzen, um aus sicherer Entfernung gezielt Anweisungen übermitteln zu können und gleichzeitig eine weniger gefährliche nichttödliche Waffe als Gummigeschoße oder Taser zur Verfügung zu haben, mit der sich ohne große Verletzungsgefahr Mengen auflösen und Angreifer abschrecken lassen (sofern sie nicht von vorneherein Ohrenschützer tragen). Je nach Lautstärke und Dauer können solche Lärmwaffen nicht nur Schmerzen verursachen, sondern auch zu irreversiblen Hörschäden führen. Neben der Bekämpfung von Gruppen sollen künftige Anwendungen so genau ausgerichtet werden können, dass sich mit ihnen einzelne Menschen "treffen" lassen, ohne dass dies andere hören. So könnte man Individuen mit Lärm abschrecken oder ihnen Botschaften zukommen lassen, die nur sie hören und die dann auch so beunruhigend wirken würden wie eine Halluzination.

Das israelische Militär hatte eine andere, auf einem Fahrzeug angebrachte akustische Waffe, die sie "The Scream" nennt, im Frühjahr während einer Demonstration im Westjordanland gegen den Sicherheitszaun eingesetzt. Das Gerät war 500 Meter von den Demonstranten entfernt postiert. Es wurden mehrere, jeweils etwa eine Minute lange "Lärmbotschaften" gesendet, die nicht sehr laut gewesen sollen, aber die betroffenen Menschen veranlasst haben, ihre Ohren mit den Händen zu schützen.