Roland Koch comt bald nicht mehr

Satire - damit tut man sich in Deutschland schwerer als in den USA. Wenn dann noch das Namensrecht hinzukommt, ist die Domain schon fast perdu.

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Man muss es ja zugeben: Wer sich auf der Seite roland-koch.com umschaut, wähnt sich automatisch auf der offiziellen Homepage des christlich-demokratischen Sympathieträgers. Während auf der auf den ersten Blick echt erscheinenden Homepage hier schon die Menüpunkte "Akzente", "Wahlkreis" und "Persönliches" Zweifel aufkommen lassen, ob der Verantwortliche das Wichtigste in Bezug auf den Ministerpräsidenten erfasst hat, ist dies bei roland-koch.com eindeutig: Gleich dreimal wird der wichtige Punkt "Spenden" angesprochen. Wenn Roland Koch also eine Seite erstellt hat, dann doch wohl roland-koch.com, oder?

Nein – man mag es kaum glauben, aber roland-koch.com ist eine Satireseite. Dies geht natürlich nicht aus der Seite hervor, diese mutet ernst und seriös an, befasst sich kompetent mit der designierten Kanzlerin Angela Merkel und ist somit genau das, was man erwartet, wenn man Roland Kochs Homepage sucht. Der gute Freund aus Amerika wird erwähnt und auch Laura Bushs Schreiben an Frau Merkel fehlt nicht, dem man gleich auf den ersten Blick die Echtheit ansieht. Auch würde natürlich jeder die TLD com auswählen, denn warum so einseitig sein und sich .de aussuchen, schließlich sind Politiker ja nicht nur Deutschland, sondern auch immer international.

Kein Wunder also, dass die Satireseite, die keiner als solche erkennt, nunmehr an den wahren Roland, den einzigen Roland übertragen werden soll. (Echt ist er übrigens wohl nur mit Bindestrich, denn unter rolandkoch.de findet man ihn nicht – dort hat man aus Vorsichtsgründen allerdings gleich auf sämtliche Texte verzichtet, sicher ist sicher.) Den Anwälten dient hier (wieder einmal) der gerne angewandte §12 des Bürgerlichen Gesetzbuches als Grundlage:

§ 12 Namensrecht
Wird das Recht zum Gebrauch eines Namens dem Berechtigten von einem anderen bestritten oder wird das Interesse des Berechtigten dadurch verletzt, dass ein anderer unbefugt den gleichen Namen gebraucht, so kann der Berechtigte von dem anderen Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann er auf Unterlassung klagen.

Welcher Roland Koch jetzt eigentlich ein Anrecht auf roland-koch.com hat – diese Frage stellt sich hier weniger. Auf jeden Fall hat Adrian Koss, der Betreiber der Seite, nach Meinung der Anwälte hier gegen das Namensrecht verstoßen und außerdem so genau den Ton getroffen, den auch der hessische Politiker wählen würde, dass Verwechslungsgefahr besteht. "Sie haben einen Internetauftritt erstellt, welcher den Eindruck vermittelt, dieser stamme von unserem Mandanten." heißt es in der Begründung des Übertragungsbegehrens.

Und deshalb ist die Domain auch bis zum 16. November abzuschalten und zu übertragen. Für die Archivare und historisch Interessierten unter uns gibt es aber auf Flickr auch nach dem 16. November 2005 noch die Screenshots zu sehen.

Satire verboten?

Reichen eigentlich die satirische/ironische/sarkastische Auseinandersetzung und der Name Roland Koch aus, um ein solches Übertragungsbegehren zu rechtfertigen? Diese Frage stellt sich nicht nur bei diesem "Domainstreit", schwer nachvollziehbare Entscheidungen im Domainrecht sind längst normal geworden. Dabei spielt die TLD meist eine untergeordnete Rolle, wie ja auch im Fall wdr.org zu sehen war, der zudem auch zeigt, in welche wichtigen Rechte eine solche Auseinandersetzung eingreift. Das Markenrecht wird dann schon einmal zur Gefährdung von Brief- oder Telekommunikationsgeheimnis.

Der Betreiber der Satireseite jedenfalls wird, schon aus Kostengründen, die Domain natürlich an den sympathischen Hessen abtreten und wahrscheinlich beim nächsten Mal, sollte er wieder eine Satireseite erstellen, sich zunächst einmal mit Marken-, Namens- und Domainrecht befassen. Denn nicht nur der Name ist wichtig, auch Farbwahl oder das Layout der Seite können schon Grund genug für das nächste Anwaltsschreiben werden.

Die Anzahl der Fallstricke diesbezüglich ist lang und Satire scheint man in Deutschland ja weniger entspannt zu sehen wie in den USA. Dort ist www.whitehouse.org seit langem als Satireseite etabliert, eine gerichtliche Auseinandersetzung mit dem Weißen Haus gab es nicht, auch kein Anwaltsschreiben, das die Übertragung der Domain forderte. Gleiches gilt für die Domain www.georgewbush.org, welche auf die vorgenannte Seite verweist.

Wie bereits erwähnt, würden die Domains roland-koch.org, roland-koch.info etc. wohl in Deutschland recht wahrscheinlich zum nächsten Schreiben eines Anwalts führen. Vielleicht aber ist der Hesse einfach so begeistert von der Seite, dass er seine eigene Seite durch sie ersetzen will, wo sie doch ganz andere Prioritäten setzt? Hm, nein, Roland-koch.net.