Schnurlose Headsets mit DECT und Bluetooth

Komfortabel telefonieren über ISDN und Internet, drahtlos Musik hören und drahtlos diktieren

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Kann man ein normales hochwertiges Headset durch eine schnurlose Lösung ersetzen, um so Kabelsalat zu verhindern und auf- und abgehend diktieren zu können? Nicht in einem Gerät. Aber es gibt einige durchaus brauchbare Lösungen für einzelne der Aufgaben.

Bluetooth und DECT, was ist da eigentlich der Unterschied? Nun, technisch ist der Unterschied, dass Bluetooth ebenso wie WLAN, Mikrowellenherde und alles mögliche andere bei 2,4 GHz im ISM-Band (Industrial, Scientific, Medical) sendet, während DECT in Europa exklusive Frequenzen zwischen 1,88 und 1,9 GHz zur Verfügung hat. Damit ist eine DECT-Übertragung prinzipiell stabiler und außerdem vom Prinzip her auf Telefonie und Sprachübertragung ausgelegt.

Mini-Bluetooth-Headset HS 890 von Anycom – auch in weiß und für die Mädchen in babyrosa erhältlich. (Bild: Anycom)

Bei Bluetooth gibt es dagegen verschiedene sogenannte Profile. Beispielweise eines zum Drucken oder eines zum Anschluss eines Modems. Aber auch eines zum Telefonieren, das dementsprechend allerdings auch nur Telefonbandbreite anbietet. Hier wird die Verbindung erst hergestellt, wenn man am Telefonhörer per Knopfdruck „abhebt“ und auch die besten MP3s werden nur in Mittelwellenqualität hörbar sein, da von der Übertragung her einfach nicht mehr vorgesehen ist.

Mit dem kleinen, teilweise extrem kompakten Headsets, die nur auf einem Ohr hängen, ist dieses System zur Ankopplung an Handys gedacht, die man dann in der Jackentasche lassen kann, ohne dass ein Kabel zum Ohr sichtbar ist und der freihändige Telefonist im Trenchcoat gleich für einen Geheimagenten gehalten wird.

Ein Computer mit einem Bluetooth-Port und einer geeigneten Software, beispielsweise bei den letzten Aldi-Geräten (Multimedia-PC mit Sat-HDTV-Empfang von der Wursttheke), kann diese Bluetooth-Headsets auch ankoppeln. Dann kann man damit Internet-Telefonie betreiben – oder MP3s anhören. Letzteres ist akustisch definitiv kein Genuss, und auch die Reichweite dieses primitiven "Drahtlos-Kopfhörers" ist gering – die Verbindung reißt meistens bereits ab, wenn man sich in den nächsten Raum begibt, schließlich soll Bluetooth auch nur kurze Distanzen überbrücken. Außerdem ist es lästig, wenn man die Musik nur auf einem Ohr hören kann.

Bluetooth-Stereokopfhörer/Telefonierheadsetkombi BSH-100 von Anycom mit Audio-Gateway: Die Musik muss nicht über Bluetooth aus Handy oder Computer kommen, sondern kann auch normal analog von Soundkarte, Ipod oder Stereoanlage zugespielt werden. (Bild: Anycom)

Es gibt auch Bluetooth-Headsets, die einen Stereokopfhörer enthalten, der dann auch mit einem anderen Profil in besserer Tonqualität in Stereo ansprechbar ist. Echte HiFi-Qualität erreicht Bluetooth mangels Bandbreite allerdings ohnehin nicht (Dumpfe blaue Zahngeräusche). Es ist bei dieser Lösung zudem wichtig, das richtige Profil zu wählen: das Telefon-Profil wird auch nur Telefonqualität bei der Wiedergabe erzeugen, es muss schon ein Audio-Kopfhörerprofil aktiviert werden.

Leider bezieht sich dieses Stereo-Audio-Profil nur auf die Empfangsqualitäten des Headsets. Beim Senden bleibt es bei Telefonqualität, was beispielsweise Spracherkennung mit Diktierprogrammen (Computer, zum Diktat!) unmöglich macht. DECT, obwohl prinzipiell nur für Telefonqualität geeignet, jedoch für die etwas bessere ISDN-Übertragung ausgelegt, kann hier weiterhelfen. Inzwischen fanden auch die Testgeräte von Plantronics ihren Weg in die Redaktion; zuvor waren sie wegen Mutterschaftsurlaub einer Mitarbeiterin des Herstellers auf der Strecke geblieben.

Das C65 klinkt sich wie das früher getestete Freetec-DECT-Headset von Pearl (Gleichzeitig drahtlos und freihändig telefonieren) in eine vorhandene DECT-Telefonanlage ein. Dabei ist interessant, dass es all die Schwachpunkte des Freetec vermeidet: Die Lautstärke lässt sich einwandfrei und in großem Bereich verstellen, es gibt keine störenden Quittungspiepser und Klingeltöne, sodass man das Headset einfach für den nächsten Anruf auf dem Kopf behalten kann und die Akkukapazität reicht auch bei Dauerquasseln für einen kompletten Arbeitstag. Außerdem kann der Akku einfach gewechselt werden, wenn er nicht mehr funktioniert.

Headset-Thema mit Variationen: Bei Plantronics gibt es neben der Ladestation (links oben, mit Headset mit Ohrbügel) auch noch Ohrbügel in unterschiedlichen Größen von „Mausi“ bis „Genschman“, Kopfhörerbügel, Hinterkopfbügel und Schaumstoff- oder abschirmende Gummiohrpolster. (Bild: W.D.Roth)

Auch sonst sind die Plantronics-Headsets wesentlich flexibler: man kann sie wahlweise mit verschieden großen Ohrbügeln, mit einem regulären Kopfhörerbügel und mit einem Hinterkopfbügel bestücken. Letzterer wird gerne von Frauen mit üppiger Haarpracht verwendet, um diese nicht zu drücken. Auch die Ohrpolster sind in verschiedenen Ausführungen verfügbar. Die Tonqualität ist sehr angenehm, bei Verwendung der richtigen Ohrpolster werden Umgebungsgeräusche etwas abgeschirmt und statt quäkendem Billigsound kommt ein für eine Telefonübertragung erstaunlich voller Klang zustande.

Das Modell CS60 für etwa 300 Euro wird über USB an einen Computer angeschlossen und ist mit diesem dann fest verbunden. Es kann leider nicht in DECT-Telefonanlagen eingeloggt werden. Will man es nicht für Internet-Telefonie verwenden, sondern zum Diktieren oder Musik hören, so muss der Stand-by-Modus deaktiviert werden. Der Nachteil: Damit hat das Gerät ständig maximalen Strombedarf und ist auch bei Nichtbenutzung nach einem Arbeitstag von acht Stunden entladen. Und selbiges gilt leider auch für die Nacht: Da das Gerät keinen Ausschalter hat und auch nicht darauf reagiert, ob es in der Station steht und diese mit Strom versorgt wird, entlädt es sich über Nacht, wenn man den Computer ausschaltet und somit das Headset nicht mehr über USB mit Ladestrom versorgt wird. Stattdessen ist ein zusätzliches Steckernetzteil anzuschließen, das dann auch permanent unter Strom stehen muss.

Die Übertragung selbst funktioniert allerdings einwandfrei und ein Diktat mit Dragon Naturally Speaking läuft nach einem Pegelabgleich einwandfrei. Das CS 60 ist ja auch in der Dragon Naturally Speaking-Preferred Wireless-Version enthalten. Übrigens insgesamt zum selben Preis wie das Headset alleine – wer also das Paket von Scansoft kauft, die inzwischen übrigens Twix, nein, Nuance heißen, bekommt die Spracherkennung sozusagen gratis mit dazu.

Akkuwechsel ist bei Plantronics kein Problem, sofern man einen Ersatzakku auftreiben kann. Allerdings kann das Headset auch nur durch Öffnen und Abstecken des Akkus ausgeschaltet werden, beispielsweise im Flugzeug (Bild: W.D.Roth)

Bleibt als einziges Manko, dass man mit diesen Headsets natürlich nicht wählen kann. Bei der Internettelefonie lässt sich dies vielleicht mit Spracherkennung, sicher aber mit den entsprechenden Telefonprogrammen umgehen. An der DECT-Telefonanlage hängt es dagegen davon ab, wie gut sich aufgebaute Gespräche intern weitervermitteln lassen. An einer Siemens Gigaset 4175 isdn existiert eine solche Funktion beispielsweise nicht – zum komfortablen Telefonieren muss man sich also anrufen lassen. Das spart dann Gebühren und refinanziert das teure Headset…