"Unsere Forderung ist nicht populistisch"
Die künftige Bundesregierung will das Verbot so genannter Killerspielen erreichen - Ein Gespräch mit der CSU-Abgeordneten Maria Eichhorn
Ob nach dem Schulmassaker von Erfurt oder anderen Fällen von Jugendgewalt: Vor allem konservative Kreisen nutzen jede Gelegenheit, das Verbot so genannter Killerspiele zu fordern. Diese Spiele seien in erster Linie für die Gewaltausbrüche verantwortlich. Nun wurde die Position auch im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Telepolis sprach mit der CSU-Abgeordneten Maria Eichhorn, Vorsitzende der Arbeitsgruppe Familie, Senioren, Frauen und Jugend, über die Hintergründe der neuen Initiative.
Die Neuregelungen im Jugendschutz werden schnellstmöglich – und deutlich vor dem für März 2008 verabredeten Zeitpunkt – evaluiert, um notwendige Konsequenzen rechtzeitig ziehen zu können. Wir wollen hierzu unverzüglich in einen zielorientierten Dialog mit den Ländern eintreten. Folgende Eckpunkte sollen vorrangig erörtert werden:
- Wirksamkeit des Konstrukts „Regulierte Selbstkontrolle“
- Altersgrenzen für die Freigabe von Filmen und Spielen/Alterskennzeichnung von Computerspielen
- Verlässliche Kontroll- und Sicherheitsstandards für Videoverleihautomaten
- Verbot von „Killerspielen“
Wir werden uns auf europäischer- bzw. internationaler Ebene für die Entwicklung/Einhaltung von Internet-Mindeststandards einsetzen.
Aus dem Koalitionsvertrag „Gemeinsam für Deutschland – mit Mut und Menschlichkeit“, Absatz 6.3
Union und SPD wollen laut Koalitionsvertrag das Verbot so genannter Killerspielen durchsetzen. Was ist denn unter „Killerspielen“ zu verstehen?
Maria Eichborn: Unter Killerspielen verstehen wir Spiele wie Gotcha, Paintball oder Laserdrome. Das sind also Spiele, bei denen die Verletzung oder Tötung von Mitspielern unter Einsatz von Schusswaffen oder nachgebildeten Gegenständen realistisch simuliert werden.
Ebenso wurde das in einem Gesetzentwurf im Jahr 2002 geschildert. Sie greifen diese Initiative also erneut auf?
Maria Eichborn: Das ist richtig, ja.
Geht es Ihnen denn um die Outdoor-Spiele oder um Computerspiele?
Maria Eichborn: Gewaltverherrlichung muss in jedem Fall im Sinne des Kinder- und Jugendschutzes unterbunden werden.
Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel hat diese Spiele unlängst als „moderne Version von Räuber und Gendarm“ bezeichnet und damit eine ebenfalls weit verbreitete Auffassung wiedergegeben. Schießen Sie hier nicht über das Ziel hinaus?
Maria Eichborn: Ich darf darauf verweisen, dass es zu der Gefährdung durch solche Spiele mehrere gerichtliche Entscheidungen gibt, nach denen bei Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit gegen die Spiele vorgegangen werden kann. Diese Rechtsauffassung ist jedoch nicht unumstritten. Deswegen wird aus Justizkreisen auf eine Ergänzung des Ordnungswidrigkeitsrechts um einen Artikel 118a über „menschenverachtende Spiele“ gedrängt, um für Rechtssicherheit zu sorgen. Wir wollen eine solche gerichtliche Nachbesserung erreichen, weil wir diese Spiele für jugendgefährdend halten.
Das angestrebte Verbot steht im Koalitionsvertrag unter dem Titel „Aufwachsen ohne Gewalt“. Müssten die gleichen Kriterien nicht auch auf Gewalt verherrlichende Kinder- und Jugendpublikationen angewandt werden?
Maria Eichborn: Das ist sicher auch eine Überlegung wert. Es ist mit Sicherheit aber so, dass die Kinder und Jugendlichen bei Killerspielen selbst tätig werden und Tötungen simulieren. Deswegen ist hier die Gefahr zur Nachahmung besonders groß.
Ist unter einer großen Koalition also auch mit dem Verbot des Kinderbuches "Der Struwwelpeter" wegen gewaltverherrlichender Darstellungen zu rechnen?
Maria Eichborn: Mit Sicherheit nicht.
Lassen sich denn Belege für eine Verbindung zwischen so genannten Killerspielen und Jugendgewalt anführen, wissenschaftliche Studien etwa?
Maria Eichborn: Gerade auch im Zusammenhang mit dem Schulmassaker in Erfurt 2002 hat es Bestätigungen gegeben, denen zufolge entsprechende Filme oder Spiele durchaus einen negativen Einfluss ausüben. Ursprünglich herrschte die Meinung vor, dass es ja nicht so schlimm sei, wenn diese Filme oder Spiele von den Eltern entsprechend begleitet würden. Weil sich das nicht bestätigt hat, besteht hier ein klarer Handlungsbedarf.
Das Schulmassaker von Erfurt war nur ein Beispiel. Die Forderung nach einem Verbot Gewalt verherrlichender Medien wurde nach dem Kannibalismusfall im Jahr 2001 aber ebenso erhoben wie in der Debatte um zunehmende Konflikte in Schulen. Weist das nicht auf den populistischen Charakter der Forderung hin?
Maria Eichborn: Nein, auf keinen Fall. Es gab ähnliche Gewalttaten in Bayern. Auch danach wurde von Wissenschaftlern zugestanden, dass solche Spiele eine Gefahr für Kinder darstellen. Populistisch ist das also wirklich nicht. Wir erheben die Forderung nach einem Verbot von Killerspielen schon lange und werden dabei immer wieder von verschiedenen Seiten bestätigt.
Könnte man mit dem gleichen Argument aber nicht auch die andauernden Krawalle in Frankreich auf Gewalt in den Medien zurückführen, um im Anschluss das Verbot von Computerspielen zu fordern, weil in ihnen etwa brennende Autos zu sehen sind?
Maria Eichborn: Die Vorkommnisse in Frankreich haben einen sozialen Hintergrund. Dabei handelt es sich nicht um Einzelerscheinungen. Sie haben tatsächlich eine andere Qualität als das, worüber wir gerade sprechen.
Worüber sprechen wir denn?
Maria Eichborn: Darüber, dass solche Spiele auf Einzelpersonen einen negativen und Gewalt fördernden Einfluss haben.
Sie haben die sozialen Hintergründe von Gewalt angeführt. Verdeckt die Debatte um die Schuld so genannter Killerspiele aber nicht gerade eine notwendige weiter führende Diskussion über gesellschaftliche Hintergründe von Gewalt hierzulande, Armut und soziale Ausgrenzung etwa?
Maria Eichborn: Diese Punkte haben wir in unserem Koalitionsvertrag ja auch drin.