Wie Söldner zu Geschäftleuten wurden

"Sicherheitsdienstleister" bieten eine große Angebotspalette an und verändern die Kriegsführung

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Bezahlte Erbringer von militärischen Dienstleistungen sind in der Kriegsgeschichte nicht unbekannt. Über Jahrhunderte, ja sogar Jahrtausende ist der Einsatz von Söldnern überliefert und ihr Ruf ist nicht der beste. Daher versuchen PMCs (Private Military Company) auch stets sich durch ihre eigene Präsentation vom unsauberen Image der Söldner abzuheben. So ist auf fast allen Webseiten von PMCs und in ihren Broschüren und Erklärungen zu lesen, dass sie stets im Rahmen nationaler und internationaler Gesetze agierten, nur in den Dienst völkerrechtlich anerkannter Subjekte treten, die Achtung der Menschenrechte ein striktes Gebot im Rahmen ihrer Tätigkeiten darstellt und sie zudem für „Demokratie und Frieden“ arbeiten. Der Lobbyverband, in dem sich zahlreiche PMCs zusammen geschlossen haben nennt sich irreführender Weise sogar „International Peace Operations Association“ (IPOA)

Während sich die traditionellen Söldner alleine oder in kleinen Gruppen verdingten und als „Abschaum“ der Gesellschaft angesehen wurden, überführte die Erfindung der PMCs Anfang der 90er Jahre das Geschäft in einen vermeintlich „sauberen“ Wirtschaftsbereich. Damit können sie auch offen rekrutieren, ihre Dienstleistungen auf dem Weltmarkt anbieten und dort um Aufträge konkurrieren. Dies veränderte auch einen weiteren Umstand: Söldner zeichneten sich in der Neuzeit dadurch aus, dass ihnen die Legitimität fehlte, die Soldaten, als vermeintliche Repräsentanten der modernen Staatlichkeit genießen.

Militärische Dienstleister gibt es nun schon einige Jahrzehnte lang, doch sie waren meist auf logistische Aufgaben beschränkt. Innerhalb von wenigen Jahren entstanden Hunderte von Firmen, meist von Ex-Militärs aus Spezialeinheiten gegründet, und das Geschäft weitete sich rasant aus. Plötzlich waren auch die ehemaligen Söldner vermeintlich seriöse Geschäftsleute, ihre Unternehmen sind legal, operieren mit Gewerbeschein und schließen ganz offiziell Verträge mit Regierungen und transnationalen Konzernen. Das bietet ihren Mitarbeitern Schutz vor legaler Verfolgung. Die private Militärintervention ist juristisch abgesichert. Der größte Teil der PMCs stammt aus den USA, weitere Schwerpunktländer sind Großbritannien, Israel und Russland. Sie finden sich aber auch in Deutschland, wie etwa die Firma Optronic, angeklagt wegen illegaler Waffenverkäufe, rekrutiert sie Zivilisten als Statisten für besonders realistische Militärübungen der US Army. Aber auch in anderen europäischen Staaten und letztlich auf allen Kontinenten finden sich PMCs.

Man muss allerdings zwischen verschiedenen Unternehmenstypen unterscheiden. Die US-amerikanischen PMCs sind vollständig in das militärisch-politische Konzept und Vorgehen der US-Regierung eingebunden. Die Firma MPRI, nach dem ersten Krieg gegen den Irak von hochrangigen US-Militärs gegründet, die mit dem Slogan wirbt, über „mehr Generäle pro Quadratmeter zu verfügen als das Pentagon“, hat sogar einen ständigen Sitz bei allen Zusammenkünften des Pentagon. Die US-amerikanischen PMCs agieren nicht ohne die ausdrückliche Zustimmung des Pentagon. Das andere Extrem stellen die russischen Militärdienstleister dar, die meist über umfangreiche eigene Bewaffnung, bis hin zu Kampfflugzeugen, Kampfhubschraubern und Panzern verfügen. Sie bieten ihre Leistungen völlig frei auf dem globalen Markt an und kamen bisher vor allem auf dem afrikanischen Kontinent zum Einsatz. So kann es beispielsweise zu Situationen wie im Krieg zwischen Eritrea und Äthiopien Ende der 1990er Jahre kommen, als Äthiopien von dem russischen Flugzeugbauer Sukhoi Kampfflugzeuge, inklusive russischem Wartungspersonal und Piloten, unter Leasingvertrag nahm und diese sich ihrerseits von der Luftwaffe Eritreas unter Vertrag genommenen russischen Piloten gegenüber sahen.

Die PMCs wuchsen im vergangenen Jahrzehnt rasch, es entstanden wahrhafte Großkonzerne wie etwa DynCorp oder Kellogg, Brown & Root. Teilweise sind sie sogar an der Börse quotiert, kleinere Unternehmen wurden von größeren aufgekauft. Eine wachsende Anzahl von militärischen „Dienstleistungen“ sind nach und nach in die Angebotspalette integriert worden. Eine Vorstellung über das Anwachsen dieses Sektors vermitteln die Relationen zwischen Soldaten und PMC-Mitarbeitern auf den Schlachtfeldern des vergangenen Jahrzehnts. Beim ersten Krieg gegen den Irak soll noch eine von hundert auf dem Schlachtfeld anwesenden Personen ein Angehöriger eines PMC gewesen sein, in Afghanistan eine von 50 und im aktuellen Irakkrieg soll es bereits einer von fünf oder sechs sein.

Diese Entwicklung wurde durch verschiedene Faktoren begünstigt. Der Zusammenbruch des Ostblocks und das Ende des Ost-West-Konflikts hinterließen eine unipolare Welt mit einer einzigen militärischen Supermacht und Millionen von hoch ausgebildeten, arbeitslosen Militärspezialisten. Im Zuge der „Globalisierung“ und des entfesselten Runs auf Märkte und Ressourcen nahm die Zahl der militärischen Konflikte und Akteure weltweit zu, von denen kaum einer den klassischen Kriegen zwischen zwei Staaten entspricht. Zugleich wuchs in den ungeschützten Trümmerfeldern gescheiterter Entwicklungsstrategien von Ost und West der Bedarf transnationaler Unternehmen nach privatem militärischen Schutz ihrer Anlagen und Geschäfte. Und auch die militärischen Sicherheitskonzepte der meisten Industriestaaten sowie der Nato wurden umgeschrieben und waren nicht mehr nur auf Landesverteidigung ausgerichtet, sondern auf eine weltweite schnelle Intervention und den globalen Schutz ihrer Interessen. Eine ideale Ausgangssituation für das Geschäft mit privaten Militärdienstleitungen.

Die Aktivitäten, die PMCs übernehmen, sind breit gefächert. Sie reichen vom Betreiben militärischer Ausbildungscamps, wie es etwas die US-Firma Cubic macht, über die Ausbildung von Soldaten im In- und Ausland zur Organisierung der Besprühung von vermeintlichen Koka- und Schlafmohnpflanzungen in Lateinamerika, der Wartung von Kriegsgerät bis hin zum Bau und dem Management des US-Militärgefängnisses in Guantanamo. Grob lassen sich die Militärischen Dienstleister in drei Gruppen bzw. Tätigkeitsfelder einteilen1:

  1. Ausbildung und Consulting,
  2. Dienstleistungen im Bereich Technik und Logistik
  3. Kampfeinsätze

Allerdings sei darauf hingewiesen, dass zahlreiche Tätigkeiten ineinander übergehen und nicht klar voneinander zu trennen sind. Die Trennung ist häufig dem Umstand geschuldet, unter rechtlich bedenklichen Umständen zu agieren. So sind Kampfhandlungen für PMCs, die in Kolumbien im Namen des Pentagon oder der DEA agieren, untersagt. Aber Firmen wie Air Scan leisten beispielsweise eine logistische Dienstleistung für die kolumbianische Armee und die Erdölunternehmen Occidental Oil und Ecopetrol. Air Scan übernimmt die Auswertung der Überwachungsflüge und Radaranlagen und gibt Informationen zu Einsätzen an Piloten der kolumbianischen Armee weiter. Diese führt auf der Grundlage dieser Informationen dann Bombardements aus. Formal handelt es sich um eine Dienstleistung im Bereich Technik.

Die drei Sektoren unterscheiden sich in der Regel auch in ihrer Entfernung zur Front. Im Irak allerdings, wo nahezu das gesamte Land zur Front wurde, ist die klare Unterscheidung in diese drei Kategorien schwierig geworden.

Ausbildung und Consulting

Bezüglich der Ausbildung und des Consulting handelt es sich letztlich um einen privat organisierten Transfer staatlich generierten militärischen Know-hows. Teilweise eben in Situationen in denen Armeen nicht offen agieren können oder in denen eine direkte Militärpräsenz nicht gerne gesehen ist. So etwa als MPRI in Kroatien die Beratung der kroatischen Truppen in ihrer Militäroffensive zur Vertreibung von 200.000 Serben aus der Krajna und anschließend die Ausbildung der kroatischen Armee übernahm. Im Irak etwa übernimmt Dyncord die Ausbildung der neu geschaffenen Armee und Polizei. Der Vorteil für die US-Regierung liegt hier auch in der Ausweitung der eigenen Militärstandards und Normen, was eine Kooperation erleichtert.

Dienstleistungen im Bereich Technik und Logistik

Diese Dienstleistungen sind breit gefächert und reichen von der Zubereitung der Mahlzeiten für Soldaten bis zur Handhabe hochkomplizierter Waffensysteme. So versorgt Kellogg, Brown & Root (KBR), Tochterunternehmen von Halliburton, dessen ehemaliges Vorstandmitglied Dick Cheney heute Vizepräsident der USA ist, das US-Militär im Irak u.a. mit Lebensmitteln, Wasser und Treibstoff und übernimmt Waffentransporte. Darüber hinaus erhielt KBR weitere Großaufträge für Wiederaufbaumaßnahmen, den Bau von Kriegsgefangenenlagern und logistische Dienstleistungen für die US Army. Mutterkonzern Halliburton gehört im Irak mit Milliardenaufträgen zu den Großverdienern.

Dienstleistungen für die US Army im Irak bietet aber auch die Express- und Logistiktochter der Deutschen Post DHL. Das Unternehmen führt täglich vierzehn Flüge, mit jeweils 250 - 300 Tonnen Ladekapazität, in den Irak durch. Die Anzahl der DHL-Mitarbeiter im Irak stieg rapide von sieben auf 138 an. Zunächst bestand die zentrale Aufgabe von DHL in der Auslieferung der Post für die US-Soldaten, mittlerweile transportiert das Unternehmen verschiedenste Güter, die vom US-Militär und von unter Vertrag stehenden Unternehmen gebraucht werden. Da verwundert es nicht, dass Paul Gillett, DHL-Country Manager im Irak, Südafrikaner und Ex-Militär ist. Doch nicht nur er, die meisten der 18 „ausländischen Experten“ im irakischen DHL-Team haben einen militärischen Hintergrund. Zusätzlich wurde eine Gruppe ehemaliger britischer Soldaten engagiert, die von einem „Sicherheitsmanager“ koordiniert auf das Geschäft der Posttochter aufpassen.

Auch im Hochtechnologiebereich ist die Beschäftigung von Fachpersonal privater Unternehmen von zentraler Bedeutung. Immer mehr Hersteller von Kriegsgerät liefern die Experten zur Bedienung und Wartung desselben gleich mit. Somit können auch komplizierte Waffensysteme sofort zum Einsatz kommen, ohne dass zunächst noch Soldaten dafür ausgebildet werden müssen.

Angesichts der rapiden Weiterentwicklung von Militärtechnologie stehen die zivilen Angestellten der Entwickler von Krieggeräten eindeutig im Vorteil gegenüber Militärs bezüglich ihres Fachwissens. So wurden die im Irak eingesetzten Predator-Drohnen von Zivilpersonal bedient. Ebenso liefern Unternehmen wie Lockheed Martin oder Northrop Grumman für den Betrieb ihrer Waffensysteme notwendiges Personal, Mechaniker und Techniker, gleich mit. Und aus Lateinamerika ist beispielsweise erkannt, dass sämtliche auf dem Kontinent von der USA betriebenen Radarstationen von PMCs betrieben werden.

Kampfeinsätze

Der Einsatz von PMCs in Kampfsituationen hat im Irak im Vergleich zu vorherigen Konflikten und Kriegen stark zugenommen. Die vermeintliche Nicht-Beteiligung von PMCs an Kampfhandlungen bzw. am unmittelbaren Krieggeschehen ist immer verschwommener. Etwa wenn PMCs formal als „Sicherheitsunternehmen“ für „Sicherheitsaufgaben“ engagiert werden, die Sicherheitsaufgaben aber darin bestehen, in einer Kriegssituation militärische Ziele und sogar Militärs vor Feindangriffen militärisch zu schützen.

Bis zum Irakkrieg gehörten direkte Kampfeinsätze eher zur Ausnahme. Eine vermittelte Beteiligung kam, wie bereits beschrieben, zwar vor, war aber meist an Aufgaben in den Bereichen Logistik bzw. Consulting gekoppelt. Oder aber es handelte sich um verdeckte militärische Kampfhandlungen, die Bestandteil der Verträge für Sicherheitsdienstleistungen mit Rohstoffkonzernen waren (siehe etwa Kolumbien, Kongo, Angola u.a.). Im Irak übernehmen PMCs hingegen auch vermehrt direkte Kampfaufträge.

Auch viele Militärgefängnisse werden von Privatfirmen betrieben und sogar Verhörspezialisten und Dolmetscher werden über PMCs angestellt. Sollte es jemand wundern, warum bezüglich der Foltervorfälle im Abu-Ghraib-Gefängnis im Irak nur zehn Soldaten angeklagt wurden, so ist die Erklärung einfach. Ein Großteil der Verhöre und auch der Gefängnissicherheit oblag Mitarbeitern der privaten Militärunternehmen Caci und Titan. Gegen diese geht die US-Regierung juristisch nicht vor. Einige Anwälte und Menschenrechtsorganisationen in den USA versuchen, im Namen irakischer Kläger und mit irakischen Zeugen gegen Mitarbeiter der beiden Firmen zu klagen.

Die umfassende Tätigkeit der privaten Militärdienstleistungsunternehmen im Irak zeigt, dass die Privatisierung des Krieges längst weit in den Bereich der militärischen Kampfhandlungen vorgedrungen ist. Die „neuen Söldner“ verrichten bereits heute einen Großteil der Kriegsführung. Für diese Tätigkeiten werden weiterhin Soldaten benötigt, die sich im Geschäft des Krieges auskennen. Der Kurswert ehemaliger Angehöriger von Militärdiktaturen wird demnach weiter steigen. Dass jedoch gerade mit ihrer Hilfe der Aufbau von Demokratie gelingen kann, glaubt man wahrscheinlich nur noch im Pentagon.

Privatisierung aus Gründen der Kostenersparnis?

Die Privatisierung militärischer Dienstleistungen folgt – gemäß des offiziellen Diskurses – der Kostenrationalisierung. Laut neoliberaler Parameter soll der Markt Leistungen grundsätzlich zu besseren Preisen anbieten können als der Staat. Ob im Outsourcing von Militäraufgaben tatsächlich der viel beschworene ökonomische Vorteil liegt, ist allerdings ausgesprochen fraglich. Die zum Einsatz kommenden Waffen werden entweder vom Auftraggeber angeboten oder demselben in Rechnung gestellt. Die Auswahl der Rekruten und Ausbildung der Militärs bleiben Aufgabe der nationalen Armeen und werden nicht von PMCs übernommen. So kostet zum Beispiel die 18-monatige Ausbildung eines US-amerikanischen Green Beret rund 250.000 US-Dollar. Wenn dieser Soldat anschließend zu einer PMC wechselt, ist mindestens das Dreifache des vorherigen Lohnes fällig – und angesichts der guten Bezahlung wechseln immer mehr Profis zu den Privaten.

Zugleich werden die vermeintlichen finanziellen Einsparungen auch durch andere Geschehnisse in Zweifel gestellt. PMCs sind als Unternehmen darauf ausgerichtet, den größtmöglichen Profit bei geringstem Einsatz zu erwirtschaften. Damit gerät die Frage des Ausmaßes an „gelieferter“ Sicherheit zwangsläufig zu einer Kosten-Nutzen-Rechnung und wird damit von einem Allgemeingut zu einer Frage der Finanzstärke. Sicherheit ist nicht mehr für jeden, sondern wird durch Angebot und Nachfrage bestimmt. So hat die Halliburton-Tochterfirma Kellogg, Brown & Root (KBR) schon im Zuge der Balkaneinsätze nicht ausreichende Leistungen geboten haben. KBR hatte im Balkankrieg sieben Verträge mit der US Army abgeschlossen, bei vier von ihnen sollen die in Rechnung gestellten Summen zu hoch gewesen sein. Die restlichen drei Verträge wurden schließlich anderen Firmen übertragen bzw. von der US Army selbst ausgeführt. Das ist kein Einzelfall. Im Irak berechnete Halliburton beispielsweise über einen Vertrag mit der KBR der US Army mehrfach zu 40 Prozent überhöhte Benzinkosten. Obwohl die Army feststellte, dass Halliburton im Irak für die nicht ausgeschriebenen Verträge mindestens 250 Millionen Dollar zuviel verlangt hat, erhielt das Unternehmen vor kurzem bis auf 10 Millionen Dollar die gesamte gefordert Summe in Höhe von 2,4 Milliarden Dollar – mit der Begründung, dass eben nicht alles perfekt laufen müsse, um das Geld zu erhalten.

Anstatt der Kostenersparnis dient das Outsourcing im Kontext der neuen Militärdoktrin primär dazu, mehrere Kriege gleichzeitig führen zu können und Militäreingriffe der öffentlichen Kontrolle zu entziehen.

Kontrolle der Aktivitäten von PMCs

Wenn die demokratische und parlamentarische Kontrolle transnationaler und internationaler Aktivitäten in anderen Sektoren unter den von der Globalisierung vorgegebenen Bedingungen bereits extrem erschwert wurden, trifft dies auf den Geschäftszweig der PMCs in verstärktem Maße zu. Nationale Kontrollmechanismen verschwinden, bzw. entwickeln sich nicht im gleichen Maße, wie Internationalisierung und Privatisierung, während keine internationalen Kontrollmechanismen entstehen.

Regierungen und damit auch das Militär sind dem Parlament gegenüber Rechenschaftspflichtig, Privatfirmen nicht. Sie sind es nur gegenüber ihrem Auftraggeber. So lassen sich durch die Nutzung von PMCs auch versteckte Auslandseinsätze durchführen. Da nur Aufträge mit einem Volumen von mehr als 50 Millionen Dollar dem US-Senat vorgelegt werden müssen, überschreiten Aufträge an PMCs so gut wie nie diese Summe, so können sie jeder demokratischen Kontrolle entzogen werden. Das Pentagon verfügt mit dem Einsatz von PMCs in zahlreichen Regionen (wie etwa Kolumbien) auch über eine direkte Kontrolle und einen direkten Zugriff auf das Kampfgebiet, während es gleichzeitig Fragen oder Kritik zurückweist, da es sich um Privatunternehmen handelt. Die Unternehmen selbst wiederum unterliegen einer Schweigepflicht.

Die Beteiligung von Zivilisten an Kampfhandlungen und ihr Status, bringt u.a. weitreichende kriegsvölkerrechtliche Probleme mit sich. Es wird ein Rahmen weitgehender Straflosigkeit organisiert. Können Militärs für ihre Handlungen vor die Militärjustiz gestellt werden, so ist das im Fall der PMC-Mitarbeiter nicht möglich. Sie können nur vor der Ziviljustiz angeklagt werden, die ist aber in den meisten Einsatzgebieten entweder nicht existent bzw. funktionsfähig oder nicht an einer Verurteilung interessiert. Zusätzlich koppeln die meisten PMCs ihre Einsätze an einen Vertrag mit den Institutionen des Landes in dem der Einsatz vorgenommen wird, der ihnen Immunität zusichert. Das bedeutet das schwere Verbrechen ungestraft bleiben. So etwa als die US-amerikanische PMC Air Scan 1998 im Rahmen der Bodenüberwachung aus der Luft einer bedeutenden Erdölpipeline in Kolumbien die Bombardierung des Dorfes Santo Domingo mit 18 zivilen Toten zu verantworten hatte oder als Angestellte der Northrop Grumman Tochter Aviation Development, die die US-Radaranlagen in Peru betreiben, 2001 ein ziviles Kleinflugzeug einer US-amerikanischen Missionarin zum Abschuss frei gaben.

Gegenüber der Öffentlichkeit bietet der Einsatz von PMCs große Vorteile. Regierungen müssen sich bei unangenehmen oder illegalen Verwicklungen oder dann, wenn es zu Toten oder Verletzten bei den Einsätzen kommt, nicht verantworten, da es sich ja nicht um Angehörige der Streitkräfte handelt. So werden im Irak auch die Statistiken gefallener Militärs niedriger gehalten. Die schätzungsweise mindestens 500 bis 1000 gefallenen Angehörigen von PMCs tauchen weder in Militär- noch in anderen Statistiken auf. Viele der in Medien und US-Erklärungen als „Zivilisten“ benannten Opfer von Anschlägen, Angriffen und Entführungen, sind nur formal Zivilisten. In Wahrheit handelt es sich um Angehörige verschiedenster militärischer Dienstleister.

Es entwickeln sich zugleich auch zweifelhafte Kooperationen zwischen Nationalstaaten und transnationalen Konzernen auf militärischem Bereich in der gemeinsamen Nutzung und Finanzierung von PMCs in Einsatzgebieten (siehe etwa Kolumbien, Angola, Irak u.a.). Der schnelle Zugriff auf Militärexperten jeder Art macht es auch möglich, wirtschaftliche Macht noch schneller als bisher in militärische Macht und ökonomische Vorherrschaft zu verwandeln.

Die Beispiele Afghanistan und Irak zeigen allerdings deutlich, dass die Vorstellung des vollends automatisierten Krieges, der totalen militär-technologischen Übermacht und dadurch eines schnellen „sauberen“ Sieges ohne Verluste auf der eigenen Seite ein Traum bleibt. Selbst der Einsatz der modernsten Kriegsmaschinerie der USA und einer Vielzahl von hochspezialisierten PMCs vermochte die Situation weder zu befrieden, geschweige denn zu kontrollieren.

Und eine Grundproblematik besteht ohnehin beim Einsatz von PMCs: Welches Interesse können PMCs überhaupt an einer stabilen, friedlichen Situation haben, wenn diese für sie gleichbedeutend ist mit einem Auftrags- und Einnahmerückgang?