Das Fernsehen brachte seinem Erfinder kein Glück

Philo Taylor Farnsworth hatte die Idee, doch die RCA kassierte ab

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Ob das Fernsehen wirklich eine gute Erfindung ist, darüber streiten sich die Geister. Der Mann, der unter schwierigen Bedingungen das erste elektronische Fernsehgerät entwickelte, hielt später jedoch von seiner eigenen Erfindung auch nicht mehr viel, als er sah, was daraus wurde und duldete kein Fernsehgerät in seinem eigenen Haushalt. Reich damit wurden auch andere.

Wer Erfinder werden will, braucht reiche Eltern, die ihm schon mit vier Jahren einen Elektronikbaukasten schenken und mit sechs ein Labor zum Experimentieren einrichten, richtig? Wer als Kind einer Mormonen-Familie ohne Elektrizität aufwächst, aus dem kann nur ein Philosoph werden? Falsch!

Philo T. Farnsworth wurde am 12. August 1906 in einer Blockhütte in Indiana Springs, Utah geboren. Als er 12 war, zog die Familie auf eine Ranch in Idaho um. Diese war vier Meilen von der nächsten Schule entfernt, Philo musste also in die Schule reiten. Doch hatten die Farnsworths nun zum ersten Male Elektrizität im Haus. Zudem fand Philo auf dem Dachboden der neuen Wohnung einen Stapel populärwissenschaftlicher Zeitschriften und begann sich so, für die ihm bis dato völlig unbekannte Welt von Elektrotechnik und Elektronik zu interessieren.

Philo T. Farnsworth im Alter von 22 Jahren mit seinem "voll elektronischen" Bildübertragungssystem, 1929 (Bild: ArteFrance / Special Collections University of Utah Library)

Er überzeugte seinen Chemielehrer Justin Tolman, ihm Spezialunterricht zu geben und einen Kurs für ältere Schüler besuchen zu dürfen. Dafür war er seinem Lehrer später sehr dankbar und lobte ihn auch öffentlich – zugegeben ein sehr ungewöhnlicher Fall auch unter Wissenschaftlern. Tolman revanchierte sich später noch, indem er Farnsworth in einem Patentprozess gegen die RCA unterstützte.

Der Junge sollte im Haushalt mithelfen und die Wäsche waschen, was ihn aber so langweilte, weil es ihn von seinen Erfindungen abhielt, dass er mal soeben einen Elektromotor konstruierte, den er an die mechanische Waschmaschine montierte. Eine auch für ältere Ingenieure beachtliche Leistung, für einen zwölfjährigen Jungen jedoch wirklich sehr erstaunlich.

Mit 14 hatte Philo T. Farnsworth die Vision, wie eine elektronische Bildübertragung wohl zu realisieren sei, als er gerade ein Kartoffelfeld eine Furche neben der anderen umpflügte und so den Gedanken bekam, ein Bild ebenso Zeile für Zeile zu übertragen, so wie man ein Buch liest – mit einem Elektronenstrahl in Kamera und Bildröhre, genauso, wie das Fernsehen dann tatsächlich realisiert wurde.

Die Vision im Acker

Philo T. Farnsworth konnte sich nach nur zwei Jahren High-School bereits auf der Brigham Young University einschreiben. Nach zwei Jahren war er allerdings gezwungen, die Universität wieder zu verlassen, weil sein Vater gestorben war und er nun die Familie ernähren musste.

Es dauerte jedoch noch weitere sieben Jahre, bis Farnsworth wirklich bauen konnte, was er vorhatte. Mit 21 hatte er geheiratet und Investoren sowie Assistenten gefunden, um seine erste elektronische Kamera zu bauen. Doch wegen einer Überspannung flog diese beim ersten Test in die Luft und wurde vollständig zerstört. Er musste neue Investoren finden und von vorne anfangen.

Sein erstes echtes Fernsehbild übertrug er am 7. September 1927: ein geschwärztes Glas mit einer frei gekratzten Linie in der Mitte, das er vor der Kamera drehte. Einer der Investoren, George Everson, saß zusammen mit ihm und seiner Frau vor dem Bildschirm und sah die sich drehende Linie. Fansworth sprach nur trocken: "Bitte sehr: Elektronisches Fernsehen". George Everson schickte dagegen ein deutlich emotionaleres Telegramm an einen anderen Investor: "Das verdammte Ding funktioniert!".

Pem und Philo T. Farnsworth kurz nach ihrer Hochzeit auf dem Weg nach Hollywood, 1926 (Bild: Arte France / Utah State Historical Society)

Leider war es Philo T. Farnsworth nicht vergönnt, die Früchte seiner Erfindung zu ernten: Sein Konkurrent Vladimir Zworykin hatte bereits 1923 eine Patentschrift für elektronisches Fernsehen eingereicht, obwohl er 1933 überhaupt erst die erste funktionierende Kameraröhre, Iconoscope genannt, entwickelt hatte – und zwar im Dienste der RCA (Radio Corporation of America) aufgrund eines Nachbaus von Farnsworths Konstruktion. Die RCA bwz. deren Chef David Sarnoff war daran interessiert, den Fernsehmarkt ebenso wie zuvor den Radiomarkt zu monopolisieren, indem sie alle verfügbaren Patente aufkaufte, sodass später jeder, der Fernseher herstellen wollte, dafür Lizenzen hätte bezahlen müssen. Farnsworth wollte jedoch seine Patente nicht verkaufen, sondern selbst davon leben, weshalb RCA die Patente des Konkurrenten Zworykin kaufte.

Obwohl die RCA viele Anwälte und viel Geld hatte, konnte Farnsworth den Patentprozess gewinnen, weil sein ehemaliger Chemielehrer Justin Tolman die Konstruktion wiedergeben konnte, die Philo T. Farnsworth schon mit 15 Jahren zu High-School-Zeiten im Kopf gehabt hatte und ihm damals aufgezeichnet hatte. Allerdings gingen diese Patentstreitigkeiten über mehrere Instanzen und viele Jahre und als die RCA sich endlich bereit erklärte, Farnsworth Lizenzengebühren zu zahlen, kam der Zweite Weltkrieg und der Bau von Fernsehgeräten für die heimische Unterhaltung war kein Thema mehr, denn es waren kriegswichtige Dinge zu bauen. Da Farnsworths Patent nur sieben Jahre gültig war, schaffte er es nicht, auf diese Art reich zu werden: als der Krieg endlich vorbei war und wieder Fernseher gebaut wurden, war das Patent abgelaufen.

Die RCA promotete dennoch weiterhin mit hohem Aufwand ihren David Sarnoff und den Vladimir Zworykin als die Erfinder des Fernsehens. Farnsworth zog sich deprimiert in ein Haus in Maine zurück und verfiel dem Alkohol. Er bekam einen Nervenzusammenbruch, wurde ins Krankenhaus eingeliefert und sogar Elektroschocktherapie ausgesetzt.

Die Kinderstars "Smiles" Blum (11) und "Baby Dolores" (4) in Farnsworths Fernsehstudio, Wyndmoor, Pennsylvania, 1936 (Bild: Arte France / Manuscripts Division, University of Utah Libraries)

1947 brannte dann auch noch Farnsworths Haus samt Labor ab – er durfte wieder einmal komplett von vorne anfangen, hatte aber nach all diesen Jahren teils extremen Arbeitseinsatzes keine Energie und kein Interesse am Fernsehen mehr. Bis zu seinem Lebensende widmete er sich stattdessen hauptsächlich der Kernfusion und entwarf statt den heute gängigen Magneteinschluss-Plasmakonstruktionen eine Art heiße Ionenkanone, den Farnsworth-Hirsch-Fusor, die auch tatsächlich imstande war, Kernfusion in mikroskopischen Maßstab auszulösen.

Philo T. Farnsworth hatte einst gehofft, dass das Fernsehen ein einzigartiges Lehrmittel sein würde, das den Analphabetismus ausrotten könnte, vor dem Kinder gemeinsam mit ihren Eltern lernen könnten und in dem die Menschen in andere Länder sähen und von diesen lernen könnten. Er dachte, dass dieses zu einem besseren Verständnis der Völker füreinander führen würde und dass in der Zukunft Streitigkeiten deswegen am Konferenztisch beigelegt werden könnten statt in einem Krieg.

Autsch, das tut weh!

Von der Realität wurde er jedoch bald desillusioniert. 1957 hatte er als Dr. X. einen Gastauftritt in einer amerikanischen Version von "Wer bin ich?“. Als eins der Jurymitglieder die Frage stellte, ob er eine Maschine erfunden hätte, die Schmerzen verursachen könne, wenn sie benutzt würde, antwortete Farnsworth: "Ja, manchmal ist es sehr schmerzhaft." Dabei war er noch höflich gewesen, in seiner eigenen Familie wurde kein Fernseher angeschafft und er sagte zu seinem Sohn:

Es gibt dort nichts zu sehen, was es wert wäre, wir werden es in diesem Haushalt nicht anschauen und ich möchte es nicht auf deinem intellektuellen Speiseplan sehen!

Neben dem Fernsehen erfand Philo T. Farnsworth noch 165 andere Geräte und Baugruppen, die teils in der Fernsehtechnik, aber auch im Radar, dem amerikanischen Raketenfrühwarnsystem und U-Boot-Detektoren verwendet werden konnten, doch auch ein Elektronenmikroskop, einen Brutkasten für Babys in und ein Gastroskop.

“Der Fernseher, eine weitsichtige Erfindung“

Philo T. Farnsworth starb verarmt am 11. März 1971 und ist heute selbst in den USA fast vergessen. In Deutschland sind ohnehin andere Namen mit dem Fernsehen verbunden. Einerseits Paul Nipkow, der jedoch ein Fernsehsystem mit rein mechanischer Bildabtastung entwickelt hatte, das nicht für höhere, praxistaugliche Auflösungen geeignet war. Im Dritten Reich wurde Nipkow zwar als Erfinder des Fernsehens bezeichnet, doch lediglich, um es als deutsche Erfindung präsentieren zu können. Der Forscher Nipkow selbst war den Nationalsozialisten völlig egal. Auch beruhte das erste deutsche Fernsehen zur Olympiade 1936 bereits nicht mehr auf seiner Technik. John Logie Baird, der 1928 die erste mechanische Fernsehübertragung auf Basis der Nipkow-Technik realisiert hatte, kaufte später eine Lizenz fürs elektronische Fernsehen von Farnsworth. Andererseits Karl Ferdinand Braun, dessen bereits um die Jahrhundertwende entstandene Kathodenstrahlröhre unter anderem von Manfred von Ardenne ab 1930 als Wiedergaberöhre für ein elektronisches Fernsehsystem eingesetzt wurde und bis heute die meistverbreitete Anzeigetechnik für Fernsehbilder darstellt.

Doch war Farnsworth der erste, der ein durchgehend elektronisches System erdacht und realisiert hatte. Am Themenabend „Heureka - Ich hab's gefunden!“, der sich mit Erfindern und ihren Motiven, die Welt zu verbessern beschäftigt, widmet ihm Arte TV unter dem etwas dümmlichen Titel „Der Fernseher, eine weitsichtige Erfindung“, einen Beitrag.

Eine andere Dokumentation zeigt unter dem Titel „Das Genie, das störte„ Otto Wichterle, den Erfinder der Kontaktlinsen, dessen Erfindung heute von mehr als 100 Millionen Menschen genutzt wird, doch der selbst auch nicht davon reich wurde, weil er sie in der Tschechoslowakei, einem kommunistischen Land machte. Und auch das in einem nach einem Theaterstück gedrehten Spielfilm gezeigte Forscherduo Marie Sklodowska und Pierre Curie, das die Radioaktivität entdeckte, wurde zwar berühmt, doch am Ende auch von seiner eigenen Entdeckung umgebracht.

"Die Curies - Ein Herz und eine Forscherseele"

Im Jahr 1894 treibt der Leiter des Physikalischen Instituts in Paris, Professor Schutz, seine Forscher Pierre Curie und Gustave Bémont zu immer neuen Experimenten an. Als Assistentin stellt er ihnen in ihrem ärmlichen Labor die Polin Marie Sklodowska zur Seite. Pierre Curie, der – von seinen Kollegen belächelt – über Uranium forscht, kommt Marie auch privat näher. Die beiden heiraten.

Marie (Isabelle Huppert) und Pierre Curie (Charles Berling) (Bild: Arte France)

Gemeinsam erklären sie ihre Theorie von der Radioaktivität des Uraniums. Doch ihre Forschungsergebnisse werden angezweifelt und es droht ein Skandal. Institutsleiter Professor Schutz gibt den Curies drei Wochen, um ihre Versuche und Berechnungen zu wiederholen. Ihnen gelingt der Durchbruch. Sie entdecken, dass Radium bis zu drei Millionen Mal radioaktiver ist als Uranium. Im Jahr 1903 erhalten Marie und Pierre Curie für ihre Forschungen auf dem Gebiet der Radioaktivität den Nobelpreis für Physik.

Das Drehbuch entstand nach einem Theaterstück von Jean-Noël Fenwick. Das "Lexikon des Internationalen Films" schreibt:

Bei weitem keine trockene Biografie, sondern ein Film voller Witz und Charme, der sich in erster Linie auf die aus Polen stammende Marie konzentriert, die als leidenschaftlich und lebenslustig dargestellt wird. Gute Darsteller tragen das Ihre zum Gelingen der gediegenen Filmunterhaltung bei.

Otto Wichterle – Das Genie, das störte

Als Otto Wichterle 1952 in einem Zug seinem Nachbarn über die Schultern guckte, der einen Artikel über die Nutzung des Titans zur Herstellung von künstlichen Augen las, kam dem Chemiker die Idee, hydrophile Gele, die bei Wasseraufnahme ihr Volumen vergrößern, für die Herstellung von Kontaktlinsen zu nutzen. Doch erst zu Weihnachten 1961, als seine Kinder mit einem Fahrraddynamo spielten, gelang es ihm, den Prototyp einer Maschine zu bauen, die den Weg für die Herstellung von Linsen in Serie eröffnete.

Otto Wichterle mit seiner Erfindung, einer Maschine zur Herstellung von Kontaktlinsen in Serie, 1994 (Bild: Arte France)

Zu dieser Zeit war Wichterle Mitglied des tschechoslowakischen Parlaments, aber der Einmarsch der Truppen des Warschauer Pakts 1968 bereitete der politischen und wissenschaftlichen Karriere des engagierten Demokraten ein jähes Ende. Wichterle wurde zum Staatsfeind erklärt und vom öffentlichen Leben ausgeschlossen. Unterdessen bereicherte sich der tschechische Staat an Wichterles Erfindung, denn in der Tschechoslowakei war das Patent an einer Erfindung nicht Privatbesitz, sondern staatliches Eigentum. Filmemacher Tomas Kudrna verwendete zahlreiche Archivdokumente, auch aus dem Besitz der Familie Wichterle, unter anderem über das besagte Weihnachten 1961.

Arte TV Themenabend „Heureka - Ich hab's gefunden!“

Die Curies – Ein Herz und eine Forscherseele, Spielfilm, Regie: Claude Pinoteau, Frankreich 1997, 103 Minuten. Arte TV, Sonntag, den 8. Januar 2005, 20.40 Uhr

Der Fernseher, eine weitsichtige Erfindung, Dokumentation, Regie: David Dugan USA 1997, 52 Minuten. Erstausstrahlung Arte TV, Sonntag, den 8. Januar 2005, 22.30 Uhr

Otto Wichterle – Das Genie, das störte, Dokumentation, Regie: Tomas Kudrna, Frankreich 2005, 60 Minuten. Erstausstrahlung Arte TV, Sonntag, den 8. Januar 2005, 23.20 Uhr