Spaß ja - aber bitte nicht auf Kosten von „Bild“

Der Springer Verlag geht gerichtlich gegen einen Werbspot der „taz“ vor und lacht herzhaft über eigene „Folter-Witze“

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Wenn die „Bild-Zeitung“ dumme oder gar schreckliche Witze auf Kosten anderer macht, ist das in Ordnung - zumindest für die Springer-Anwälte. Wenn andere es wagen, Deutschlands auflagenstärkste Tageszeitung zu veralbern, wird dagegen die juristische Keule mit aller Macht geschwungen. Nach Informationen des Fachblatts „werben und verkaufen“ hat jetzt die Axel Springer AG beim Landgericht Hamburg eine Einstweilige Verfügung (EV) gegen die Ausstrahlung eines ziemlich witzigen Kinospots der „taz“ erlangt.

Aus dem Werbespot der taz

„Bild“-Leser dürfen häufig und ausgiebig lachen. Zum Beispiel über den am 8. September zwischen „Bekloppten-“ und „Blondinenwitz“ veröffentlichten „Folter-Witz“:

„Fragt ein Folterknecht den anderen: ‚Wie viele hast du denn im Verlies?’ - ‚35 und ein paar Zerquetschte!’“

Schade, dass die Witzbolde aus der „Bild“-Redaktion ihren Lesern nicht mitgeteilt haben, ob die lustigen Folteropfer an Händen, Beinen oder - das wäre doch echt ein Highlight - an den Genitalien zerquetscht wurden.

Notorische Spaßverderber sehen in diesem Witz Verstöße gegen die UN-Menschenrechtskonvention, gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, gegen das Grundgesetz und gegen mindestens ein halbes Dutzend weiterer Gesetze und ethischer Grundsätze. Kein Problem für „Bild“ - offensichtlich hat niemand an der Folterbelustigung Anstoß genommen, schon gar nicht die eigenen Justitiare.

Aus dem Werbespot der taz

Die Springer-Anwälte werden erst dann aktiv, wenn andere es wagen, über „Bild“ und die anderen Gazetten von Europas größtem Verlagshaus zu schmunzeln. Das bekam jetzt auch die „tageszeitung“ zu spüren. Grund ist ein Kinospot mit folgendem Szenario: Ein notorischer 'Bild'-Leser verlangt an seinem Kiosk: „Kalle, gib mal die Zeitung“. Der Kioskbesitzer händigt ihm daraufhin zum Scherz die „taz“ statt seiner „Bild“ aus. „Was ist das denn“, fragt daraufhin der offensichtlich notorische „Bild“-Leser sichtlich angeekelt. Am nächsten Tag kommt der Feinripp-Schmierbauch erneut zum Kiosk und verlangt "Gib’ mir mal die 'taz'". Zunächst Schweigen am Kiosk. Nach einer kurzen Pause prustet der Schmierbauch los. Der Spot endet mit dem Slogan: "taz ist nicht für jeden. Das ist OK so."

Im Gegensatz zum „Folter-Witz“ und anderen Entgleisungen in „Bild“ blieb dem Springer -Management nebst Justitiaren diesmal das Lachen im Halse stecken. Statt einer Prämie - wie bei „Bild“-Witzen üblich - gab’s eine Aufforderung an die „taz“-Geschäftsleitung, den Spot bis zum 31. Oktober aus dem Verkehr zu ziehen. Springer ist nach Informationen von „werben und verkaufen“ der Meinung, bei dem Spot handle es sich um eine 'Rufausbeutung der Marke Bild' und um 'unzulässige vergleichende Werbung'. Doch 'taz'-Werbeleiter Willy Vogelpohl gibt sich stur und will den Kino-Spot weiter ausstrahlen.

Falls den Witzbolden in der „Bild“-Redaktion unterdessen der Stoff ausgehen sollte - hier noch ein Tipp: Am 3. November startet in vielen deutschen Kinos die Dokumentation „Lost Children“ - ein Film über Leid und Elend der Kindersoldaten in Uganda (Billige Soldaten). Eine echte Steigerung gegenüber gewöhnlich „zerquetschten“ Folteropfern.