Spiel mit Charme, Witz und Einfallsreichtum

Geburtstag eines Klassikers: Das Adventure Spiel "The secret of Monkey Island" wird 15

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"Die Hunde sind nicht tot. Sie schlafen nur. Bei der Programmierung dieses Spiels wurden keine Tier gequält." Diese Meldung ploppte bei dem Adventure-Game „The Secret of Monkey Island“ auf, sobald man die Wachhunde der angebeteten Gouverneurin hinterlistig mittels Schlafmittel im Futter betäubt hatte, um in ihre Villa zu gelangen. Bei Monkey Island starb wirklich niemand. Das war und ist in Computerspielen sehr ungewöhnlich, noch dazu wenn es sich um ein Piratenspiel handelt. Was sich Anfang 1991 am Bildschirm heimischer Computer tat, hatte ohnehin nicht viel mit dem zu tun was sich sonst bis dahin auf den Monitoren abgespielt hatte.

Das Spiel hatte Dinge zu bieten, welche Computerspiele schon damals oftmals vernachlässigten: Charme, Witz und Einfallsreichtum (Wo das Benzin ist). Und man kann mit einer gewissen Bitternis verstellen, dass es den meisten Computerspielen heute noch nach wie vor an genau diesen Tugenden fehlt. Angesichts der Grafikexzesse und gleichzeitiger konzeptioneller Ideenlosigkeit heutiger Produktionen treibt es einem passionierten Computerspieler, der im Idealfall heute zwischen 25 und 35 Jahre alt ist und Anfang der 90er Jahre einen Amiga 500 oder einen PC mit 16 Farben Grafikkarte sein eigen nannte, die Tränen in die Augen.

Bis heute gilt das Spiel, welches von LucasFilmgames (später LucasArts) herausgegeben wurde, für viele als das möglicherweise beste Spiel aller Zeiten und als der herausragende Repräsentant des „Golden Age of Adventure Games“, jener Zeit also, die vom Ende der 80er Jahre bis zur Mitte der 90er reichte und mit dem ebenfalls zum Kult avancierten Maniac Mansion ihren Anfang nahm. Gut acht Jahre später verabschiedete sich „LucasArts“ vom Adventure-Genre, der größte Konkurrent „Sierra“ wurde aufgekauft und produzierte fortan (allerdings immerhin qualitativ hochwertige) Actiontitel.

Programmiert wurde das Spiel federführend von Ron Gilbert, der zu dieser Zeit an fast jedem LucasFilm-Game beteiligt war und nach seinem Engagement bei LucasArts vor allem Adventures für Kinder designte. Auf die Frage, wieso er ausgerechnet ein Piratenspiel machen wollte, antwortete er in einem Interview: „Ich habe mich für Piraten entschieden, weil es nah an Fantasy war, aber ohne Elfen. Oder wenn es Elfen gegeben hätte, wären sie von den Piraten getötet worden.“ Auf seinem eigenen Blog rechnet er bis heute immer wieder gerne höchst unterhaltsam mit der heutigen Computerspieleindustrie ab, der es seiner Meinung nach nicht mehr um inhaltlich sondern nur noch um technische Innovationen geht.

Die Geschichte des Spiels ist schnell erzählt. Ein Junge mit dem unaussprechlichen Namen Guybrush Treepwood, – für den er sich im Spiel kübelweise mit Häme überzogen wird (der Name „Guybrush“ rührt daher, dass die Grafikdatei der männlichen Spielfigur des guy.brush hieß und den Programmierern kein anderer Name einfiel) - möchte Pirat werden. Dafür muss er drei Prüfungen bestehen. Nachdem er diese erledigt hat wird seine Geliebte Gouverneurstochter Elaine von dem untoten Geisterpiraten LeChuck entführt. Am Ende befreit Guybrush sie und verabreicht dem Bösewicht eine Ladung Wurzelbier, woraufhin dieser explodiert und als Kollateralnutzen ein schönes Feuerwerk für den Abspann hinterlässt.

Bis heute erfreuen sich viele Rätsel und Charaktere des Spiels ungebrochner Popularität und wurden und werden in anderen Spielen immer wieder gerne rezitiert. Gebrauchtschiffsverkäufer, Wurzelbierautomaten und piratische Werbefachleute im Dienste anderer Lucasfilmgames - der Humor in Monkey Island bestand aus der Implementierung moderner Mythen und Gegenstände in die eigentlich klassische Piratenwelt und aus einem großen Schuss Selbstironie.

Piratischer Werbeträger für Loom, ein weiteres Adventure aus dem Haus Lucasfilmgames

Hinzu kam Guybrush Treepwood, der als liebenswerter Antiheld von einer Katastrophe in die nächste stolperte und dessen Triumphe meist nur von kurzer Dauer waren. Ein Kriterium für die Beurteilung von Adventures war schon immer die Qualität der zu lösenden Rätsel. Diese sollten nach Möglichkeit logisch, aber trotzdem kreativ und einfallsreich sein. Ein Balanceakt, an dem die meisten Designer regelmäßig scheitern.

Anders Monkey Island: Das klassische Piratengetränk Grog stellt sich hier als so stark heraus, dass sich damit problemlos Gefängnisschlösser durchätzen lassen, und mit Wattestäbchen können wie selbstverständlich Schlösser uralter mythischen Tempelanlagen geöffnet werden. Erwähnt werden müssen natürlich auch die Schwertkämpfe. Diese wurden bei Monkey Island entgegen der historischen Überlieferung nicht durch körperliche Anstrengung gewonnen. Vielmehr war derjenige im Vorteil, der seinem Gegenüber die gröbere Beleidigung an den Kopf warf. Allerdings gehörte etwas Übung dazu, Beschimpfungen auspacken zu können, die über ein "Du kämpfst wie eine Kuh!" hinausgingen.

Hier machten die Programmierer auf das nervige Diskettenwechseln aufmerksam. Bei der CD-Version wurde der Witz entfernt

Die Konkurrenz hatte bei Monkey Island allerdings nichts zu lachen. Sierra, die andere große Adventureschmiede, wurde nicht nur durch das spielerische Spektakel des Konkurrenten mehr als düpiert. Als Guybrush eine Klippe herunterfällt, erscheint sofort ein Fenster, auf welches die traurige Nachricht überbracht wird, dass Guybrush abgekratzt ist. Das Fenster erschien im typischen Sierrastil. Sierra-Spiele waren damals für den Spleen bekannt die Spielfigur an jeder Ecke sterben zu lassen. Trank man aus einem Fluss, war dieser meist vergiftet. Trank man einen Schluck aus dem Meer, starb man qualvoll an Übersalzung. Kam man an einen See und versuchte daraus zu trinken, wurde man in der nächsten Sekunde von einem Seemonster getötet usw. und musste jedes Mal neu laden (falls man daran gedacht hatte zu speichern). Schloss man nun bei Monkey Island das Fenster mit der vermeintlich schlechten Nachricht, kam Guybrush auf den Felsen zurückgefedert, grinste kurz, gab einen hämischen Kommentar über Sierra-Spiele ab, und es konnte weitergehen.

Obwohl Guybrush, Elaine und LeChuck bei vielen Gamern Kultstatus genießen, sind die Figuren niemals zu Ikonen der kommerziellen Popkultur wie z.B. Mario oder Lara Croft geworden. Das ist vielleicht auch besser so. Zu Monkey Island gab es einen würdigen Nachfolger, der diesem in Sachen Abgedrehtheit in nichts nachstand. Nach langer Pause kam dann Teil 3 und 4 der Serie in die Läden, an denen Ron Gilbert jedoch nicht mehr beteiligt war (Das Piraten-Adventure lebt). Sie gelten zwar als ordentliche Adventures, enttäuschten aber trotzdem die Fangemeinde.

Aber es gibt Hoffnung. Vor einiger Zeit meinte Ron Gilbert: Mein Traum ist es, die Rechte an Monkey Island zu kaufen und das wahre Monkey Island 3 zu machen: "Monkey Island 3a: Das Geheimnis wird enthüllt oder Sie erhalten Ihr Geld zurück." Dass dabei keine Tiere gequält werden, versteht sich von selbst.