Mit Mini-Magneten ist zu rechnen

Spintronik: Ein Dreifach-Gatter als digitaler Universalbaustein

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Amerikanische Forscher konstruieren ein digitales Logik-Gatter aus winzigen Ferromagneten, aus denen sich jeder Logikschaltkreis zusammensetzen ließe.

Vorfeldentwickler befassen sich bereits seit Jahren mit magnetoresitiven Speicherchips. Magnetoresitive Speicherzellen sind wegen ihres remanenten magnetischen Dipolmoments nichtflüchtig und versprechen Rechner, die nach dem Einschalten nicht mehr booten müssen. Verhinderte Oberstudiendirektoren mögen einwenden, jeder PC könne auch heute schon nach dem Einschalten starten, ohne zu booten. Jedoch befindet sich auf der Festplatte eine Auslagerungsdatei, deren Größe der des Arbeitsspeichers entspricht; beim Starten muss der Rechner erst diese Auslagerungsdatei in den Arbeitsspeicher laden.

Aus fünf winzigen Ferromagneten lässt sich ein magnetisches Gatter herstellen. Die Mehrheit der digitalen Eingangssignale, 0 oder 1, legt mittels der Ausrichtung des zentralen Ferromagneten das Ausgangssignal fest. Vor dem Ausgang befindet sich ein Inverter. Die Pfeile repräsentieren die Richtung des magnetischen Dipolmoments. (Bild: R. P. Cowburn, Imperial College London, England)

Die magnetischen Speicherzellen sind nur eine Facette der Spintronik. Zudem kam vor einem halben Jahrzehnt in der Grundlagenforschung das Rechnen mit winzigen Magneten in Mode. Forscher hoffen, die Leistungsaufnahme von Mikroprozessoren um Größenordnungen senken zu können.

Von dieser banalen Eigenschaft abgesehen, träumen die Wissenschaftler von feldprogrammierbaren Gattermatrizen magnetischer Bauart, ein Analogon heutiger FPGAs. Diese Schaltkreise bräuchten ein Verdrahtungsmuster nur noch dann zu laden, wenn es sich ändern soll. Bekanntlich lässt sich aus NOR-Gattern jeder Logikschaltkreis zusammensetzen, dasselbe gilt für NAND-Gatter.

Diese Rasterelektronenmikroskopaufnahme zeigt die fünf Minimagnete sowie die drei durch Pfeile gekennzeichneten Ansteuermagnete, die die Eingangssignale einspeisen. Es gibt zwei Ansteuermagnete pro Eingang für die Signale 0 und 1. (Bild: A. Imre, University of Notre Dame im amerikanischen Bundesstaat Indiana)

Amerikanische Wissenschaftler der University of Notre Dame haben sich etwas Ausgefallenes ausgedacht: ein Gatter mit drei Eingängen, in dem die Mehrheit der Eingangssignale den Ausgangszustand festlegt; vor dem Ausgang wird das Signal noch invertiert. Also arbeitet das Dreifach-Gatter wie ein klassisches NOR- oder NAND-Gatter, sofern an einem der drei Eingänge permanent das Signal 1 beziehungsweise 0 anliegt.

Somit lässt sich aus der invertierten Mehrheitsabstimmung jeder Logikschaltkreis zusammensetzen, sogar ein Mikroprozessor. Die Forscher berichten ihre Ergebnisse in der Ausgabe vom 13. Januar 2006 der Zeitschrift Science in Band 311 auf Seite 205.

Mittels eines magnetischen Rasterkraftmikroskops lassen sich die Magnetisierungen abbilden. Ein Maßstab ist in Teilbild E eingeblendet. (Bild: A. Imre)

"Es brächte jedoch nicht viel, einen kompletten Mikroprozessor aus magnetischen Gattern zu konstruieren, sinnvoller wäre ein Hybrid-Schaltkreis, in dem die neuartige Technik nur Spezialaufgaben übernimmt", schlussfolgert der Physiker Russell P. Cowburn vom Londoner Imperial College. "Die amerikanischen Forscher bringen uns diesem Ziel einen Schritt näher".