Wie man trotz aktiver Beihilfe zur Zensur für die Freiheit kämpft

US-Firmen wie Yahoo, Microsoft oder Google sind unter Kritik geraten, weil sie in China um des Geschäftes willen die gewünschte Zensur ausüben, ihre Rechtfertigungsrhetorik macht die Sache nicht besser

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Heute findet vor dem Kongressausschuss “Africa, Global Human Rights and International Operations” eine Anhörung statt, in der Vertreter von Microsoft, Google, Yahoo und Cisco wegen ihrer Kooperation mit der chinesischen Regierung zur Zensur des Internet befragt werden. Der Leiter des Unterausschusses, der republikanische Abgeordnete Chris Smith, hat die Anhörung durchgesetzt und will ein Gesetz einbringen, dass es US-Unternehmen die Mitarbeit bei Zensur erschweren soll. Aber er will mit der Anhörung auch als Pionier auftreten: Zum ersten Mal in der Geschichte des Repräsentantenhauses, verkündet er, werde eine Anhörung über einen Live Blog dokumentiert.

Anti-Google-Kampagne von The Cult of the Dead Cow

Smith nannte die Anhörung „Das Internet in China: Ein Mittel zur Unterdrückung“ und will mit dieser zugleich vorführen, wie das Internet in der freien Welt benutzt wird. „Moderne Kommunikationsmittel haben die Einzelnen in die Lage versetzt, ihre Nachrichten aus verschiedenen Quellen zu erhalten. Und Blogs wurden zu einer normalen Nachrichtenquelle für viele Amerikaner.“ In Amerika habe man die „Freiheit, unzensiert Informationen und Nachrichten im Web zu publizieren – sogar aus dem Inneren des Kongresses heraus.“ Mit „Live Blogs“ könne man die Transparenz verstärken und die Partizipation der Bürger am politischen Prozess fördern. In China sei das nicht möglich, Menschen, die frei ihre Meinung äußern, würden eingesperrt – „amerikanische Unternehmen sollten dies nicht unterstützen“.

Google hatte Ende Januar bekannt gegeben, eine zensierte Version der Suchmaschine in China zu starten (einen Vergleich zwischen google.com und google.cn kann man hier machen). Immerhin aber hat sich Google im Unterschied zu Yahoo, AOL und MSN bislang geweigert, freiwillig Kundendaten der US-Regierung herauszugeben (Der Google-Nutzer wird gegoogelt). MSN nahm in voreilendem Gehorsam im Januar den Weblog eines chinesischen Journalisten vom Netz und versprach dann „Besserung“, derartiges nur noch nach Aufforderung einer chinesischen Behörde zu machen. Besonders unter Kritik steht Yahoo, nachdem sich herausgestellt hat, wie die Organisation Reporter ohne Grenzen berichtete, dass das Unternehmen den chinesischen Behörden die Daten von mindestens zwei Cyberdissidenten übergeben hat, wodurch diese verhaftet und zu langen Gefängnisstrafen verurteilt werden konnten.

Allerdings hat sich Yahoo – schon länger wie Microsoft oder Cisco unter Kritik stehend (Geschäfte im "weltweit größten Gefängnis" für Internetnutzer) - mittlerweile gegenüber amerikanischer Kritik und Beeinflussung weitgehend immun gemacht. Letzten Oktober hatte das Unternehmen die Anteilsmehrheit an der chinesischen Website einer privaten chinesischen Firma übergeben. Smith würde gerne die amerikanischen Unternehmen mit einem Gesetz dazu zwingen, ihre wichtigen Server für die chinesischen Internetdienste außerhalb des chinesischen Territoriums zu betreiben, so dass sie sich nicht damit herausreden können, den Vorschriften der chinesischen Regierung folgen zu müssen. Das Gesetz hätte wohl wenig Chancen, überhaupt umgesetzt zu werden, die Zensur würde weiterhin betrieben werden, nur die Daten von Benutzern wären sozusagen Offshore vielleicht geschützt.

Yahoos chinesische Website, die von der chinesischen Firma Alibaba.com in Shanghai betrieben wird, untersteht aber nicht mehr dem amerikanischen Gesetz, sondern den lokalen Gesetzen – zumindest wäre der Zugriff sehr viel schwieriger. Zu einer anderen Anhörung am 1. Februar zur selben Sache, zu der allerdings keine der betroffenen Unternehmen überhaupt erschienen ist, hatten sich Yahoo und Microsoft in einem Brief von dem Problem, repressive Regime zu unterstützen, freigesprochen. Das müssten die Regierungen untereinander ausmachen. Überdies würden sie auch dann, wenn sie die Auflagen erfüllen, den Menschen und der Demokratisierung in autoritären Regimen helfen. Ihre Präsenz sei besser, als wenn sie keine Geschäfte mit solchen Ländern machten, da ihre Dienste dennoch für mehr Offenheit und Reform sorgten.

Parodie auf die Google-Kampagne

Yahoo hat nun noch einmal nachgelegt und seine Wertvorstellungen als globales Internetunternehmen vorgelegt. Man sei dem „freien Zugang zu Information und Kommunikation auf globaler Basis“ verpflichtet. Und man sei besorgt, dass manche Staaten diesen Zugang einzuschränken suchen. Dann wiederholt man die These, dass Yahoo, das die dem Internet innewohnende Tendenz zur Freiheit verkörpert, praktisch schon durch seine Anwesenheit „eine mächtige Kraft ist, um Freiheit und Offenheit zu befördern“.

Das dauert dann eben nur eine Weile, könnte man daraus folgern, und daher arbeitet und verdient man zunächst als Trojanisches Pferd in den bösen Reichen, um diese schließlich selbstlos von innen heraus zu öffnen. Direkt beeinflussen könne man Regierungen nicht – zumindest dann nicht, wenn man den Markt nicht Konkurrenten überlassen will -, die Stärkung der Presse- und Meinungsfreiheit müsste also mit Verhandlungen zwischen Regierungen vorangebracht werden. Aber damit hat man höchstens nur sehr bedingt zu tun.

Aber Yahoo sieht sich auch einigen Prinzipien verpflichtet, beispielsweise mit der Wirtschaft, Regierungen, Universitäten und NGOs zusammen zu arbeiten, um Unternehmensrichtlinien für Länder mit geringerer Meinungsfreiheit zu entwickeln. Man werde sich weiterhin strikt um Datenschutz und Einhaltung des Rechts bemühen. Verlangt eine Regierung Zensur, so werde man diese so eng wie möglich umsetzen. Und man werde den Dialog mit den Regierungen auf der Grundlage des Wesens des Internet und des freien Informationsflusses fortsetzen. Das ist alles schön gesagt und dürfte bei wortreicher Umschiffung aller konkreten Verpflichtungen nichts an den Geschäftspraktiken ändern - zumal man bei Bedarf den Unternehmenszweig in einem Land mehrheitlich einer anderen Firma übergeben kann und dann sowieso aus dem Schneider ist.