"Excuse me, Mr. Nigger, what's the clock please?"

Die Datenbank des Vorüberschreitens

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Jeder kennt das. Man sitzt im Bus, im Zug oder geht eine Straße entlang und plötzlich wird man für kurze Zeit Ohrenzeuge eines Gesprächs von Leuten, die einem völlig fremd sind. Man hört Gesprächsfetzen, deren Sinn man meist kaum versteht, weil man den Zusammenhang nicht kennt. Und sie sind oft unfreiwillig komisch, manchmal aber auch tragisch oder gar auf bizarre Art poetisch. Doch nur in den seltensten Fällen kann man sich später noch an diese unfreiwillig mitgehörten Dialoge, an diese Alltagspoesie erinnern.

Da aber vieles einfach zu schön oder zu verrückt ist, um es in Vergessenheit geraten zu lassen, hat die Wiener Künstlergruppe Monochrom eine Datenbank des Vorüberschreitens ins Netz gestellt, eine Sammlung aus Gesprächsfetzen oder aus Smalltalk, der nicht länger als drei Minuten sein darf. An dieser Datenbank, in der bis jetzt 351 Beiträge gesammelt sind, kann sich übrigens jeder beteiligen.

Eintrag 340 beispielsweise ist so witzig, dass professionelle Gag-Schreiber vor Neid erblassen werden:

Mittwoch, 22. März 2005, Wiener Innenstadt.
Zwei Herren, gut bekleidet, Managertypen, etwas bierbäuchig. Sie gehen an einem Taxistand vorbei.
H1: "Schau, deine Kollegen."
H2: "Ah geh, des san net meine Kollegen."
[kurze Atempause, mit Seufzer unterlegt]
H2: "Meine letzten Kollegen san in Stalingrad g'foilln..."

In Kiel dagegen wird echt norddeutsch lieber Trübsal geblasen:

Kiel. Montag Morgen.
Drei betrunkene Männer, sitzend auf der Föhrderbrücke:
M: "Nee, ich hab nur die aufgezählt, die noch übrig geblieben sind: Also das bist du, und das war's dann auch schon so ungefähr."

Babylonische Sprachverwirrung herrschte dagegen im Sommer 2003 in Griechenland:

Auf einer Bustour mit Amerikanern, Spaniern, Japanern, die Sehenswürdigkeiten werden in Englisch erklärt. Eine Amerikanerin fragt den Reiseleiter:
F: “Sir, could you please speak English?”
R: “That’s English.”

Dennoch: Reisen bildet:

Vor langer Zeit in einem Reisebus nach Italien. Gesprächsfetzen der Touristen:
T: "Jo, die Sixtinische Kapelle sollt ma sich schon einmal im Leben anhören."
T: "De Italiener, de dreckign Hund! De hom ma mei Taschl mitsomt meim Gödbörsl gfladert. Gfraster! Näxts Johr moch i wieder in Österreich Urlaub... am Gardasee.

Es gibt noch große Philosophen:

März 2004. Wir machen eine Umfrage für die Schule (Thema war, glaub ich, ob man Angst vor dem Tod hat). Wir fragen einen Mann, ob er eine Frage beantworten will. Er bleibt stehen.
W: "Haben Sie Angst vor dem Tod?"
M: "Nein, ich bin nicht von hier."

Das ist wohl gerade noch einmal gut gegangen:

Fein gekleidete Dame spricht bei der Bushaltestelle 10A, Czartoriskygasse, Wien, einen ebenfalls auf den Bus wartenden Schwarzen an:
"Excuse me, Mr. Nigger, what's the clock please?"
Fassungslos beobachte ich wie selbiger seine Armbanduhr der Dame entgegenstreckt ...

Und ein bisschen Sex darf natürlich auch nicht fehlen:

Straßenbahnlinie 42er, zwei ungefähr 12jährige Buben unterhalten sich vor mir:
B1: "Du, und weißt Du auf was die Frauen besonders stehen?"
B2: "Sag, sag, sag, sag!"
B1 (voller Stolz): "Wenn Du sie unten leckst!! Darauf stehen sie."
B2 (verständnislos): "Echt?? Na das ist grauslich!"

Zum Schluss dürfen sich noch die Besitzer eines Apple-Computers freuen:

Anfang Juli 2003, München, Media Markt. Zwei Kunden (Mitte 20) verlassen gerade die Computerabteilung.
K1: "Ich hätt so gern nen Mac ..."
K2: "Endgeil.