Wichtiger Schritt für Organtransplantation

Im Labor gezüchtete Blasen wurden erfolgreich verpflanzt

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Erstmals haben Wissenschaftler am Institute for Regenerative Medicine der Wake Forest University School of Medicine insgesamt sieben Kindern und Jugendlichen vor durchschnittlich vier Jahren Blasen transplantiert, die künstlich aus ihren Zellen im Labor gezüchtet wurden. Nun berichten die Wissenschaftler in einem Beitrag für die Zeitschrift The Lancet, dass die implantierten Blasen keine Komplikationen verursacht haben und weiterhin funktionstüchtig sind. Die Wissenschaftler planen, ähnliches mit 20 weiteren Organen und Geweben zu versuchen.

Der Erfolg ist ein wichtiger Schritt in der Medizin und könnte sowohl das Problem von Organspenden, als auch die umstrittene Verwendung von embryonalen Stammzellen lösen. Die Ersatzorgane, die hergestellt werden, indem auf einer biologisch abbaubaren Form Blasenzellen des Patienten in einer Nährlösung wachsen, haben den großen Vorteil, dass sie keine Abstoßungsreaktionen des Immunsystems hervorrufen, wie das bei Organtransplantationen und auch bei Xenotransplantationen der Fall ist.

Mit der zumindest bislang erfolgreichen Verpflanzung eröffnet sich die Möglichkeit, viele Organe und Gewebe ersetzen zu können und dadurch das Leben zahlreicher Menschen verlängern zu können, die heute beispielsweise auf Ersatzorgane oft zu lange und vergeblich warten müssen.

Die an dem Versuch beteiligten Patienten im Alter zwischen 4 und 19 Jahren litten alle an spina bifida, einer schweren Fehlbildung, bei der das Rückenmark oberhalb der Wirbelsäule sich ungeschützt vorwölbt. Bei den dadurch entstehenden Komplikationen des Nervensystems können durch die Schwierigkeiten der Blasenentleerung auch die Nieren lebensgefährlich betroffen werden. Für die künstliche Blase wurden den Patienten Zellen aus ihrer Blase durch Biopsie entnommen. Dabei handelt es sich vorwiegend um drei verschiedene Zelltypen, aus denen der „Blasensack“ hergestellt wird: außen befinden sich Muskelzellen, innen das Urothelium und dazwischen Bindegewebe. Die Muskelzellen und die Zellen des Urotheliums wurden zunächst getrennt in Nährlösungen gezüchtet und nach einer Woche auf einem biologisch abbaubaren und für die einzelnen Patienten zugeschnittenen „Gerüst“ aus Polymeren und Bindegewebe angesiedelt. Nach sieben Wochen in einem Inkubator hatten die Zellen das Gerüst bewachsen, dann wurden die künstlichen Blasen eingepflanzt, wuchsen dort weiter und nahmen ihre endgültige Form an. Wegen ihrer Erkrankung des Nervensystems müssen bei den Patienten zwar auch die neuen Blasen mit einem Katheter mehrmals täglich entleert werden, aber offenbar sind sie elastischer und können den Urin besser halten.

Da es sich allerdings um junge Menschen handelt, ist ungewiss, ob Blasenzellen, die älteren Patienten entnommen werden, noch ebenso gut außerhalb des Körpers zu züchten sind. Und die Frage ist auch, ob es beispielsweise sinnvoll ist, Zellen aus einem Organ zu entnehmen, das schon von Krebs befallen ist. Ungelöst ist auch, wie man es schaffen kann, Nerven in neuen Organen wachsen zu lassen. Blasen sind noch relativ einfache Organe. Anthony Atala, der Leiter des Teams, sieht die erfolgreiche Transplantation dennoch als wichtigen Schritt, der beweist, dass die regenerative Medizin große Aussichten hat. Gezüchtet wurden im Labor u.a. auch Haut-, Knochen-, Leber- oder Herzgewebe