Pipeline für Südamerika

Lateinamerika verändert sich, der venezolanische Präsident Chavez ist einer der Hauptmotoren

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Das Treffen am vergangenen Donnerstag zwischen den linken Präsidenten Lula da Silva (Brasilien), Nestor Kirchner (Argentinien) und Hugo Chavez (Venezuela) in Brasilien markiert einen weiteren Schritt zur engeren Verflechtung auf dem lateinamerikanischen Kontinent. Beschlossen wurde der Bau einer Gaspipeline in einer Länge von bis zu 10.000 Kilometern von Venezuela nach Brasilien und Argentinien.

In einem halben Jahr will man sich über die Einzelheiten für den Bau der Gaspipeline verständigt haben, deren Kosten auf 20 Milliarden US-Dollar geschätzt werden. Mit einbezogen werden soll nach offizieller Bekundung der drei Präsidenten auch Bolivien, wo mit Evo Morales gerade ebenfalls ein linker Präsident gewählt wurde (Ausweg aus der US-Dominanz). Morales beabsichtigt, das Gas zu verstaatlichen. Bolivien hat nach Venezuela das zweitgrößte Gasvorkommen in Südamerfika. Überdies wurde beschlossen, das Land durch Entwicklungsprojekte zu unterstützen. Geplant ist auch die Einbeziehung von Chile. Mit der Pipeline, mit der auch Öl- und Gasvorkommen in der gesamten erschlossen werden sollen, wird die Freihandelszone Mercosur (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay), in die Venezuela eintreten will, noch enger zusammenrücken.

Besonders Chavez, der sich gegenüber US-Präsident Bush zu profilieren sucht, wird von der US-Regierung als gefährlich betrachtet, Lateinamerika zu destabilisieren, was in erster Linie heißt, den Einfluss der USA zu mindern. Jeb Bush, der Bruder des US-Präsidenten und Gouverneur von Florida, hatte gerade bei einem Besuch in Peru davor gewarnt, dass Venezuela einen "negativen Einfluss" auf die bevorstehenden Wahlen ausübe. Chavez unterstützt den linken und nationalistischen Präsidentschaftskandidaten Ollanta Humala, der ebenso wie Morales Indio ist, während er die rechtsgerichtete Lourdes Flores kritisiert. Der peruanische Schriftsteller Mario Vargas Llosa zeichnet bereits das Bild von Chavez, Morales und Humala, die einen neuen "Rassismus" der Indios gegen die Weißen begründen würden. Llosa klagt, dass diese drei "barbarischen" Volksführer nicht nur "rassistisch und militaristisch" sein, sondern auch noch nationalistisch.

Der Aufbau einer gemeinsamen Infrastruktur gilt den drei Präsidenten als wichtiger Schritt. Chavez versucht, mit den Öl- und Gasvorkommen Venezuelas die von ihm gewünschte Integration Lateinamerikas unter dem Zeichen der "bolivarianische Revolution" voranzutreiben. So sprach er davon, dass Venezuelas Gasvorkommen noch für 200 Jahre ausreichen würden und den Ländern Lateinamerikas und der Karibik zugute kommen sollen.

Die Pipeline stelle einen "ersten Schritt zur Konsolidierung der Energie-Infrastruktur" dar, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Von Venezuela aus wird die Pipeline zuerst im Meer um den Mercosur-Gegner Kolumbien herum verlaufen und ab Nordbrasilien über Land bis nach Manaos gehen. Hier soll sich die Pipeline verzweigen, um dann einerseits weiter in den Nordosten Brasiliens und andererseits in den Süden über Brasilia und Rio de Janeiro nach Argentinien und Uruguay zu gehen. Wirtschaftlich könnte vor allem die Region zwischen Orinoco in Venezuela und Manaos in Brasilien von der Pipeline profitieren. Gehofft wird, dass sich Uruguay mehr von den USA lösen und zumindest das Projekt nicht behindern wird.

Chavez kündigte an, er werde vorschlagen, entlang der Pipeline gemeinsame Entwicklungsprojekte für die Landwirtschaft, die Schiff-, Luftfahrt- und Rüstungsindustrie und den Wohnungsbau einzurichten. Chavez schlägt überdies einen gemeinsamen "Verteidigungsrat" der 12 lateinamerikanischen Staaten vor. Für ihn ist die "Achse Caracas-Brasilia-Montevideo-Buenos Aires strategisch" zentral. Kirchner fügte hinzu, dass Lateinamerika nicht der "Hinterhof der Welt" sein will, sondern man wolle zu einem "aktiven Part bei der Konstruktion der Zukunft werden, die uns erwartet".