Porto für Emails

AOL und Yahoo wollen zur Bekämpfung von Spam vertrauenswürdige Unternehmen dazu bringen, für ihre Mails zu bezahlen, die dann direkt unter Umgehung der Filter im Briefkasten der Kunden landet - auch Internetprovider haben ähnliche Ideen

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Spam nervt. Die Spam-Filter sind keineswegs perfekt, zumal die Spam-Versender immer wieder neue Möglichkeiten finden, die Filter zu unterlaufen. Yahoo und AOL haben nun eine neue Idee entwickelt, wie sich mit Spam Geld verdienen lässt. Sie wollen ein System einrichten, das die Emails durch die Filter lässt, für die Unternehmen bezahlt haben. Damit würde erstmals eine Art Porto für Email eingeführt.

Auch wenn Yahoo und AOL vielleicht nur 0,5 Cent pro Email von einem Unternehmen verlangen würden, damit einer ihrer Kunden eine Email erhält, käme angesichts der gewaltigen Mengen an Mails doch ein stattlicher Gewinn heraus, wenn sich denn die Versender derart unter Druck setzen lassen.

Mit dem Vorhaben soll nicht nur eine neue Einnahmemöglichkeit geschaffen werden, man will so die Spam-Fluten und manche der damit einhergehenden Betrügereien eindämmen. Allerdings werden nicht alle Mails ohne "Porto" abgewiesen, die bezahlten Mails erhalten aber eine Sonderbehandlung. Bei AOL sollen sie direkt im Postfach der Empfänger landen und nicht mehr über die Filter laufen, auch Bilder oder Links werden nicht blockiert. Und zum Schutz der Empfänger sollen nur die Mails in das Sonderprogramm aufgenommen, wenn sichergestellt sei, dass die Empfänger ihr Einverständnis gegeben haben.

Nicholas Graham, AOL-Sprecher, rechtfertigte den Plan durch Verweis auf die Briefpost. Dort gäbe es auch verschiedene Zustellarten zu unterschiedlichen Gebühren. Allerdings würden in diesem Fall nur die Werbe- oder Geschäftsmails von Unternehmen garantiert in den Postfächern der Kunden landen, weniger Spam für diese gäbe es aber nicht, weil die von AOL und Yahoo installierten Filter ja schon einen mehr oder weniger großen Teil herausfischen.

Ob Besitzer von Mail-Accounts bei AOL oder Yahoo von der neuen Geschäftsidee profitieren, ist also fraglich. Yahoo führt hingegen an, dass gerade der Preisdruck die Unternehmen dazu bringen würde, mehr darauf zu achten, ob und wem sie Mails schicken. Die bislang niedrigen Kosten unterstützen die Versendung von Spam, Mailinglisten würden nicht gepoflegt.

Die Einführung des Email-Portos steht in Zusammenhang mit der Kooperation von Yahoo und AOL mit Goodmail stehen. Die Firma bietet einen CertifiedEmail-Service an, bei dem Emails von registrierten Versendern mit einem Symbol gekennzeichnet werden, das den Empfänger garantieren soll, dass die Mails sicher und vertrauenswürdig sind und von einem beglaubigten Versender stammen. Die Empfänger sollen damit vor Spam und Mails von Betrügern oder Kriminellen auf Phishing-Beutezügen geschützt werden. Goodmail verlangt vermutlich pro Email zwischen 0,25 und 1,0 Cent. Wer mehr Mails versendet, erhält einen entsprechend größeren Preisnachlass. Die Hälfte der Gebühr bekommen AOL und Yahoo.

Sie würde aber eine grundlegende Veränderung in das Internet einführen, in dem jeweils Sender oder Empfänger von Emails oder für das Hinauf- bzw. Herunterladen von Daten für die Kosten aufkommen. Die Provider stellen anderen Providern hier nichts in Rechnung. Es wird aber auch von anderer Seite versucht, diese Struktur zu verändern. So wollen US-Provider nicht nur Gebühren von ihren Kunden für die Internetnutzung erheben, sondern auch von Unternehmen kassieren, die große Datenmengen wie beispielsweise Filme oder Musik vertreiben. Auch hier sollen dann die bezahlten Datenströme bevorzugt behandelt werden. Vielleicht also kommt auf solchen Wegen die alte Metapher der Datenautobahn im Kontrast zu den allgemeinen Verbindungsnetzen wieder zur Geltung.

Ob die Kostenneutralität im Internet (Net Neutrality) in den USA beibehalten oder aufgehoben werden soll, ist am Dienstag Thema des Wirtschaftsausschusses des US-Senats. Nach Meinung vieler Kritiker würde das Abschaffen der "Neutralität" zu einer tiefgreifenden Veränderung des Internet führen, die Offenheit wäre gefährdet, Innovation würde behindert, ein Zwei-Klassen-System zum Schaden von Nutzern und kleineren Unternehmen eingeführt. Mit Porto- und Mautgebühren könnten Probleme auftauchen, die ein Autor in USA Today vor kurzem so anschaulich machte:

You have a DSL connection from your local phone company. You try to go to, say, www.usatoday.com but instead see a message, “USATODAY.com does not currently have a transport agreement with AT&T to have its content carried to AT&T subscribers. We apologize for any inconvenience.